Selber Wölfe sind Deutscher Oberligameister 20214:2 im fünften Finalspiel bei den Hannover Scorpions
Die Selber Wölfe machten hinten dich – kein Durchkommen für die Hannover Scorpions. (Foto: Manfred Schneider)
Als ihm der Pokal überreicht wurde, strahlte er, zu Recht, über das ganze Gesicht. Die Rede ist vom Trainer des neuen deutschen Oberligameisters, Herbert Hohenberger. Der Villacher, im Februar 2020 zu den Wölfen gekommen, brachte es fertig, mit seinen Netzwerken und Kontakten sowie seinen trainerischen Leistungen mitten in der Corona-Zeit seine Mannschaft zu einem echten Champion aufzuwerten. Wer in der Südgruppe Vizemeister wird und am Ende den Südmeister rauswirft, sich für das Finale qualifiziert und dann auch den Nordmeister mit 3:2 Siegen ausschaltet, ist zu Recht Meister und hat sich seinen Aufstieg redlich verdient.
Hohenberger, am Dienstag noch recht regungslos das 1:5 seiner Mannen auf der Bank beobachtend, hatte die richtigen Schlüsse für die Spiele vier und fünf gezogen. Er musste die beiden erste Blöcke der Scorpions neutralisieren und natürlich defensiv diszipliniert spielen. Die dritte Hoffnung war schließlich noch Torhüter Michel Weidekamp. Der 23-jährige Westfale, vor der Saison aus Halle gekommen, tat die Umstellung gut. In Spiel drei noch ein Nervenbündel, zeigte er auf einmal, was er draufhat und dass er auch ein Play-off-Monster sein kann. In den beiden letzten Spielen kam er auf eine Fangquote von 96,5 Prozent und stach damit sein Gegenüber, Brett Jaeger, zumindest was die Statistik angeht, aus. Jaeger allerdings tut man unrecht, wenn man ihm die 88,5 Prozent vom letzten Spiel negativ auslegt. Er hielt, was er halten konnte, hatte beim dritten Gegentor ausgesprochen Pech und war trotzdem ein sicherer Rückhalt für eine Mannschaft, die einfach offensiv agieren und Freiräume zulassen musste.
In der zweiten Drittelpause sagte Gast-Kommentator Marco Stichnoth: „Die Selber haben vier konstant starke Reihen.“ Genau da war der Haken für die Scorpions, denn ausgerechnet die vierte Selber Reihe, bestehend aus Schiener, Wenisch, Geisberger, Hechtl und Gelke produzierte gleich fünf der zu vergebenen zwölf Scorerpunkte, während die vierte Reihe der Scorpions leer ausging. Das war für die Hausherren nicht tragisch. Schlimmer schon eher, dass die Starstürmer der ersten beiden Reihen das Zielwasser in der Kabine vergessen hatten. Zwei Tore in 120 Minuten, das war ihnen während der Saison lediglich einmal im März passiert, als ihnen gleiche Malheur gegen Leipzig und Rostock unterlief. Am Sonntag kassierte die dritte Reihe der Scorpions alle möglichen sechs Scorerpunkte, wobei der wiedergenesene Christoph Kabitzky und Altmeister Christoph Koziol herausragten. Das war am Ende natürlich zu wenig und gerade auch deswegen hatten die Selber am Ende die Nase vorn.
Das Spiel präsentierte sich im ersten Drittel in zwei Varianten. In den ersten zehn Minuten hatten die Scorpions optisch die Nase vorn und gingen folgerichtig, wenn auch erst in der zwölften Minute in Führung, als Christoph Kabitzky einen Handgelenkschuss von der blauen Linie losließ und Christoph Koziol die Scheibe perfekt aus der Luft an Selbs Keeper Michel Weidekamp vorbeilotste. Eine verdiente Führung, die jedoch nur drei Minuten anhielt. Erst scheiterte Steven Deeg noch an Brett Jaeger, dann machte es Lukas Slavetinsky in Überzahl in der 16. Minute besser, wobei er nach perfekter Vorlage von Miculka eigentlich mehr Probleme hätte haben müssen, die Scheibe vorbeizuschießen. Richtig geschockt waren die Scorpions 20 Sekunden später, als Richard Gelke offiziell das 2:1 für Selb erzielte. Die Ehre gebührt eigentlich Fedor Kolupaylo, der die Scheibe mit dem Schienenbein über Brett Jaeger hinweg ins Tor beförderte. Jetzt waren die Hausherren geschockt und das merkte man dem Team über die nächsten 25 Spielminuten an. Der Wille war da, aber das Spiel wirkte gehemmt, man wollte viel und schaffte wenig. Richtig heftig wurde es sogar in der 32. Minute für den Nordmeister. Slavetinsky versuchte einen Pass entlang der Bande, Scorpions-Keeper Brett Jaeger wollte die Scheibe aufhalten und dann gab es eine Unwucht in der Bande. Der Puck prallte direkt vor das Tor, vor Richard Gelke, der das Spielgerät nur noch in das verwaiste Tor schieben brauchte. Zwei Gegentore der unmöglichen Art im wichtigsten Spiel der Saison. Das brachte die Nerven der Scorpions derart in Unordnung, dass die Selber jetzt das Geschehen beherrschten und am Ende auf 15:5 Torschüsse im zweiten Drittel kamen. Und doch hatten auch die Scorpions noch echte Torchancen. Kabitzky mit einem Bauerntrickversuch und Kolupaylo wenige Minuten später und immer hatte Selbs Zerberus Michael Weidekamp ein Körperteil im Weg. Jetzt konnte nur noch brachiale Gewalt und Marco Stichnoth bemerkte dann auch: „Jetzt muss das Team alles aus sich herausholen. Nur ein frühes Tor und alles kann kippen.“
Tatsächlich berannten die Scorpions mit der letzten verfügbaren Power das gegnerische Tor, versuchten 19 Torschüsse und hatten in der 51. Minute auch einmal etwas Glück, als Christoph Kabitzky hinter dem Tor von Weidekamp die Scheibe erhielt, blitzschnell schaltete und per Bauerntrick das 2:3 markierte. Jetzt waren die Scorpions alles nach vorne, aber die läuferisch und spielerisch beeindruckenden Selber konnten sich immer wieder befreien. 94 Sekunden vor Spielende nahm schließlich Scorpions-Coach Tobias Stolikowski seine letzte Option wahr, seinen Torhüter vom Eis und hatte Pech. Nicholas Miglio traf mit einem Empty-Netter zum 4:2-Endstand. Danach mussten die Selber noch 75 Sekunden überstehen, aber das war gegen jetzt aufgebende Gastgeber kein Problem mehr.