Hannover Indians knacken am Ende noch die 100-Punkte-MarkeErfolgreich in nur 117 Minuten

Am Ende hatten die Statistiker 43:24 Torschüsse für die Indians gezählt und das in Rekordgeschwindigkeit. Normalerweise werden für ein Eishockeyspiel knapp zweieinhalb Stunden Bruttospielzeit gerechnet, aber die Hannover Indians und ihre Gäste aus Leipzig brachten es fertig, ihre Begegnung in einer Stunde und 57 Minuten durchzuziehen.
Dazu bedarf es einer Mischung, die sich wie der Ritt auf der Rasierklinge darstellt. Zwei Mannschaften, die sich nichts schenken, damit der Kunde überzeugt ist und wiederkommt und gleichzeitig die Zweikämpfe aber derart fair ablaufen müssen, dass der Schiedsrichter kaum die Pfeife in den Mund nehmen muss und wenn dann der Leiter dieser Partie auch noch gut drauf ist und das Spiel laufen lässt, dann kann so ein Rekordwert schon einmal zustande kommen.
Überhaupt zeigte Schiedsrichter Ali Soguksu mit seinen Linesmen eine Leistung, wie man sie nicht alle Tage sieht. Der Chef ließ das Spiel gekonnt laufen und seine Mitarbeiter spielten sich nicht wie die Edelleute auf, sondern verrichteten ihren Job unaufgeregt und vor ohne Effekthascherei. So etwas sieht man auch in der Oberliga gerne und man möchte der Zunft fast zurufen: Bitte öfters!
Indians-Chefcoach Lenny Soccio musste nach dem Spiel breit grinsen, als ihm sein Gegenüber Sven Gerike meinem besonderen Lob ausstattete: „Wer in einer solchen schweren Saison 100 Punkte geschafft hat, der muss schon einiges richtig gemacht haben.“ Tatsächlich scheint die Umsetzung des Planes, der mit den Transfers für diese Saison im April 2018 begann, am Ende aufzugehen. Dazu Soccio: „In der letzten Saison hatten wir nicht die physische Power, um richtig erfolgreich zu sein. Die Serien-Niederlage gegen Rosenheim war in dieser Hinsicht sehr ärgerlich. Jetzt sind wir viel breiter aufgestellt und wir freuen uns auf die erste Play-off-Runde, egal ob der Gegner Memmingen oder Selb heißt.“
Für die Indians-Fans, immerhin kamen zum letzten Vorrundenheimspiel noch einmal über 2600, war die Partie zunächst zäh anzusehen. Ihre Mannschaft hatte fast zwei Wochen kein Spiel absolviert und war aus dem Rhythmus geraten, was man ihr ansah und die Leipziger wollten sich ihre Chance auf Platz sieben erhalten. Dazu Icefighters-Coach Sven Gerike: „Im letzten Spiel ohne ein paar Stammspieler beim Tabellendritten und dann noch Platz sieben vor Augen. Da war unsere einzige Chance, äußerst diszipliniert zu spielen, Strafen zu vermeiden und jeder musste sich an seine Aufgaben halten. Damit hatten wir sogar Erfolg und wenn die Strafen am Ende nicht gewesen wären, wer weiß wie die Partie ausgegangen wäre.“
Die Icefighters lieferten jedenfalls einen beherzten Kampf und Indians-Keeper Kevin Beech hatte keinen leichten Abend, sondern musste ein paar gute Reaktionen aus seinem Aktionskoffer holen, um einen Rückstand zu vermeiden. Am spektakulärsten die Parade in der 20. Minute, als er nach einem Schneider-Schuss seinen linken Schoner gerade noch rechtzeitig an den Puck brachte. Auf der anderen Seite konnte auch die Crimmitschauer Leihgabe Mark Arnsperger glänzen, wobei vor allem dessen erstklassiges Stellungsspiel auffiel. Zwischendurch gab es noch eine Schrecksekunde, als Hannovers Defensivass Nico Turnwald in die Kabine musste, aber Soccio konnte später Entwarnung geben: „Nico hat einen Schlittschuh ins Gesicht bekommen. Nicht weiter tragisch, aber morgen hat er jetzt einen Zahnarzttermin. Trotzdem werde ich mit ihm für die nächsten Spiele planen können.“
Das zweite Drittel hatte kaum begonnen, da führten die Gäste 1:0. Nach einem Abspielfehler hatte Patrick Raaf-Effertz freie Fahrt, dieser ließ sich aber nicht auf einen Zweikampf mit Indians-Keeper Beech ein, sondern passte zu Dimitri Komnik und dieser konnte aus nächster Entfernung die wichtige Führung erzielen. Vielleicht etwas glücklich, aber nicht unverdient. In der Folge mussten sich die Indians erst einmal etwas sortieren, und weil es keine Überzahlspiele gab, bis dahin hatte Schiri Soguksu null Strafminuten angezeigt, mussten sich die Indians etwas einfallen lassen. Den ersten Einfall hatte Armin Finkel. Der hochgewachsene Abwehrspieler, der sein 409. Spiel im Indians-Dress absolvierte, traf mit seinem ersten Saisontor in der 31. Minute zum verdienten Ausgleich. Wenige Sekunden die nächste Aufregung. Schiri Soguksu schickte Hannovers Peleikis für ein Allerweltsfoul vom Eis, aber die Leipziger Offensive, mit 21,4 Prozent im Powerplay eigentlich eine Bank, vergab diese große Chance, weil Raaf-Effertz und Tramm nicht genau genug zielten.
Im dritten Drittel war es dann ein echtes Spitzenspiel, wobei die sechs Tabellenplätze Differenz nicht auffielen. Leipzig spielte munter mit und hatte in der 48. Minute eine Riesenchance, als Seifert den Puck über den am Boden liegenden Beech schaufelte und dieser, wie von Zauberhand geführt, seinen linken Schoner noch irgendwie hoch genug bekam und den Puck abwehrte. Auf der anderen Seite konnte sich Arnsperger gegen Pfennings, Morczinietz und Pohanka ebenfalls gekonnt in Szene setzen und als man auf den Rängen langsam die Möglichkeit einer Verlängerung ins Auge sah, passierte es. Erst musste Eichelkraut vom Eis und dann, sechs Sekunden später, Berger. Letzterer erhielt eine Strafe wegen Crosschecks, für die sein Trainer wenig Verständnis zeigte: „Die erste Strafe war unglücklich, die zweite ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Genau 48 Sekunden brauchte die Indians-Powerplayformation, dann hieß es 2:1. Branislav Pohanka wuchtete die Scheibe, unhaltbar für Arnsperger, aus kurzer Distanz zum verdienten Sieg in die Maschen.
Tore: 0:1 (21:40) Komnik (Raaf-Effertz), 1:1 (30:35) Finkel (Norris, Bosas), 2:1 (54:09) Pohanka (Morczinietz, Norris/5-3). Strafen: Hannover 4, Leipzig 4. Zuschauer: 2643.