Tolle Aufholjad der Bären
Bären basteln am personellen FeinschliffEine Pleiten-, Pech- und Pannenwoche endete für den SC Mittelrhein-Neuwied am Freitag Abend nach 39 Minuten und 53 Sekunden im Heimspielstart gegen die EA Kempten. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Bären 0:3 gegen die konterstarken Allgäuer hinten und gerade die Folgen einer fünfminütigen Unterzahl wegen einer Spieldauer-Disziplinarstrafe gegen Ole Kopitz überstanden. Die Mannschaft von Fred Carroll schien bis dahin geschlagen zu sein. Doch dann waren die Bären endlich in der Oberliga angekommen. Dass es am Ende nicht mehr zum einem Sieg reichte, sondern nur zu einem Punkt nach einer 3:4 (0:2, 0:1, 3:0)-Niederlage, tat der Begeisterung des Neuwieder Anhangs keinen Abbruch. Begonnen hatte die Neuwieder Horrorwoche mit der urplötzlichen Abreise des keine 48 Stunden zuvor in Frankfurt gelandeten Kanadiers Jeff Attard. Einen Schnellschuss wollten sich die Verantwortlichen der Bären nicht leisten, sodass sie zum ersten Punktspiel-Wochenende im Angriff improvosieren mussten. In der kommenden Woche soll nun ein kanadischer Angreifer kommen, der bereits für den EHC Neuwied gespielt hatte. Unter der Woche war dann klar, dass SCMN-Coach nur noch zwei Reihen zur Verfügung standen, weil Falk Elzner und Stephan Petry krankheitsbedingt passen mussten. Zu allem Überfluss stellte sich am Freitag heraus, dass Neuzugang Niklas Bovenschen am Wochenende nicht spielberechtigt war. Sein Vorgängerverein Hannover hatte am Dienstag die Freigabe erteilt - genügend Zeit, um eigentlich die Spielberechtigung für Neuwied zu erreichen. Doch beim Landesverband (LEV) in Zweibrücken gehen die Uhren anders. Dort sah sich nach SCMN-Angaben die ehrenamtlich geführte Passstelle nicht in der Lage, die Unterlagen bis zum Freitag, 12 Uhr, fristgerecht zu bearbeiten. "Das geht schon seit zwei, drei Jahren so", beklagt SCMN-Vorsitzender Roland Schell den Umstand, dass der Sachbearbeiter kurz vor dem Saisonstart Ende August/Anfang September regelmäßig in den Urlaub reist. Spötter behaupten, dass damit geklärt sei, wofür Neuwied Verbandsabgaben an den LEV leistet. Diese personellen Kapriolen gepaart mit der durch die Eishallenproblematik zu spät angelaufen Saisonvorbereitung sah Kemptens Trainer Georg Holzmann positiv für sein Team: "Neuwied hatte den Nachteil, dass die Vorbereitung nicht optimal war. Wir haben das als Vorteil genutzt." Fast 40 Minuten brauchten die Bären, um sich an die Oberliga-Verhältnisse zu gewöhnen. Dabei sah es nach dem 0:3 noch bitterer aus als es ohnehin schon war. Die merkwürdige Spieldauerdisziplinarstrafe gegen Ole Kopitz schien den Bären den Rest gegeben zu haben. In einem Zweikampf an der Bande blieb Kemptens Andreas Becherer liegen. Die Partie lief weiter, Neuwied blieb in Scheibenbesitz. Rund zehn Sekunden später unterbrach Schiedsrichter Christian Schummers, der nichts angezeigt hatte, die Partie. Becherer wurde vom Eis gebracht. Vor dem folgenden Bully fuhr Schummers zur Zeitnahme und verkündete auch zum Erstaunen der Gäste eines Spieldauer-Disziplinarstrafe gegen Kopitz wegen Stockschlages. "Zwei Minuten hätten es auch getan", sagte beispielsweise Georg Holzmann. Mehr als über Kopitz` Sperre regte sich Neuwieds Trainer Fred Carroll über eine andere Szene auf, als Kapitän Ladislav Strompf nach einem Stockschlag an der Lippe genäht werden musste und einen halben Zahn dabei verlor. Dieses Vergehen wurde nicht gehandet. Carroll: "Ich hatte neulich gelesen, die Schiedsrichter hätten sich beklagt, bei den Regelseminaren seien nur drei Trainer dagewesen. Heute hat man gesehen, es lohnt sich nicht da hinzugehen. Die Schiedsrichter pfeifen noch nicht einmal im gleichen Spiel nach einer klaren Linie." Ausgerechnet die fünfminütige Unterzahl brachte die Bären zurück ins Spiel. Carroll nahm eine Auszeit und schwor seine Spieler ein. "Ich habe der Mannschaft gesagt, wenn wir das überleben, sind wir wieder im Spiel." Das gelang eindrucksvoll. Mit einer ungeheuren Energieleistung drehten die Bären im Schlussabschnitt die Begegnung, hatten aber trotz jede Menge Pech im Abschluss auch das Glück, dass die Allgäuer mit ihren zahlreichen Breaks gegen die "Alles oder Nichts" spielenden Neuwieder zu großzügig umgingen. "Ich habe größten Respekt, wie diese Neuwieder Mannschaft nach dem 0:3 zurückgekommen ist. Das spricht für einen guten Mannschaftsgeist", staunte Georg Holzmann, dem keine Enttäuschung über den entgangenen Dreier anzumerken war. Fred Carroll verwies auf die personellen Probleme im Sturm. 59 Torschüsse seien abgegeben worden, davon rund 35 aus einer Distanz von drei bis Metern. "Florian Warkus hat super gehalten. Aber wir sind auf einem guten Weg." Ob auch der SC Mittelrhein-Neuwied mit der Hallenfrage auf guten einem Weg ist, wird sich in den nächsten Wochen vor allem durch die lokale Politik entscheiden. Dazu verkündete SCMN-Vorsitzenden Roland Schell im Namen des Vorstands nach der Begegnung eine Presseerklärung. Der Wortlaut: "Es wurden zwischenzeitlich Gespräche mit Vertretern der Stadt Neuwied sowie den städtischen Betrieben geführt. Es sind verschiedene Möglichkeiten einer Hallenübernahme angedacht worden und es wird nunmehr auch ein Wertermittlungsgutachten in Auftrag gegeben. Der SCM hat in den Gesprächen zum Ausdruck gebracht, dass alle Bemühungen unabdingbar mit einem wirtschaftlichen Nutzen aus dem Betrieb der Halle für den SCM verbunden sein müssen. Dies geht hin bis zur Bereitschaft des SCM die Halle zu betreiben. Der Vorstand bedankt sich ausdrücklich bei Herrn Oberbürgermeister Roth und der Verwaltung für die bisherigen Bemühungen und hofft, dass auch die Politik davon überzeugt werden kann, eine Lösung in der Hallenfrage anzustreben, um den Eissport generell in dieser Stadt zu erhalten. Ich bitte um Verständnis, dass zurzeit weitere Erklärungen nicht abgegeben werden können; wir werden zu gegebener Zeit weiter informieren." Tore: 0:1 (14.) Rudberg (Klundt), 0:2 (18.) Heinrichs (Baines - 4:4), 0:3 (26.) Baines (Pyka - 5:4), 1:3 (41.) Majer (5:4), 2:3 (43.) Kulczynski, 3:3 (57.) Gomow (Havlik), 3:4 (64.) Rudberg (Baines). Strafminuten: Neuwied 8 + 5 + Spieldauer gegen Kopitz, Kempten: 14. Schiedsrichter: Schummers. Zuschauer: 931. (lim)