Maritta Becker: Wir verfolgen im Sport alle ein Ziel!Die erste DEL Co-Trainerin

Maritta Becker zwischen Manny Viveiros (links) und Peppi Heiss - Foto: imagoMaritta Becker zwischen Manny Viveiros (links) und Peppi Heiss - Foto: imago
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Maritta Becker sitzt in der Mercedes-Benz-Arena Berlin im Oberrang, unterhalb der Pressetribüne. Vor ihr ein Laptop und eine Verbindung zur Kamera des Arena-TV.  Auf dem Bildschirm ihres Laptops läuft das Spiel mit ca. zwei Sekunden Verzögerung zu dem aktuellen Geschehen auf dem Eis. Zeit genug für Maritta Becker, auf die Geschehnissen zu reagieren, die Stellen durch eine schnelle Tasteneingabe zu markieren, um das Video, was sie mitschneidet, bzw. die entscheidenden Szenen so schnell wie möglich abrufbar zu haben.

Die Sirene zur ersten Pause dröhnt. Im Spiel der Eisbären Berlin gegen den ERC Ingolstadt steht es 1:0. Maritta Becker klappt ihren Laptop zu, schließt ihn von Kabel und Videosignal ab um dann mit dem Fahrstuhl vier Etagen abwärts zu fahren, einmal um die halbe Arena läuft und letztendlich Ingolstadts Trainer Manny Viveiros die von ihr markierten Szenen vorspielt. Danach geht es, schnellen Schrittes, den selben Weg wieder zurück. Kurz vor dem ersten Bully des Mitteldrittels ist sie noch wenige Meter von ihrem Platz entfernt. Nur ist der Weg dorthin versperrt. Kurzerhand klettert sie über ein Brüstung, um sich durch die nächste schon fast akrobatisch hindurchzuschlängeln.

Ohne Frage, Maritta Becker ist fit! Ist ja auch ganz klar, als Fitnesscoach des ERC Ingolstadt. Aber sie macht eben noch viel mehr – ist für Manny Viveiros schon nahezu unersetzlich. Dabei es in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) außergewöhnlich, dass eine Frau dort in der Trainergilde aktiv ist. „Maritta ist für mich eine gleichwertige Co-Trainerin. Was sie sagt und analysiert hat Hand und Fuß. Wir profitieren sehr von ihrer Erfahrung. Vor allem ihrer internationalen Erfahrung!“, sagte Viveiros auf Nachfrage von Hockeyweb.

Erfahrung hat die 34-jährige gebürtige Heilbronnerin definitiv. Über acht Jahre spielte sie in der Schweiz und in Schweden aktiv Eishockey, nahm für den Deutschen Eishockey Bund (DEB) an drei Olympischen Spielen teil - sieben Weltmeisterschaften und über 250 Länderspiele stehen ebenfalls zu Buche! Nun ist sie die erste Trainerin in einem Profiteam der Deutschen Eishockey Liga (DEL). „Es hat sich angeboten, dass ich aufgrund meiner Erfahrungen das Trainerteam in der Form unterstütze, dass ich die wichtigen Szenen gleich zusammenschneide um diese sofort auswerten zu können!“. Eingestiegen beim ERC Ingolstadt ist sie 2013, kümmerte sich vor Allem um die Fitness der Spieler. „Befördert“ wurde sie zur aktuellen Saison: „Seit diesem Jahr bin ich nun komplett bei der Mannschaft dabei und unterstütze das Trainerteam wo ich nur kann!“, so Becker, die 2012 in die Eishockey Hall of Fame Deutschlands aufgenommen wurde.

Als erst dritte Frau, nach Michaela Hildebrandt und Maren Valenti wurde Maritta Becker diese Ehre zu teil. Ihr Laudator damals, Ex-DEB-Torhüter Klaus Merk, würdigte ihr Schaffen vor der versammelten Eishockey-Elite Deutschlands. Sichtlich emotional waren auch ihre Dankesworte.

Sich als Frau in der Herrendomäne zu beweisen, sieht sie anscheinend relativ gelassen: „Im Grunde genommen verfolgen wir im Sport alle ein Ziel. Wir wollen gewinnen. Da ist es egal, ob Mann oder Frau! Die Jungs nehmen mich als Trainerin an. Es macht Spaß!“

Mittlerweile liegt ihre Mannschaft mit 0:2 zurück. Maritta Becker wirkt hinter ihrem Laptop angespannt. Rutscht auf dem Stuhl von links nach rechts, hat ständig den Puck im Blick. „Ich versuche vom Spiel keine Sekunde zu verpassen, ertappe mich auch immer dabei, wie ich in dem Spiel mitgehe, mitfieber. Ich drücke den Jungs immer die Daumen und hoffe, dass der Puck auch mal ins Tor geht!“. Gesagt getan: Dustin Friesen schafft den 1:2-Anschlusstreffer. Die Co-Trainerin ballt kurz die Faust, um dann die – eigentlich unspektakuläre – Torszene auf dem Laptop festzuhalten. Weitere Tore fallen an diesem Abend aber nicht mehr.

Maritta Becker war zu ihrer aktiven Zeit so etwas wie eine „Ausnahme-Eishockeyspielerin“ in Deutschland.  Bis zum Jugendalter spielte sie noch mit männlichen Mitspielern, ehe sie ihr Glück im Ausland, in stärkeren Damen-Eishockeyligen suchte. Ins Männereishockey, wie derzeit einige ihrer ehemaligen Kolleginnen, zog es sie aber nie. „Wir hatten in Deutschland immer sehr gute Torfrauen, von daher wundert es mich nicht, dass einige bei den Männern spielen. Ich muss aber auch sagen, dass es als Torfrau auch immer ein Stück einfacher ist. Sie spielen nicht so körperlich. Von daher haben sich immer die Torhüterinnen durchgesetzt. Zumindest  in den höherklassigen Ligen.“, sagt die ehemalige Stürmerin. Nun hat sie sich als erste Trainerin in einem Herrenteam etabliert. Ein weiterer, großer Schritt für das einst noch belächelte Damen-Eishockey.

Ohne Frage, Maritta Becker ist eine Eishockeyfachfrau die nicht nur mit ihrer sympathischen Art, sondern auch mit viel Eishockey-Sachverstand zu überzeugen weiß. Eine Bereicherung für das deutsche Profi-Eishockey!


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