EHC Freiburg - Ein Standort im WandelSaisonfazit aus Sicht der Badener

Wir befinden uns in der fünften Saison der DEL2, seit man sich im Jahr 2015 gegen die Füchse Duisburg den Aufstieg aus der Oberliga sichern konnte. In den besagten vergangenen 4 Jahren gab es einen Ausflug in die Playoffs (2016/2017), der mit den Frankfurter Löwen bereits im Viertelfinale endete und drei Mal den erbitterten Kampf ums Überleben in den Playdowns. Diesen konnte man in allen Jahren für sich entscheiden, was sich aber vor allem im vergangenen Jahr nach der Rettung – erst in zweiter Play-Down-Runde gegen den Deggendorfer SC – nicht vermuten ließ, war, wo die Reise diese Saison hingeht. Nach 52 Spieltagen fand man sich im Breisgau auf Platz 3 der Tabelle wieder, zwischenzeitlich konnte man sogar von Platz 1. der Tabelle grüßen. Wäre der Ausfall der Endrunde nicht, würde den EHC nun eine spannende Serie gegen den amtierenden Meister aus Ravensburg erwarten.
Doch wie beschreibt man das Geschehen der „Wölfe“ richtig? Ist es das Glück des Tüchtigen? Die gute akribische Arbeit, die zu dieser Entwicklung führte? Die DNA des Vereins und seinen Protagonisten oder doch nur der Ausflug eines Außenseiters an den Platz der Sonne? Vielleicht ist es ein wenig von allem. Trotzdem kann man den Freiburgern nicht absprechen, dass aktuell sehr gute Arbeit geleistet wird. Das ausgegebene Saisonziel des Klassenerhaltes konnte man bereits sehr früh abhaken. Wo der ein oder andere zum Höhenflug ansetzen würde, blieb man im Breisgau bodenständig und sprach davon „keine Experimente“ machen zu wollen und „im Rahmen seiner Möglichkeiten“ zu agieren. Die guten Leistungen der Mannschaft sowie die akribische Arbeit, das Ziel von mehr Professionalität und definierten Strukturen zu erreichen, wird vor allem vom Publikum honoriert. Während sich der Zuschauerschnitt in den vergangenen Jahren zwischen 1800 und 2100 pro Spiel bewegte, kann man in der laufenden Saison mit durchschnittlich 2825 Besuchern planen. Dass sich das Ganze für die „geilste Zeit des Jahres“ noch hätte steigern lassen, steht dabei außer Frage. Parallel zum Tagesgeschäft dürfen natürlich die Planungen der neuen Halle sowie das Vorantreiben der Nachwuchsabteilung, die „aktuell wieder vielversprechende Talente abwirft“, nicht außen vorgelassen werden.
Was die Arbeit der Verantwortlichen zudem unterstreicht, sind die Planungen für die kommende Saison. Ab Dezember 2019 regnete es fast wöchentlich Gründe zur Freude. Mit Goalie Ben Meisner, Luke Pither, Scott Allen, Nick Pageau und Nicolas Linsenmeier wurde ein Paket an Spielern gebunden, das maßgeblich mitverantwortlich für den jüngsten Erfolg des Klubs ist. Vor allem Letztgenannter Nicolas Linsenmeier ist einer der Jungs, der wie Kapitän Philip Rießle die „Wölfe-DNA“ trägt. Beide halten dem Verein seit Jahren die Treue, wenngleich die individuellen Leistungen und Erfolge durchaus andere Möglichkeiten parat gehalten hätten. Philipp Rießle gab vor Kurzem erst bekannt, seine Karriere zum Ende der laufenden Saison zu beenden. Außer einem vierjährigen Ausflug zum TEV Miesbach war dieser immer in den Farben des EHC Freiburg aktiv. In dieser Zeit begleitete er den Verein von Liga 4 (Regionalliga Süd/West) bis Liga 2 (DEL2) und trug zuletzt 7 Jahre das Amt des Kapitäns inne.
Im Sommer gelang dem Verein aus dem Breisgau mit der Trainer-Verpflichtung des Schotten Peter Russel ein wahrer Transfercoup. Dieser konnte insbesondere durch seine Erfolge als Übungsleiter der Englischen Eishockeynationalmannschaft für sich werben, welche er von der C-WM innerhalb fünf Jahren in das Feld der 16 besten Teams führte. Aber nicht nur auf der Trainerposition zeigten die Verantwortlichen des EHC Freiburgs ihr Fachwissen, sondern auch mit der Verpflichtung von Spielern wie Cam Spiro, Luke Pither oder Scott Allen lotste man Leistungsträger in den Schwarzwald. Durch diese Transfers im Sommer legte man den Grundstein für erfolgreiche diesjährige Saison. So schaffte man nicht nur den Abschluss auf Tabellenplatz 3 – punktgleich mit dem 2. Kassel – sondern stellte auch die beste Defensive der Liga.
Die Freiburger sind schon seit Jahren bekannt für eine gute defensive Grundordnung, schafften es dieses Jahr mit nur 143 Gegentoren sich sogar in diesem Bereich im Gegensatz zu den letzten Jahren noch zu steigern. Mit nur 134 erzielten Toren schloss man die Statistik in der vorangegangenen Spielzeit abgeschieden auf dem letzten Tabellenplatz ab. Peter Russel hauchte der Offensive neues Leben ein und so durften die Fans der Breisgauer 28-Mal öfters einen Treffer ihrer Mannschaft bejubeln. Ein wichtiger Faktor des Erfolgs stellt auch die Strafbank-Statistik dar: dass man Spiele und vor allem Titel nicht auf dieser gewinnt. Dies bewiesen die Männer aus dem Schwarzwald eindrucksvoll und brachten rund 300 Strafminuten weniger wie die Heilbronner Falken auf die Anzeigetafel und kürten sich somit zur „Fair-Play-Mannschaft“ des Jahres. Entschieden die Unparteiischen doch mal auf eine Strafzeit gegen den EHC Freiburg, schaffte es das Unterzahlteam oft das Gegentor zu vereiteln; folgerichtig zählte man somit zu den besten Unterzahlformationen der Liga. Aber auch das Powerplay brauchte sich nicht zu verstecken: Insbesondere die Topformation um Cam Spiro, Allen Scott und Nick Pageau konnte hierbei ihre ganze Qualität beweisen und das Freiburger Publikum zum Jubeln bringen. Ein weiteres Markenzeichen der diesjährigen Breisgauer Mannschaft ist die Heimstärke: So blieben 61 Punkte im Schwarzwald, während sich nur sechs Mal der Gast siegreich vom Eis verabschiedete. Mit den bereits verlängerten Verträgen unter Dach und Fach scheint eine Kontinuität einzukehren, die den Erfolg leichter machen dürfte.
Tobias Linke/Erik Pannach