3000 Spiele! Alle deutschen Länderspiele in einem BuchAutoren erfassen erstmals alle Partien – auch die der DDR

Im Fußball vielleicht – im Eishockey allerdings kann das ganz schnell kniffelig werden. Stephan Müller, der schon zahlreiche Eishockey-Statistikbücher herausgebracht hat, hat sich zusammen mit Helmut Laaß diesem „Rätsel“ gestellt und zum allerersten Mal ein Buch herausgebracht, dass alle deutschen Eishockey-Länderspiele der Männer und Frauen einschließlich der DDR auflistet. Mit allen eingesetzten Spielern, Torschützen, Spielorten und vieles mehr. Ein unglaubliches Zahlenwerk!
„Es müssten um die 3000 Länderspiele sein, die wir erfasst haben“, berichtet der Autor. Selbst jetzt, da das Buch bei „Book on Demand“ erschienen ist, ist das nur eine grobe Schätzung. Müller und Laaß haben in den diversen Kategorien zwar laufende Nummern vergeben, manche Partien haben aber auch gar keine Nummern bekommen. „Es gibt beispielsweise Turniere, bei denen die Nationalmannschaft gegen Clubmannschaften gespielt hat“, erklärt Müller. Und für ein Länderspiel müssen nun einmal Nationalmannschaften gegeneinander antreten. Manchmal kann es aber auch das „Alter Ego“ sein. Beim pandemiebedingt verkürzten Deutschland-Cup 2020 trat die A-Nationalmannschaft am 5. November 2020 gegen das eigene „Top-Team Peking“ an, also eine erweiterte Nachwuchsauswahl des DEB. Dennoch wertet der Deutsche Eishockey-Bund dieses „deutsch-deutsche Duell“ in seiner Statistik für alle Beteiligten als Länderspiel. Es trägt übrigens die fortlaufende Nummer 1416.
„Lange Zeit hat der DEB seine Länderspielliste erst mit dem Jahr 1927 begonnen“, berichtet Stephan Müller. Das hat einen guten Grund: Damals wurde Deutschland nach dem 1. Weltkrieg wieder in den internationalen Eishockey-Verband, heute IIHF, damals LIHG, aufgenommen. „Doch Horst Eckert hatte sich seinerzeit dafür eingesetzt, dass auch die Länderspiele vor 1927 Eingang in die offiziellen Listen erhalten.“ Auch das zurecht, denn schließlich gab es schon in den frühesten Jahren Europameisterschaften und Frühformen von Weltmeisterschaften.
„Damals gab es das Konzept einer Nationalmannschaft, wie wir es heute kennen, noch nicht“, erläutert der Buchautor. Stattdessen hat der Berliner Schlittschuh-Club als bester deutscher Verein Deutschland „vertreten“ – daher kommt übrigens dieser Begriff. „Ab und zu waren noch einige wenige Spieler anderer Vereine dabei“, so Müller. Etwas, das Kanada übrigens noch weit bis in die „Neuzeit“ so praktiziert hat.
Hier wird aber schnell klar, dass die Grenzen zwischen Länderspielen und Clubspielen des BSC verschwimmen können. Turnierspiele sind Länderspiele – das ist klar. Aber was ist mit Freundschaftsspielen? „Wir haben das Ganze noch einmal ganz neu bewertet, sodass wir Listen haben, die sich ein wenig von denen des DEB unterscheiden“, sagt Müller. „Aber nicht in besserwisserischer Form, sondern weil wir unsere eigene Einschätzung vorlegen wollten.“
Worauf Müller und Laaß weitgehend verzichtet haben, sind Auftritte der Nationalmannschaft gegen Allstar-Teams. Erst recht Abschieds-Juxspiele und ähnliches. Vor 1927 kommen zwischen 1910 und 1914 genau 25 gezählte Spiele zusammen, 1927 beginnt die Zählung erneut bei 1 und steht aktuell beim letzten zurückliegenden WM-Spiel bei exakt 1500 (!). Dazu kommen 648 offizielle Länderspiele der DDR, 622 Frauen-Länderspiele und 130 B-Länderspiele. Nur die offiziell gezählten Partien summieren sich damit auf 2925.
„Gerade bei der DDR ist das Ganze schwierig“, erklärt Müller. Denn als 1970 die DDR-Oberliga auf Staatsbeschluss auf zwei Vereine – Dynamo Berlin und Dynamo Weißwasser – verkleinert wurde, „hat der DDR-Verband zahlreiche Spiele für die Nationalmannschaft organisiert“, so Müller. Darunter auch viele inoffizielle Spiele gegen Clubmannschaften oder auch „echte“ Länderspiele, die aber inoffiziell blieben. Von einigen davon hat schon einmal Friedhelm Bögelsack bei Hockeyweb berichtet, als er von der Nordkorea-Reise 1987 erzählte, deren Ergebnisse nirgends (!) dokumentiert sind. „Bei der DDR haben wir uns daher auf die tatsächlich offiziellen Länderspiele beschränkt.“
Alles in allem ist dieses 554 Seiten starke Buch eine echte Fundgrube. „Da, wo es ging, haben wir Spielberichtsbögen ausgewertet, haben zu jedem Spiel mindestens einen Pressebericht aufgetrieben.“ Müller und Laaß saßen in Archiven, wälzten Magazine, Verbandsniederschriften und Zeitungen. „Die Sammlung haben wir vor vielen Jahren begonnen, die reine Arbeit am Buch kann man mit vier Jahren veranschlagen, davon ein ganzes Jahr nur zum Korrekturlesen.“
Wenn das Buch ankommt, soll es Aktualisierungen geben. Außerdem ist das Buch auch als E-Book verfügbar. „Das Buch kann in jeder Buchhandlung bestellt werden“, erklärt Müller. Es geht aber auch direkt auf der Homepage www.sport-record.de.
Helmut Laaß und Stephan Müller
Die deutschen Eishockey-Länderspiele der Männer und Frauen (einschl. DDR)
ISBN: 978-3-7597-5216-1
Preis: 29,90 Euro
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