Wizards: Fünf Minuten fehlen zum Sieg in Leipzig

55 Minuten lang sahen die Stuttgart Wizards im fünften
Meisterrunden-Spiel der Eishockey-Oberliga am gestrigen Freitagabend bei den
Blue Lions Leipzig wie die sicheren Sieger aus. Zu diesem Zeitpunkt führten die
Baden-Württemberger mit einem bärenstarken Keeper Tyrone Garner im Rücken 2:1.
Dann leistete sich die Verteidigung der Blau-Gelben eine kurze Tiefschlafphase,
die Leipzig prompt mit dem 2:2 bestrafte. In der Verlängerung waren die Sachsen
bissiger und besiegelten aus einer umstrittenen Situation heraus, als der Puck
bereits unter dem Handschuh von Tyrone Garner lag, im Nachsetzen die neuerliche
Niederlage der Stuttgarter. „Ich bin mit dem spielerischen Auftreten meines
Teams durchaus zufrieden. Beim 2:2 hat unsere Verteidigung komplett geschlafen,
deshalb haben wir den Treffer zu Recht kassiert. In der Verlängerung hatte
Leipzig dann den Mut, vor dem Siegtreffer unseren Keeper zu attackieren,
während wir nicht energisch genug dazwischen gegangen sind. Manche meiner
Spieler sind in solchen Situationen einfach zu brav und wollen sich nicht
wehtun“, ärgerte sich Stuttgarts Trainer Wilbert Duszenko über fehlenden Biss.
Dennoch war sich der Schwetzinger sicher, dass sein Team aufstehen und am
Sonntag (13.03.2005, 18.45 Uhr, Eissport-Zentrum Waldau Stuttgart) im Rückspiel
gegen Leipzig Charakter zeigen werde. „Für uns zählt nur ein Sieg, um den
Play-off-Traum weiterleben zu lassen“, so der 54-Jährige.
Bei den ambitionierten Blue Lions in Leipzig entwickelte
sich am Freitagabend vor knapp 1.100 Zuschauern – darunter etwa 30 per Fanbus
angereiste Stuttgarter Schlachtenbummler – ein Spiel mit großem
Offensivpotential. Dies ging allerdings zumeist von den Hausherren aus, die
gleich zu Beginn etliche Male Tyrone Garners Fangkünste prüften, während die
Wizards (ohne den an Grippe erkrankten Manuel Weibler und den verletzten Markus
Wartosch) um ihren überragenden Keeper aus einer gesicherten Defensive auf
Konter zu lauern versuchten. Diese Taktik ging perfekt auf. Leipzig hatte zwar deutlich
mehr vom Spiel und auch die größere Zahl an Torschüssen zu verzeichnen, den
ersten Treffer erzielten jedoch die Wizards. Offensivverteidiger Jeff White
schloss einen schnellen Angriff über John Sicinski und Jay Woodcroft
erfolgreich zur Führung ab. In der Folgezeit berannten die Gastgeber das
Stuttgarter Tor förmlich, bissen sich an Ty Garner jedoch immer wieder die
Zähne aus. Nach 19 gespielten Minuten war die Stuttgarter Hintermannschaft kurz
nicht im Bilde, was Leipzigs Routinier Sergej Hatkevitch zum Ausgleich zu
nutzen verstand. Mit einer kurzen Körpertäuschung verlud er Stuttgarts Schlussmann
und ließ dem Kanadier zwischen den Wizards-Pfosten keine Abwehrchance.
Im zweiten Durchgang ein ähnliches Bild: Leipzig fuhr Angriff
um Angriff auf das Stuttgarter Tor, so dass Tyrone Garner weiter im Brennpunkt
des Geschehens stand. In dieser heiklen Phase des Spiels, als die Blue Lions
die Partie zu ihren Gunsten hätten entscheiden können, wenn nicht gar müssen,
erwies sich der dunkelhäutige Torhüter jedoch als Turm in der Schlacht und ließ
sich nicht überwinden. Die Wizards kamen ihrerseits ebenfalls zu einigen guten
Konterchancen. Diese blieben allerdings ungenutzt, so dass der zweite Abschnitt
torlos endete.
Im letzten Drittel drängte Leipzig auf die Entscheidung und
kam zu besten Gelegenheiten, die Tyrone Garner, der in der Meisterrunde wieder
an seine Vorjahresform angeknüpft hat, jedoch allesamt zunichte machte. So
waren es einmal mehr die Wizards, die mit einem Konter die neuerliche Führung
erzielen konnten. Nach exakt 47 Minuten versuchte sich Peter Westerkamp mit
einem Schuss von der blauen Linie, der Leipzigs Keeper Thomas Zellhuber durch
die Hosenträger rutschte. Die nun beginnende Schlussphase war nichts für
schwache Nerven. Die gastgebenden Blue Lions belagerten das Wizards-Gehäuse
förmlich, während die bravourös kämpfenden Zauberer mit Mann und Maus den
Vorsprung verteidigten. Das Abwehr-Bollwerk hielt jedoch nur bis zur 55.
Minute. Dann setzte sich Leipzigs Michael Fendt schön hinter dem Stuttgarter Tor
durch und bediente den vor dem Gehäuse lauernden Pete Gardiner, der keine Mühe
hatte, aus kurzer Distanz den Ausgleich zu erzielen. In der Schlussphase der
regulären Spielzeit fielen keine Treffer mehr, so dass beide Mannschaften
zumindest einen Punkt auf der Habenseite verbuchen konnten. Die Entscheidung,
wer das Eis als Sieger verlassen würde, sollte in der anschließenden
Verlängerung fallen. Dort zeigten sich die Blue Lions wesentlich bissiger als
die Wizards und erzielten folglich nach 62 Minuten – wenn auch aus einer
umstrittenen Situation heraus – den verdienten Siegtreffer. Nach einem Schuss
von Verteidiger Scott Crawford hatte Stuttgarts Torhüter Tyrone Garner den Puck
sicher unter seinem Handschuh begraben, die Partie wurde folglich abgepfiffen.
Blue Lions-Angreifer Michael Fendt setzte jedoch nach und stocherte die Scheibe
aus Garners Handschuh über die Line. Nach einigen Diskussionen gab der
Schiedsrichter den umstrittenen Treffer, der die neuerliche Niederlage der
Wizards besiegelte.
Auf der anschließenden Pressekonferenz wollte sich Stuttgarts
Trainer Wilbert Duszenko allerdings nicht lange mit der Entscheidung des Schiedsrichters
aufhalten, vielmehr zollte er den Gastgebern ein Lob für ihre aggressivere
Spielweise: „Leipzig hat den Mut gehabt, in dieser entscheidenden Szene unseren
Keeper zu attackieren. Wir sind nicht entschlossen genug dazwischen gegangen,
deswegen geht der Overtime-Siegtreffer für Leipzig auch in Ordnung. Gratulation
an Frank Gentges und seine Mannschaft. Einige meiner Spieler sind noch nicht
vollständig in der Meisterrunde angekommen. Wenn man hier gegen die besten
Teams der Liga etwas erreichen will, muss man auch bereit sein, sich wehzutun. Das
war heute leider nicht bei allen der Fall. Dennoch bin ich mit der
spielerischen Leistung meines Teams nicht unzufrieden. Nun gilt es, am Sonntag
im Rückspiel nachzulegen, um unsere Play-off-Chancen aufrecht zu erhalten. Ich
gehe davon aus, dass meine Mannschaft trotz der Niederlage heute aufstehen und
Charakter zeigen wird“, schloss Duszenko sein Statement.
Blue Lions-Coach Frank Gentges freute sich natürlich über
zwei wertvolle Punkte für sein Team, aber auch über die Glückwünsche seines
Trainerkollegen: „Es gibt also doch noch Trainer, die uns nach drei gewonnen
Heimspielen mal wieder beglückwünschen. Das ist durchaus angenehm. Ich denke,
wir haben verdientermaßen gewonnen, da wir deutlich mehr Spielanteile hatten
und auch wesentlich öfter aufs Tor geschossen haben. Tyrone Garner ist jedoch
ein Keeper, der in dieser Liga konkurrenzlos ist. Es war ein enges Spiel und
wir hätten, wenn wir unsere Chancen nicht so gut verwertet hätten, durchaus
auch als Verlierer vom Eis gehen können. Wichtig war, dass meine Mannschaft
trotz zweimaligen Rückstands immer das Comeback geschafft hat, das spricht für
ihren Charakter. Auch wir müssen jetzt am Sonntag in Stuttgart nachlegen, um
auf Play-off-Kurs zu bleiben“, meinte Gentges abschließend.
Da also beide Mannschaften morgen (13.03.2005, 18.45 Uhr,
Eissport-Zentrum Waldau Stuttgart) auf Sieg setzen, steht den Zuschauern sicher
ein unterhaltsamer Vergleich bevor. Wilbert Duszenko macht jedoch klar, dass
seine Truppe nicht bedingungslos die Offensive suchen wird. „Das wäre fatal, denn
wir wollen Leipzig natürlich nicht ins offene Messer laufen. Vielmehr müssen
wir versuchen, aus einer kompakten Defensive um den starken Tyrone Garner zu
Chancen zu kommen und diese dann natürlich konsequent zu verwerten. Für uns
zählt nur ein Sieg, damit wir weiter eine Play-off-Chance haben. Dafür werden
wir hart arbeiten“, kündigt der Stuttgarter Trainer an.
Blue Lions Leipzig – Stuttgart Wizards 3:2 n.V. (1:1, 0:0,
1:1, 1:0)
Tore: 0:1 (8:09) Jeff White (John Sicinski, Jay Woodcroft),
1:1 (18:40) Sergej Hatkevitch (Troy Stephens, Nikolai Tittus), 1:2 (47:00)
Peter Westerkamp (Jay Woodcroft, Christian Lorch), 2:2 (54:52) Pete Gardiner
(Michael Fendt, John Spoltore), 3:2 (61:19) Michael Fendt (Scott Crawford, Pete
Gardiner)
Strafminuten: Leipzig 10 + 10 Disziplinarstrafe gegen Daniel
Sevo (Check gegen den Kopf oder Nackenbereich), Stuttgart 14
Zuschauer: 1.037