Hannover Indians bezwingen Herne nach mitreißendem SpielVor fast 2800 Zuschauern dreht der ECH einen 0:3-Rückstand

Nach 30 Minuten waren die Hannover Indians eigentlich mausetot. Durch zwei Abwehrböcke ließen sie die Herner Gäste, die schon das Hinspiel gegen die Indians deutlich mit 6:0 für sich entschieden hatten, mit 3:0 davonziehen und eigentlich sprach alles in dieser Phase gegen die Indians. Und doch fanden die Hannoveraner den Weg zurück, drehten den Rückstand in eine 4:3-Führung, mussten in die Verlängerung um dann doch noch zuzuschlagen. Das Spiel war eine Werbung für den Eishockeysport.
Gekommen war der Tabellenzweite der Oberliga Nord, um sich mit einem Sieg von der argen 2:9-Peitsche gegen die Füchse Duisburg zu erholen. Im Vorfeld sagte Hernes Trainer Danny Albrecht: „Knapp 2500 Zuschauer im Schnitt bilden eine lautstarke Kulisse, die die eigene Mannschaft nach vorne treibt. Da müssen wir unbedingt dagegen halten und die Indians erst gar nicht in Schwung kommen lassen.“ Das war der Plan und was passierte am Pferdeturm, der zuletzt wieder Anzeichen einer Bastion erkennen ließ: Die Indians machten das Spiel und lagen nach 30 Minuten mit 0:3 in Rückstand. Wie konnte das passieren? Einige Parameter waren von Indians-Coach Lenny Soccio nicht richtig eingestellt worden, wie er später in der Pressekonferenz zugab. So zum Beispiel die Verteidigungsparameter, sprich, die Herner Stürmer konnten sich stellenweise frei im hannoverschen Slot bewegen. Wer nicht weggeräumt wird, bekommt Chancen und genau das passierte prompt nach nur 67 Sekunden. Marsall scheiterte noch an ECH-Keeper Philip Lehr, Asselin stand frei und Herne führte. Der Albtraum für jeden Gegner, besitzen die Herner doch mit Keeper Björn Linda einen äußerst starken Keeper, für Lenny Soccio sogar den besten der Oberliga. In der Folge schüttelten sich die Indians, versuchten die Oberhand zu gewinnen, begannen Linda immer mehr zu prüfen, vor allem durch den quirligen Pfennings aber auch durch Glemser, Burns und Pohanka, aber noch trafen sie nicht, zumal die Herner einen dichten Verteidigungsring um ihr Tor zogen. Mitten in die erste hannoversche Drangphase das Herner 2:0. Die Gäste, die technisch durchaus beschlagen waren und sich geschickt wehrten, kombinierten sich mal wieder durch das Mittelfeld, zogen das Tempo an, wieder war einer der Gäste vor Lehr ungedeckt und es heiß aus Indians-Sicht 0:2. Dominik Piskor hatte sein fünftes Saisontor erzielt. 9:5 Torschüsse aber ein Zwei-Tore-Rückstand. Die Gäste hatten sich als Effizienz-Musterschüler erwiesen.
Das erforderte aus Indians-Sicht umdenken. Lenny Soccio: „Wir mussten Veränderungen vornehmen und die haben sich schließlich als erfolgreich erwiesen.“ Zunächst sah man von diesen Umstellungen nicht viel. Was allerdings auffiel. Die Indians gaben nicht auf, kämpften mit allen, vor allen fairen Mitteln und weil auch die Herner sich auf ihre spielerischen Mittel besannen, musste Schiedsrichter Sven Fischer, am Pferdeturm nicht gerade beliebt, bis zur 36. Minute ganze zwei Strafen wegen Verzögerungen aussprechen. Zuvor jedoch, genauer in der 30. Minute schien die Partie endgültig entschieden zu sein. Dominik Piskor, heute mit zwei Toren bester Herner Spieler neben Keeper Linda schob bei einem der wenigen Herner Konter die Scheibe unter Linda ins Indians-Gehäuse und weil die Indians zuvor mit viel Aufwand nichts erreicht hatten, schien der Tabellenzweite auf der Siegerspur. Sieben Minuten später wachte der Pferdeturm auf. Hernes Calabrese kassierte die erste echte Strafe des Tages und den Indians gelang, nach zuvor hilflosen Versuchen wie aus dem Nichts das erste Tor, als der HEV ausgerechnet Indians-Verteidiger Nicolas Turnwald schalten ließen und der aus -nähester Entfernung Linda keine Chance ließ. Das 1:3 war mehr als gerecht, aber sollte es reichen ?
Das optische Bild des zweiten Drittels fand im dritten Abschnitt seine Fortsetzung. Die Indians griffen mit viel Druck an, Herne stand flexibel hinten, griff jeden Angreifer sofort an und versuchte sich im Kontern. Dazu das Wissen, dass mit Björn Linda ein Tausendsassa zwischen den eigenen Pfosten steht, der mit seinem Können ein Spiel gewinnen kann. So ging es weiter bis zur 48. Minute, dann kochte die Hütte. Was war geschehen? Diesmal passierte das, was den Indians zuvor schon zweimal passiert war. In Unterzahl wurde diesmal Mike Glemser übersehen und der bezwang Linda aus Nähester Entfernung zum Anschlusstor. Das Stadion bebte und bevor der Stadionsprecher den Torschützen verkünden konnte, hatte es schon wieder hinter Linda eingeschlagen. Bacek bediente Roman Pfennings und der drückte die Scheibe über die Linie. Das Tor roch zwar nach Schnittschuhtor aber nach drei Minuten Beratung entschied Schiri Fischer auf Tor und damit stand es 3:3. Und es kam noch schlimmer für den taumelnden Tabellenzweiten. Zwei Minuten später rammte Palka Hertel in die Bande, Pfennings reagierte geistesgegenwärtig, bediente Bacek und der erzielte, gegen die Linda`sche Laufrichtung geschossen das 4:3. Es schien, als hätte dieses vierte Gegentor die HEV-Spieler aufgeweckt, denn auf einmal tauchten sie wieder massiv im Indians-Drittel auf, spielten stellenweise Powerplay und kamen glücklich zum 4:4, als Denis Fominych (54.) das Arbeitsgerät in das gegnerische Netz stocherte. Dazu Hernes Trainer Danny Albrecht: „Das 4:3 sah nach Schlittschuhtor aus und dafür war unser Ausgleich auch nicht gerade formgerecht. So gesehen glichen sich die beiden Tore wieder aus.“ Auch nach dem Ausgleich hatten die Herner noch zwei Riesenmöglichkeiten, die nur mit letzter Kraft einmal von Keeper Lehr und einmal von Indians-Defender Philip Hertel geklärt werden konnten.
In der Verlängerung wurde dann noch einmal der Hitchcock-Bonus oben drauf gesetzt. Obwohl nur drei gegen drei, gab es nacheinander für beide Teams je eine Zeitstrafe, so dass die Spannung neue Höchstwerte erreichte. In der 62. Minute dann die Entscheidung. Weyrauch stürmte in den Slot, bediente Bosas und der litauische Nationalspieler versenkte die Scheibe mit der Rückhand zum 5:4 für die Indians. Mit seinem neunten Saisontor und vor allem seinem vierten Game-Winning-Goal katapultierte übrigens sich Bosas auf Platz eins in dieser Kategorie.
Hernes Coach Danny Albrecht: „Wir hatten eigentlich vor, hier mit drei Punkten nach Hause zu fahren. Das hätte auch fast geklappt aber wenn man ein 3:0 nicht über die Runden bekommt, dann hat man den Sieg auch nicht verdient, zumal das Schussverhältnis scheinbar bei 60:20 für die Indians lag.“
Indians-Coach Lenny Soccio: „Wir haben auch nach dem 0:3 nicht aufgegeben. Meine Mannschaft hat gesagt, wir brauchen nur ein Tor, dann sind wir wieder im Spiel und so war es. Am Ende ein verdienter Sieg für uns, hatten wir doch ein Schussverhältnis von 38:21.“
Tore: 0:1 (1:07) Asselin (Marsall, Thomas Ziolkowski), 0:2 (13:21) Dominik Piskor (Marsall, Behrens), 0:3 (29:14) Piskor (Palka, Thomas Ziolkowski/5-4), 1:3 (37:13) Turnwald (Raabe, Burns/5-4), 2:3 (48:24) Glemser (Burns, Peleikis/5-4), 3:3 (48:55) Pfennings (Bacek, Pohanka), 4:3 (50:48) Bacek (Pfennings, Pohanka), 4:4 (53.08) Fominych (Ackers, Asselin), 5:4 (61:25) Bosas (Weyrauch, Turnwald). Strafen: Hannover 6, Herne 8. Zuschauer: 2749.