Hannover Scorpions bringen Indians-Festung zu Fall3:2-Erfolg nach regulärer Spielzeit

Eine einmalige Chance für die Scorpions, die am Sonntag frei haben und sich voll auf diese Begegnung konzentrieren können. Die Indians dagegen müssen am besten am Freitag in Erfurt und dann am Sonntag gegen Essen gewinnen, wollen sie weiter im Rennen um die Nordmeisterschaft bleiben.
Er strahlte über beide Backen, gab freiwillig Interviews und saß glücklich bei der Pressekonferenz an der Seite des Moderators. Scorpions-Trainer Dieter „Dietz“ Reiß hatte endlich einmal am Pferdeturm gewonnen und das sagte er dann auch ganz unverblümt, allerdings mit moderaten Worten: „Wir haben lange darauf hingearbeitet, um am Pferdeturm mal erfolgreich zu sein. Das 3:2 hing allerdings am seidenen Faden und wir haben neben unseren Können auch eine Menge Glück für den Erfolg benötigt.“ Wahre Worte, und auch wenn sie absolut ehrlich gemeint waren, sein Gegenüber, Indians-Coach Lenny Soccio sah mehr gequält in die Runde. Sein Statement ließ nichts guten erwarten, vor allem nicht für seine Spieler: „Wir waren im ersten Drittel praktisch nicht vorhanden, haben nicht in das Spiel gefunden und kaum hatten wir uns eingelebt hieß es schon 0:2. Im zweiten Drittel waren wir hochüberlegen, trafen jedoch nicht und dann hat uns ein individueller Fehler im dritten Drittel die Punkte gekostet. Wir werden darüber in der Woche mit den Spielern ausgiebig reden müssen.“ Und wahrscheinlich auch trainieren, denn laut den Worten von Soccio waren wohl etliche Absprachen von den eigenen Spielern nicht übernommen worden.
Diese Einschätzung des Spielers war dann auch bemerkenswert, denn sie stimmte fast zu hundert Prozent. Die Scorpions wollten wohl nicht den Fehler machen und sich defensiv einigeln. Also griffen sie an, setzten die verdutzten Indians schwer unter Druck und trafen innerhalb der ersten zehn Minuten gleich zweimal. Das war für die 4000 Indians-Fans, der Rest hatte den Weg mit der S-Bahn aus Mellendorf gefunden, ein bitteres Zusehen, denn beide Tore waren das Produkt eines blinden Zusammenspieles und beide hatten das gleiche Grundschema. Beim 1:0 der Gäste gab Patrick Schmid den ersten Pass nach rechts, dann hebelte Fischer mit einem Diagonalpass die gesamte Indians-Abwehr aus und Björn Bombis traf aus nähester Entfernung ins leere Tor. Vier Minuten später der gleiche Ablauf. Diesmal schickte Wilkens Bombis, dieser passte nach links auf Patrick Schmid und auch der hatte zwischen sich und dem gegnerischen Netz niemanden mehr. Ergo stand es 2:0.
Die Indians-Fans, die immer noch von dem 6:5 gegen Tilburg nach einem 0:3-Rückstand schwärmen, erinnerten sich wohl an dieses Match, waren aber angesichts der Überlegenheit der Gäste erst einmal perplex. Zugegeben, auch Bacek und Pohanka hatten zwei gute Möglichkeiten aber das es am Ende des ersten Drittels nur 1:2 aus Sicht der Indians stand, hatten diese mehr dem Glück als der eigenen Leistung zu verdanken und das Robby Hein drei Minuten vor Schluss, mutterseelenallein, Scorpions-Keeper Mathis nervenstark überwinden konnte war schon fast zu viel des Guten.
In dieser ersten Pause müssen die Wände der Indians-Kabine gewackelt haben, denn bereits in den ersten Minuten zeigten sich die Gastgeber so wie es alle erwartet hatten. Mit viel Druck zogen sie vor das Tor der Scorpions und auch bei personellem Gleichstand, im zweiten Drittel gab es im Übrigen keine einzige Strafzeit, spielten sie Powerplay. Dazu Scorpions-Trainer Reiß: „Was Mathis heute wieder gehalten hat war phänomenal. Ohne ihn hätten wir verloren und wir sind froh, ihn im Sommer bekommen zu haben.“ Auch wenn das offizielle Drittelschussverhältnis nur 12:7 für die Indians lautete, real waren es wohl 30:10 Schüsse, denn die geblockten werden in dieser Statistik ja nicht mitgezählt. Nach vierzig Minuten hieß es jedenfalls immer noch 2:1 für die Scorpions.
Diese hatten kaum das Eis für die letzten zwanzig Minuten betreten, da hieß es 2:2. Nicolas Turnwald hatte einen seinen berühmten Blueliner abgezogen, Andreas Morczinietz seine Kelle routiniert in die Flugbahn gehalten und Mathis war bezwungen. Das Stadion kochte, die Frage für die meisten war nur: Wann fällt das 3:2? Es fiel schon recht bald, nämlich 161 Sekunden später aber auf der falschen Seite. Die Indians, die nach dem Ausgleich blitzartig eine gedankliche Auszeit nach der Aufholjagd nahmen, übersahen am eigenen langen Pfosten Sean Fischer und der traf zum 3:2 für die Gäste. Während die Scorpions-Fans auf der Südtribüne jubelten, waren die Gastgeber konsterniert. Zwar blieben die Indians bis zum Ende präsent, setzten die Gäste schwer unter Druck aber diese konnten sich immer häufiger befreien und fuhren schließlich einen Sieg ein, der, wie bereits am Anfang Dieter Reiß gesagt hatte, zwar glücklich aber auch verdient war.
Jetzt führen die Indians ein langes Mittelfeld mit ihren 31 Punkten an, da schließlich beim Tabellenzehnten aus Duisburg (23 Punkte) endet. Neun Punkte Rückstand haben die Indians zum regionalen Nachbarn und im optimalsten Fall gewinnen die Tilburger am kommenden Wochenende ihr Heimspiel gegen die Scorpions nach Verlängerung und die Indians siegen in Erfurt und zuhause gegen Essen, dann betrüge der Rückstand „nur“ noch fünf Punkte. Allerdings müssen in den kompletten 120 Minuten eine Leistung geboten werden wie in den vierzig Minuten nach dem ersten Drittel.
Tore: 0:1 (3:33) Bombis (Fischer, Schmid), 0:2 (07:33) Schmid (Bombis, Wilkens/5-4), 1:2 (17:12) Hein (Valasek, Peleikis), 2:2 (41:20) Morczinietz (Turnwald, Pohanka/5-4), 2:3 (44:01) Fischer (Niddery, Garten). Strafen: Hannover Indians 4, Hannover Scorpions 8. Zuschauer: 4608 (ausverkauft).
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