Der „Mann mit den tausend Händen“ regiert jetzt das russische Eishockey
Vladislav
Tretjak war in den 70er und 80er Jahren der beste Torhüter der Welt. Mann
nannte ihn den „Mann mit den tausend Händen“. Der am 25. April 1952 im Moskauer Außenbezirk Orudyevo
geborene Oberstleutnant i.R. ist jetzt der Präsident und Chef des russischen
Eishockey Verbandes.
Eishockeytorhüter
wurde der kleine Vladislav an Anordnung seines sparsamen Vaters. Papa Tretjak
hatte festgestellt, dass die Feldspieler ihre Ausrüstung selbst kaufen müssen,
während Torhüter sie vom Verein bekamen. „Du wirst Torhüter“, bestimmte Vater
Tretjak und meldete den Junior bei CSKA Moskau an. Vorher war Vladislav ein
begabter Stürmer in seiner Straßenmannschaft.
Bei CSKA, dem Klub der Roten Armee durchlief er alle
Stationen von den Knaben bis zu ersten Mannschaft. Aufgerückt ist er immer
schon vor dem Ablauf seiner Altersstufe. Mit 16 Jahren holte ihn Anatoli
Tarasov in das Ligateam und mit 17 Jahren ins Nationalteam, die Sbornaja.
Vladislav Tretjak hatte neben seinem Talent auch großen Ehrgeiz und den Willen
zur harten Arbeit mitgebracht. In diesen ersten Jahren wurde er schon dreimal
Junioren-Welt-meister. Schon bald hatte er Torwart-Legende Konowalenko
verdrängt und war die Nummer eins in der Sbornaja. Mit der Sbornaja nahm er an
vier Olympischen Spielen teil, wo er dreimal Gold und einmal Silber gewann Er
war bei 13 Weltmeisterschaften dabei und
zehn Titel holte. Neunmal wurde er Europameister. 287 mal stand er im
Tor der Sbornaja. Mit CSKA gewann er zwischen 1968 und 1984 elf Meistertitel
und wurde 13 mal Europacupsieger.
Nebenbei absolvierte er mit Erfolg die Diplomaten-Hochschule in Moskau.
Training mit Gipsfuss
Ein Beispiel bestätigt seinen eisernen Willen und seine
Einsatzbereitschaft:
Im Februar 1981 reise er mit CSKA zum Punktspiel in die
„verbotene Stadt“ Gorki. Beim Aussteigen aus dem Bus trat Tretjak auf den
Bordstein und und brach sich den Fuß. Und das acht Wochen vor der
Weltmeisterschaft ! Der Arzt meinte lakonisch;“ sechs Wochen Gips, dann wieder
Training. In der nächsten Saison bist du wieder dabei ! „ Er hatte nicht mit
dem starken Willen des Keepers gerechnet. Vladislav macht schon in der Klinik
Konditionsübungen, stemmte Gewichte und
tauchte am Tag seiner Entlassung aus der Klinik mit Gipsfuß beim
CSKA-Training auf. Er setzt sich auf einen Stuhl und seine Kollegen mussten
Tennisbälle gegen eine Wand knallen. Die Abpraller wehrte er ab. Dabei hatte er
in jeder Hand noch einen Ziegelstein. Das war Ersatz für sein Reaktionstraining
auf dem Eis. Als der Gips weg war, präsentierte sich Tretjak in Topform. Er kam
noch in das WM-Team und absolvierte bei der WM in Göteborg acht Spiele und ließ
nur 13 Gegentore zu. Seine Sbornaja wurde Welt- und Europameister.
1984 wollte er zu den Montreal Canadiens in die NHL.
Sbornaja- und CSKA-Trainer Viktor Tichonov verbot den Wechsel in seine Funktion
als militärischer Vorgesetzter. Tretjak erklärte seinen Rücktritt als aktiver
Spieler.
Er betätigte sich als Torwart-Nachwuchstrainer und drehte
mit seinem Freund Wayne Gretzky in Moskau einen Lehrfilm, der in Nordamerika
vermarktet wurde und dem Oberstleutnant im Ruhestand einige Devisen einbrachte.
Nach der politischen Wende holte ihn Gretzky nach Übersee. Er verschaffte ihm
einen Werbespot für Rasierklingen und half bei der Veröffentlichung des
Tretjak-Buches. Dann nahm der Moskauer einen Job als Torwarttrainer bei den
Chicago Black Hawks an und eröffnete gleichzeitig seine Nachwuchs-Schule in
Moskau. Leiter wurde sein ehemaliger Schülertrainer. Auch als Trainer wurde er
wieder aktiv. Für die Olympischen Spiele in Salt Lake City holte man ihn als
Co- und Torwarttrainer in den Betreuerstab der Sbornaja. Sein ehemaliger
Mitspieler, der russische Sportminister Vyacheslav Fetisov förderte auch die
politische Karriere von Tretjak und sorgte dafür das der Mann mit den tausend Händen einen Sitz im
russischen Parlament, der Duma erhielt. Und Fetisov war es auch, der darauf
drängte, dass Vladislav Tretjak vor einigen Wochen zum Verbandspräsidenten
gewählt wurde.
Horst
Eckert