Pionierarbeit von Christian Müller im Iran trägt FrüchteEishockey-Team tritt bei den Asian Winter Games an
In Asiago ging es los: Die iranische Eishockey-Nationalmannschaft mit Trainer Christian Müller (hinten rechts) geht gut gelaunt in die Asian Winter Games, die im japanischen Sapporo stattfinden. (Foto: Roberta Strazzabosco)Eishockey? Im Iran? Das klingt erst einmal verrückt. Und tatsächlich gibt es aktuell keine einzige Eissporthalle im Iran, die eishockeytauglich wäre. „Auf der Insel Kisch gibt es eine kleine Eisfläche“, sagt Müller, der inzwischen ein Experte für den Iran geworden ist. „In Teheran gab es einmal eine Eissporthalle. Dort ist auch der Bau einer neuen Halle geplant. Aber das wird noch dauern“, berichtet Müller. Von seiner Aufgabe ist er nach wie vor fasziniert. Im vergangenen Juni hat er den Iran zur Inlinehockey-Weltmeisterschaft in Italien geführt (Hockeyweb berichtete) – aber schon damals war klar, es soll auch auf dem Eis zur Sache gehen. Also blieb das Team, das zuvor auf Rollen unterwegs war, noch etwas länger in Italien. Denn in Asiago veranstaltete Christian Müller ein Eishockey-Camp mit dem Ziel, auch in diesem Sport eine Nationalmannschaft aufzubauen. Gleichzeitig machte sich der Verband via sozialer Medien auf die Suche nach im Ausland lebenden Iranern, die bereits Eishockey spielen.
Zwei Deutsche sind dabei: Schahab Aminikia und Karan Moallim
Auch zwei Deutsch-Iraner sind dabei – mit Schahab Aminikia hat Müller sogar in der Saison 2009/10 zusammen für den EV Duisburg gespielt. Und auch Karan Moallim hat wie Aminikia langjährige Oberliga-Erfahrung in Deutschland. Dabei waren die Leistungen der im Iran lebenden Sportler aber die größte Überraschung. „In Asiago hat mich beispielsweise Jalal Keyhanfar besonders überrascht“, berichtet Müller. „Du hast doch schonmal auf Schlittschuhen gestanden“, sagte der verblüffte deutsche Trainer. Jalals Antwort: „Ja, stimmt. Einmal.“ Das Staunen Müllers wurde größer, doch er konnte es sich auch erklären. „Meine Spieler sind bemerkenswerte Athleten mit großem Talent für viele Sportarten.“ Eben auch fürs Eishockey.
Der „Knaller“ ist KHL-Spieler Samson Mahbod
Verstärkung gibt es aber auch: Neben den beiden Deutschen kommen Iraner aus Schweden, Frankreich, der Schweiz, Kanada und den USA hinzu. „Das sind meist sehr junge Spieler“, berichtet Müller. Der „Knaller“ im Team ist allerdings Samson Mahbod, der schon in der finnischen Liiga für Espoo Blues aktiv war und aktuell in der KHL für Medvescak Zagreb aufläuft. Dieser bunte Haufen hat sich immer mal wieder zu Trainingslagern getroffen. In Kasachstan zum Beispiel. „Die Spieler tragen dabei die Flugkosten selbst. Vor Ort zahlt der Verband alles“, so Müller. Denn das Interesse am Eishockeysport ist groß. Alleine schon medial. Müller wurde schon via Mobiltelefon live ins Fernsehen hinzugeschaltet. „Auch die NHL wird dort übertragen.“ Immerhin: Eine iranische Inlinehockey-Liga gibt es schon. Treibende Kraft hinter beiden Sportarten ist Kaveh Sedghi, der auch offiziell den Titel des Head Coaches trägt – der tatsächliche Nationaltrainer ist aber Christian Müller.
Christian Müller spricht Englisch – und 15 Wörter auf Farsi
Obwohl sich die Nationalspieler nur ab und zu im Rahmen von Trainingslagern treffen, ist bereits ein „Wir-Gefühl“ entstanden. „Fast täglich wird via Telefon miteinander kommuniziert. Dabei nutzen wir einen ähnlichen Dienst wie Whatsapp“, so Müller, der sich mit einem Team gut auf Englisch verständigen kann. „Aber wie auch beim Inlinehockey ist ein Dolmetscher dabei – oder ein Spieler hilft mit.“ Die Landessprache Farsi ist nicht leicht. „15 Wörter, die man beim Training braucht, kann ich. Ich nehme mir immer vor, wenigstens 100 Wörter zu lernen, aber es ist halt recht schwierig.“
Bei den Asian Winter Games will sich das Team beweisen
Wo sein Team nun steht? „Das ist schwer zu sagen. Wir haben in Dubai gegen Vereinsmannschaften einige Testspiele bestritten“, sagt Müller. Wie es wirklich aussieht, wird sich schon bald zeigen. Denn der Iran nimmt an den Asian Winter Games in Sapporo teil – und wird dabei erstmal offizielle Länderspiele bestreiten. Ab dem 18. Februar geht es in den Eishockey-Wettbewerben zur Sache. In der Top-Division stehen sich Japan, China, Südkorea und Titelverteidiger Kasachstan gegenüber. Die Division I bilden Taiwan, Hongkong, Mongolei, Neuling Singapur, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Division II ist so groß, dass sie in zwei Gruppen gespielt wird. In der Gruppe A treten Bahrain, Katar, Kirgisistan, Kuwait und der Neuling Philippinen an. Die Gruppe B bilden Indonesien, Turkmenistan (beide ebenfalls Neulinge), Macau, Malaysia und eben der Neuling aus dem Iran.
Das Ziel des Iran? „Gold“, sagt Christian Müller. „Und wenn es keine Goldmedaille in der Division II gibt“, ergänzt er mit einem Augenzwinkern, „dann eben der erste Platz.“