Riessersee auf dem Weg in die Abstiegsrunde

Selbst DEB-Sportdirektor Franz Reindl, der sich als alter Garmischer immer noch mit dem SC Riessersee verbunden fühlt, zeigte sich am Rande des Länderspiels gegen Kanada am Aschermittwoch hocherfreut: „Endlich mal eine gute Nachricht!“ Damit meinte er jedoch nicht unbedingt die mäßige Leistung seiner Nationalmannschaft im KönigPalast, sondern die Tatsache, dass der SCR am Vortag das wichtige Oberligaspiel in Stuttgart sicher mit 5:2 gewinnen konnte. Die Garmischer kletterten auf den fünften Platz nach vorne und das Erreichen der Meisterrunde war wieder zum Greifen nah.
Doch am letzten Wochenende folgten die Rückschläge: 1:2 nach überlegenem Spiel in Ravensburg und dann 2:3 zu Hause gegen Klostersee, beides direkte Konkurrenten um den Platz an der Sonne. Bei noch zwei ausstehenden Begegnungen und drei Punkten Rückstand auf Platz Sechs ist nun die Stimmung rund um die Zugspitze auf dem Nullpunkt.
Entsprechend waren die Wutausbrüche und Schuldzuweisungen der Verantwortlichen und der Fans: Geschäftsführer Bader kritisierte wohl nicht zu Unrecht die Zuschauer, die nur in geringer Anzahl (1249) zum „Schicksalsspiel“ gegen Klostersee gekommen waren und dann noch ihrer Mannschaft zumeist die Anfeuerung verweigert haben. Das passte den meisten Anhängern natürlich überhaupt nicht: Sie verwiesen auf die kläglichen Leistungen ihres Teams in den vergangenen Heimspielen und fühlten sich zu Unrecht beschimpft.
Doch auch Trainer Holzmann geriet wegen seiner Personalpolitik erneut in die Schusslinie. Hat er die richtigen Spieler geholt und setzt er auch die besten Spieler ein? Ist es für die Mannschaft die richtige Motivation, wenn immer nur der Klassenerhalt als Saisonziel vorgegeben wird?
Letzten Endes sind es jedoch die Spieler selbst, die für die derzeitige Misere hauptverantwortlich zeigen. Hat man gegen Klostersee, bei denen immerhin vier Stammverteidiger fehlten, wirklich mit hundertprozentigem Einsatz gespielt? Ist mancher aus dem Team (wie von Holzmann vermutet) eher mit der Abstiegs- als mit der Meisterrunde zufrieden, weil man sich da weniger anstrengen muss? Haben die Spieler die richtige Einstellung zu ihrem Job, wenn einige von ihnen nach dem Spiel in fröhlicher Runde im Cafe feiern, während sich die Fans wegen der Niederlagen grämen?
SCR-Boss Bader holt jedenfalls wieder einmal (zu spät?) die Rute heraus: „Alle kämpfen um neue Verträge für die kommende Saison. Jetzt können sie Charakter zeigen.“ Die Frage ist jedoch, ob es dazu angesichts der Tabellensituation nicht schon zu spät ist. In den entscheidenden Begegnungen gegen Ravensburg und Klostersee (eine reine Amateurmannschaft mit Mini-Etat, die es erstaunlicherweise bis zum vierten Platz geschafft hat) hätte man mit mehr Einsatz und Charakter den einen oder anderen Punkt erobern können. Nun kann man, neben der erwarteten Pflichtsiegen in Miesbach und gegen Füssen, nur noch auf mögliche Patzer der Konkurrenz hoffen. Der SCR hat durch eigene Nachlässigkeit das Gesetz des Handelns aus der Hand geben müssen. Und wenn kein Wunder geschieht, spielt man – diesmal wohl tatsächlich vor einer Geisterkulisse – statt gegen München und Rosenheim nun gegen Hügelsheim und Miesbach. (an)