Christian Müller: Vom Eigentor bis zum Nationaltrainer des IranInlinehockey-Nationaltrainer und Eishockey-Pionier
Christian Müller der Sechste von rechts in der hinteren Reihe, trainiert die iranische Inlinehockey-Nationalmannschaft. (Foto: CM)Das klingt erstaunlich – und wie es dazu kam, ist noch viel verblüffender. Der erste Kontakt liegt nun schon acht Jahre zurück. Damals, 2008, fand in Ratingen die Inlinehockey-Weltmeisterschaft statt. Und hier setzt kurz Verwirrung an, denn es gibt zwei Inlinehockey-Weltmeisterschaften jedes Jahr. Die des Rollsport-Weltverbandes FIRS und die des Eishockey-Weltverbandes IIHF. In Ratingen war die FIRS-WM zu Gast, an den Start ging die Nationalmannschaft des Deutschen Rollsport- und Inlineverbands. Der Iran jedenfalls ist beim FIRS-Turnier schon einige Zeit dabei – und kassierte meist recht deutliche Niederlagen. „Wir haben mit der deutschen Mannschaft damals gewonnen“, erinnert sich Müller. Wie hoch? „Sehr hoch zu eins“, lacht der Verteidiger. Denn das eine Tor des Iran erzielte der deutsche Abwehrspieler per Eigentor. „Wir sind dann schnell ins Gespräch gekommen. Das waren damals schon sehr nette Leute“, berichtet der Ratinger, der seine Eishockey-Karriere nach einer Verletzung im Jahr 2011 beim EV Duisburg beendet hatte.
Im gleichen Jahr trafen sich die deutschen und iranischen Spieler wieder bei der Inlinehockey-WM. Der Kontakt war wieder da und Müller, der inzwischen die deutsche Auswahl coachte, wurde gefragt, ob er nicht einmal ein Camp in Teheran leiten wolle. Aus einmal wurde mehrmals und inzwischen finden die Trainingscamps nicht mehr in der Hauptstadt, sondern in Tabriz im Norden des Iran statt. „Dort ist eine tolle Halle entstanden, alles ist möglich. Athletik- und Fitness-Training. Und zweimal am Tag geht es zum Inlinehockey aufs Feld“, schwärmt Müller von den Bedingungen. Denn der Iran möchte besser werden im Inlinehockey – und Christian Müller soll dabei helfen. Als er berichtete, dass er die deutsche Mannschaft nicht mehr trainiert, kam sofort die Anfrage: Möchte er Nationaltrainer des Iran werden? Müller wollte. Und wird das Team nun bei der FIRS-Inlinehockey-WM ab dem 20. Juli im italienischen Asiago coachen. Sein Team sieht er gut vorbereitet. „Wir werden einige überraschen“, kündigt Christian Müller an.
Warum er sich so sicher ist? Das hat eine Menge mit „dobare“ zu tun. Denn dieses Farsi-Wort ließ sich Müller erklären, um bei einer Spielaufbau-Übung seine Spieler aufzufordern, es nochmal zu machen. Und nochmal. Und nochmal. „Ich wäre eher heiser geworden, als dass die Spieler es nicht nochmal gemacht hätten.“ Und während die Spieler alles taten, was Müller verlangte, gab es drum herum eine bemerkenswerte Gastfreundschaft. „Ich bin wirklich überwältigt von der Freundlichkeit“, so Müller. Und auch das Interesse im Iran ist groß. „Dreimal hat das iranische Fernsehen schon über uns berichtet.“ Müller selbst kommt im Iran mit Englisch gut zurecht. „Es ist aber auch immer ein Übersetzer dabei.“ „Shoot“ und „Change“ verstehen seine Spieler gut. Und ab und an lernt er auch Farsi-Begriffe. Wie „jek, jek“. Oder so ähnlich zumindest. „Das bedeutet eins gegen eins“, erklärt Müller.
Bei der WM in Italien will er mit seinem Team so gut wie möglich abschneiden. Wenn das Turnier allerdings vorbei ist, bleibt er mit seinen Spielern noch einige Tage in Asiago. Der Grund? Der iranische Eishockey-Verband will nun endlich eine Nationalmannschaft aufbauen. So wird Müller im Anschluss an die Inlinehockey-WM in der eishockey-verrückten italienischen Stadt ein Eishockey-Trainingscamp durchführen. Mit dabei sind seine Inlinehockey-Nationalspieler. „Der iranische Verband hat aber über soziale Netzwerke auch Kontakt zu iranisch-stämmigen Eishockeyspielern in der ganzen Welt aufgenommen. Rund zwölf Spieler aus der ganzen Welt kommen dazu“, berichtet Müller. Und vielleicht kann Christian Müller dazu beitragen, dass der Iran bald auch auf der Eishockey-Landkarte auftaucht. „Das Ziel ist eine Teilnahme an den Asian Games im Februar 2017.“ Scheint so, als würde Christian Müller in Zukunft noch einige Male „dobare“ rufen.