Der gute Mensch aus Garmisch und die Haie der Großstadt
Georg Kink, den alle nur „Schorsch“ nennen, wohnt in Garmisch nur wenige Meter vom Eisstadion entfernt. Wie jeder Einheimische verfolgte der erfahrene Eishockeytrainer im vergangenen Frühjahr sehr interessiert das Geschehen rund um den SC Riessersee, den es nach der Insolvenz beinahe nicht mehr gegeben hätte. Kink war gerade seinen Posten in Peiting losgeworden, wo er zusammen mit Manager Winkler (ebenfalls aus Garmisch) recht erfolgreich gearbeitet hatte. Was lag da näher, als dass der Schorsch in seiner Heimat das Traineramt übernehmen würde? Doch die Situation rund um den SCR war lange Zeit sehr unsicher. Würden die Werdenfelser überhaupt in der Oberliga spielen können?
Währenddessen wurden anderswo bereits die Dispositionen für die neue Saison getroffen. So auch beim EHC München, der im Gegensatz zum SC Riessersee große Ambitionen hegte: Präsident Bochanski hatte den Fans versprochen, mit Macht den Aufstieg in die 2. Liga anzupeilen. Nachdem der alte Coach Michael Eibl nicht mehr zur Verfügung stand, machte man sich beim EHC auf Trainersuche und entschied sich relativ schnell für den Garmischer Doppelpack Kink-Winkler. Winkler wurde als Geschäftsführer und sportlicher Leiter eingesetzt, während Kink die verstärkte Mannschaft aufstiegstauglich machen sollte. Und damit begann das große Missverständnis, das am Dienstagabend mit dem Hinauswurf von Schorsch Kink endete.
Kink und das Münchner Eishockey, das passte von Anfang an nicht zusammen: Bereits im Sommer rieten ihm Insider, auf bestimmte Strukturen im Team Rücksicht zu nehmen. Doch er legte sich umgehend mit dem Urgestein und Kapitän Daniel Schury an, der in der Zwischenzeit den EHC verlassen und in Landsberg angeheuert hat. Das Problem ist, dass Kink damit auch Schurys Stiefvater vergrätzte, der seit Jahren ein Gönner des Münchner Eishockey gewesen war. Auch andere Spieler, mit deren Leistung der Trainer nicht einverstanden war, verbannte er auf die Bank, was schnell zu internen Konflikten – manche sprachen gar von einem Spieleraufstand gegen Kink – geführt hat. Schorsch Kink ging konsequent seinen Weg, ohne auch nur einen Ansatz von Kompromissbereitschaft und Diplomatie zu zeigen. Ein großer Fehler, wie sich jetzt gezeigt hat.
Auch der Umgang mit der Münchner Presse zählte nicht gerade zu seinen Stärken. Während es in Garmisch gerade mal eine Zeitung gibt, die dem heimischen Club noch dazu recht wohlwollend gegenüber steht, konkurrieren in der Landeshauptstadt allein drei Boulevardblätter um die Gunst der Leser. Und da wird mit harten Bandagen gekämpft. Besonders ein Schreiber, der offensichtlich persönliche Animositäten gegen den Trainer hegt, schoss aus allen Rohren auf Kink, und das nicht selten in höchst unfairer Weise. Hauptsache, man produziert Schlagzeilen! „So etwas habe ich noch nie erlebt“, meinte Kink dazu in einem Hockeyweb-Interview. „Alles wird schlecht geredet, egal ob Sieg, Tabellenführung oder Spielweise.“
Rein sportlich kann man Georg Kink reichlich wenig vorwerfen. Sicher war nicht jede seiner taktischen Maßnahmen von Erfolg gekrönt, und auch die Leistungen in den ersten beiden Meisterrunden-Spielen begeisterten die Fans nicht unbedingt. Aber immerhin belegte sein Team fast während der gesamten Vorrunde den ersten Platz in der Oberliga Süd. Trotzdem entdeckte der Vorstand „Konzeptlosigkeit, keine Spielfreude und Verunsicherung in der Mannschaft“. „Kink ist ein guter Trainer, aber nicht für München“, urteilte EHC-Boss Bochanski.
Wer ist aber der richtige Trainer für den EHC München? Wer findet sich in dem Haifischbecken mit anspruchsvollen Zuschauern, unseriöser Boulevard-Presse und teils überschätzten Spielern zurecht?
Eines scheint sicher: Michael Eibl, Vorgänger von Kink, wird bestimmt nicht sein Nachfolger, auch wenn es von bestimmter Seite kolportiert wurde. Wie zu hören war, soll Eibl vergangene Saison selbst mehrmals kurz vor dem Rauswurf gestanden haben.
Vieles deutet auf einen ausländischen Trainer hin, der ein alter Kumpel von Interims-Coach Harald Birk aus Augsburger Zeiten ist: Gary Prior. Der 47-Jährige Kanadier ist nach Informationen aus verschiedenen Quellen heißer Favorit. Prior, der bereits in Augsburg, Heilbronn und Bietigheim als Trainer tätig gewesen war, macht sich zur Zeit in seiner Heimat als Spielervermittler nützlich. Er hatte jedoch schon vor einem Jahr angekündigt, mit seiner Familie wieder nach Deutschland zurückkehren zu wollen. Die Gelegenheit hätte er jetzt dazu.
Ob Prior oder ein anderer, der neue Coach ist nicht zu beneiden. Er muss mit dem schwierigen Umfeld in München klar kommen, das Team zu einer schlagfähigen Einheit formen und natürlich den Aufstieg in die 2.Liga schaffen. Keine leichte Aufgabe! (an)