Als der Traum vom dritten Titel zerplatzteLandshut vor 25 Jahren – das entscheidende Finalspiel

Vier Abstiegsrunden in den letzten vier Jahren! So lautete die Bilanz des Landshuter Traditionsteams am Ende der Saison 1992/93. Man konnte das Schicksal nach vier Siegen in sechs Spielen in der ersten Playdown-Runde gegen den EHC Freiburg zwar noch zu seinem Gunsten wenden, dennoch war viel Frust vorhanden auf Landshuter Seite. Im Vorjahr blieb man nur aufgrund zweier sehr glücklicher Fügungen erstklassig, nachdem man beide Duelle um den Klassenerhalt gegen die Mannschaften aus Kaufbeuren und Weißwasser verloren hatte. Der Lizenzentzug des SB Rosenheim und die Lizenzverweigerung für den ersten Nachrücker, ES Weißwasser, retteten den EVL. Irgendetwas musste besser werden in der niederbayerischen Hauptstadt.
Im Vorfeld der Saison 1993/94, die die letzte der Eishockey-Bundesliga werden sollte, wurde trotz Altlasten in Millionenhöhe eine Etatsteigerung um 6,5 Millionen Mark beschlossen, um durch personelle Veränderungen einen Neuanfang mit besserer sportlicher Perspektive schaffen zu können. Vorstand Hans Eller kommentierte das Vorgehen damals als einen „nicht beliebig oft wiederholbaren Kraftakt!“ Im Zuge dessen wurden Größen des Eishockeysports wie Urgestein und Rekordnationalspieler Udo Kießling, der tschechische Nationaltorhüter Petr Briza und die kanadische NHL-Größe Mike Bullard verpflichtet. Letzterer sollte in fünf Landshuter Jahren auf satte 361 Scorerpunkte kommen. Neuer Trainer für die anstehende Spielzeit wurde der Kanadier Bernie Johnston.
Und es half! Am Ende der Vorrunde stand der neu formierte EVL auf Rang vier. Nach einer 3:1-Serienführung gegen den Kölner EC unterlag man im Viertelfinale dennoch mit 3:4 und so erlebte die eigentlich erfolgreiche Saison, die beste seit 1984, am Gutenbergweg ein jähes Ende. Das Fundament jedoch für den Aufbruch zu sportlich besseren Tagen des Landshuter Eishockeys – es war gelegt.
Im Jahr darauf begann eine neue Zeitrechnung im deutschen Eishockey – die „Superliga DEL“, wie damals getitelt wurde, ging in ihre erste Spielzeit. Mit dabei unter den 18 teilnehmenden Mannschaften, der Dauerbrenner der Bundesliga: der Eislaufverein Landshut. Mit 31 Jahren weist man in der niederbayerischen Hauptstadt eine so lange Bundesligazugehörigkeit auf wie kein anderer Klub. Klangvolle Neuzugänge schmückten auch diesmal die Reihen an der Isar: Helmut Steiger kehrte nach neun Jahren aus Köln zurück, Georg Franz und Wally Schreiber kamen aus München.
Der Start war sehr vielversprechend: Im ersten DEL-Spiel der Landshuter Geschichte wurden die Kaufbeurer Adler mit einem satten 6:0 nach Hause geschickt. Während der Saison gaben aufgrund des Lockouts in der nordamerikanischen Profiliga zahlreiche NHL-Akteure ein Gastspiel in Deutschland. Für den EVL liefen dabei „The Russian Rocket“ Pavel Bure (ein Spiel), Scott Young (drei Spiele) und Nationalspieler Uwe Krupp (fünf Spiele) auf. All das machte sich bezahlt: Lediglich die Preußen aus Berlin konnten zwei Pünktchen mehr holen als die Dreihelmenstädter, womit am Ende der Hauptrunde Platz zwei zu Buche stand.
Die Regularien in der ersten Spielzeit der Deutschen Eishockey Liga sahen vor, die Playoffs mit dem Achtelfinale beginnen zu lassen. Gegner der stark aufgelegten Niederbayern war die ESG Füchse Sachsen. Die Euphorie ob der erfolgreichen und vielversprechenden Vorrunde war bereits groß. Nach vier klaren Siegen in den vier Partien gegen die Ostdeutschen zeigte sich diese weiterhin ungebrochen. Auch in der Runde der letzten acht war kein Kraut gegen die Mannen von der Isar gewachsen. Die Huskies aus Kassel konnten keinen Sieg in der Serie verbuchen und mussten sich im vierten Spiel sogar mit 4:11 geschlagen geben. Landshut fing an zu träumen…
Der Krefelder EV holte die EVL-Cracks aber wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurück! Spiel eins am Gutenbergweg ging nach Verlängerung und Spiel zwei deutlich mit 5:2 an den KEV. Da ab dem Halbfinale eine Serie maximal über fünf Spiele ging, waren die Niederbayern stark unter Zugzwang – die Mannschaft von Bernie Johnston hielt dem Druck stand. Mit Siegen von 6:2 und 3:2 wurde die Serie egalisiert und das entscheidende fünfte Spiel im heimischen Eisstadion ermöglicht. Ausverkauftes Haus, grenzenlose Spannung und ein EVL, der seine ganze Klasse auf das Eis brachte; 5:0 hieß es am Ende dieser Gute-Laune-Veranstaltung und der Schritt ins Finale – er war geschafft!
Die Kölner Haie standen dem EVL im Endspiel gegenüber. Die Rheinländer, mit dem ehemaligen Landshuter Tobias Abstreiter in ihren Reihen, räumten auf ihrem Feldzug in dieses Finale unter anderem den Tabellendritten aus Mannheim sowie die Berliner Preußen, ihres Zeichens Hauptrundensieger, aus dem Weg. Ein spannendes Duell wurde erwartet und Eishockey-Deutschland wurde nicht enttäuscht: Als Vorrundenzweiter hatten die Landshuter das Heimrecht inne, welches sie, wenn auch knapp, nutzen konnten und Spiel eins mit 4:3 gewannen, aus der zweiten Partie gingen die Haie klar mit 5:1 als Sieger hervor. Ähnlich deutlich gestalteten die Niederbayern ihrerseits ihr nächstes Heimspiel und stellten die Serie auf 2:1 – ein einziger Sieg fehlte dem Traditionsclub von der Isar zum dritten deutschen Meistertitel. Die erste Chance dazu vergab der EVL sang- und klanglos: Mit 2:8 ging man in Köln baden und so kam es wie bereits im Halbfinale zum alles entscheidenden Showdown am heimischen Gutenbergweg.
Offiziell waren es 8000 Zuschauer, die an diesem 9. April 1995 den Weg ins Landshuter Eisstadion fanden; fest steht, dass kein Quadratmillimeter Platz mehr zu finden war auf den Rängen, die ganze Stadt wollte dabei sein. Tore fielen zunächst keine, dann hörte man den Pfosten des Kölner Gehäuses aufheulen, als dieser von Tony Vogel anvisiert wurde. Trainer Johnston war sich vor Beginn sicher: Die Mannschaft, die das erste Tor schieße, werde das Spiel gewinnen. Diesen ersten Treffer musste allerdings dann in der 42.Minute Petr Briza hinnehmen; Sergei Beresin brachte den KEC in Front. Der EVL hatte keine passende Antwort parat, ganz im Gegenteil. Die Kölner Haie legten noch die Treffer zwei, drei und vier nach und krönten sich somit zum siebten Mal in ihrer Vereinsgeschichte zum deutschen Meister. Den Hausherren blieb wie zuletzt 1983/84 nur die Vizemeisterschaft; auch damals hieß der Gegner Köln, auch damals fiel die Entscheidung im letzten, fünften Spiel.
Trotz des bitteren Ausgangs konnten die Landshuter stolz auf ihr Team sein. Bullard, Kießling, Steiger, Schreiber und Co. hatten alles in die Waagschale geworfen und beinahe hätte es auch geklappt mit dem ersehnten dritten Meistertitel.
Eine solche Chance wie in der Spielzeit 1994/95 sollte sich für die Niederbayern nicht mehr ergeben. Zwar spielte man auch in den Folgejahren stark auf und erreichte stets die Endrunde, aber in den Jahren 1996 bis 1998 war immer im Halbfinale Schluss. In der letzten Spielzeit der Landshuter DEL-Zugehörigkeit 1998/99 – es folgte der Rückzug in die Oberliga – schaffte man es erneut in die Playoffs, musste aber bereits im Viertelfinale gegen den späteren Meister aus Mannheim die Segel streichen.
2020 ist ein Jahr der Erinnerungen für den Eislaufverein Landshut: Neben der ersten deutschen Meisterschaft vor 50 Jahren jährt sich eben auch die bitterste Vize-Meisterschaft zum 25. Mal. Dennoch sind beide Momente als Glanzlichter des Landshuter Eishockeysports anzusehen, letzterer ohne Krönung. Es bleibt aus niederbayersicher Sicht zu hoffen, dass irgendwann einmal ein weiterer, solcher Augenblick der Chronik des EVL hinzugefügt werden kann.