Faszination Olympia: Die Engländer aus Kanada

1936
Faszination
Olympia
- Eine Hockeyweb-Serie von Horst Eckert
Die Engländer aus Kanada
Olympia-Sensation in
Garmisch-Partenkirchen
Die Olympischen Winterspiele 1936 fanden in
Garmisch-Partenkirchen statt und bekamen die bis dahin beste Organisation aller
Zeiten bestätigt. Das Eishockeyturnier mit Teams aus 15 Nationen wurde in der
neuen Olympiahalle und auf dem Riessersee ausgetragen. Das damals weltweit
diskutierte „Judenproblem der Deutschen“ im Dritten Reich wurde durch den
Einsatz sogenannter „Vorzeigejuden“ im deutschen Olympiateam nach Außen gelöst.
Einer davon war der Eishockeyspieler Rudi Ball vom Berliner Schlittschuhclub.
Gustav Jaenecke, der Superstar im deutschen Team meinte nach dem Krieg, dass
Rudi Ball auch als „Nicht-Jude“
im Team gewesen wäre, weil er ein großartiger Außenstürmer war. Im
Mittelpunkt des Eishockeyturniers aber standen die Engländer, die gelinde
gesagt kräftig geschummelt haben, als sie ihr Team aufstellten. Großbritanniens
Eishockeychef, der spätere IIHF-Weltpräsident John Francis „Bunny“ Ahearne
hatte den Kanadiern als Mitgliedsland im britischen Empire, englische Pässe
besorgt und nach Garmisch-Partenkirchen geschickt. Dort spielten sie
hervorragend und bezwangen die echten Kanadier 2:1. Dieses Resultat nahmen sie
mit in die nächsten Runden, wo sie nur noch einen Punkt gegen Deutschland
verloren und so sensationell die Goldmedaille gewannen. Das Spiel gegen
Deutschland dauerte drei Stunden und endete nach dreimaliger Verlängerung 1:1.
Kanada, vertreten durch den Amateurklub „Port Arthur Bear Cats“, musste mit
Silber zufrieden sein, Bronze ging an
das USA-Team. Deutschland schied in der Zwischenrunde aus, bekam als
Trostpflaster die Bronzemedaille der gleichzeitig gewerteten
Europameisterschaft.
Überragender Mann im deutschen Team war Gustav Jaenecke,
der als Verteidiger mit drei Treffern bester deutscher Torschütze war. Chef an
der Bande war damals „Reichstrainer“ Bobby
Bell, ein Kanadier. Er war vorher schon Spielertrainer bei der Düsseldorfer
EG und wurde im Krieg – irrtümlich, wie man behauptete – in Belgien als
deutscher Spion zum Tode verurteilt und hingerichtet. Unter den Schiedsrichtern
war auch der amtierende LIHG (heute IIHF)-Präsident Paul Loicq aus Belgien. Er
musste beim Spiel Schweden gegen Österreich (1:0) auf dem Riessersee, eine
gewaltige Schlägerei schlichten, die einige Wiener Spieler angezettelt hatten.
Eishockey hat durch dieses Turnier in Deutschland viel Aufschwung erhalten, da
die Medien täglich über die harten Jungs und das Spiel mit dem Puck
berichteten.
Der Endstand Olympia und WM: 1.
Großbritannien, 2. Kanada, 3. USA, 4. Tscheslowakei, 5. Deutschland + Schweden,
7. Ungarn + Österreich, 9. Polen + Italien + Frankreich + Japan, 13. Lettland +
Schweiz + Belgien.
Medaillen
Europameisterschaft: 1. Großbritannien, 2. Tschechoslowakei, 3. Schweden +
Deutschland.
Team Deutschland (in
Klammer die erzielten Tore): Torhüter: Wilhelm Egginger, SC Riessesee,
Theo Kaufmann , Berliner Schlittschuhclub; Verteidiger: Albrecht von
Bethmann-Hollweg, SC Riessersee (1), Gustav Jaenecke, Berliner Schlittschuhclub
(3); Stürmer: Rudi Ball (2), Werner George, Paul Trautmann (1) alle
Berliner Schlittschuhclub, Philipp Schenk, Dr. Georg Strobl (1), beide SC
Riessersee, Karl Kögel, Alois Kuhn, Anton Wiedemann (1) alle EV Füssen,
Herbert Schibukat (Rastenburg); Reichstrainer: Rudi Ball.