Routinier Jens Hergt sichert Sieg bei den CrocodilesNeuwied gewinnt auch zweites Hamburg-Spiel
Sechs-Punkte-Wochenende für den EHC Neuwied: Die Bären schlugen nach dem 9:0-Kantersieg am Freitagabend beim Hamburger SV am Sonntag auch die Corcodiles Hamburg in deren Halle in Farmsen. Das 5:3 (2:1, 0:1, 3:1) bei kämpferisch stark aufspielenden Gastgebern war die erwartet schwere Partie.
„Auch wenn Ihr es mir nicht glauben werdet, ich habe es genauso erwartet“, sagte EHC-Trainer Craig Streu auf der Pressekonferenz nach dem Sieg bei den Crocos. Die Hamburger hatten sich phasenweise verwundert die Augen gerieben, wie gut das eigene und mit einem Kader von nur 13 Feldspielern angetretene Team gegen den Favoriten aus Rheinland-Pfalz mithalten konnte. „Mich hat das nicht überrascht. Du kannst eben nicht nach einem 9:0-Sieg denken, in zwei Tagen läuft es wieder genauso. Jedes Spiel ist anders.“ Und, wenn man es ohne EHC-Brille betrachtet, sind es doch auch genau solche Spiele, die den Reiz der neuen Oberliga Nord ausmachen. Die oft einseitigen Begegnungen aus der Vorsaison sind Geschichte. Wer nicht in jedem Spiel zu 100 Prozent bei der Sache ist, der kann schnell Punkte liegen lassen. Es spricht für die Qualität und die Einstellung der Bären, dass sie trotz eines Rückstands in der 56. Minute die Partie noch drehen konnten. Es spricht für die Liga, dass diese Partie vom Ergebnis her bei Weitem nicht so eindeutig war wie teilweise prophezeit. Und es spricht für die Bären, dass man die spielerische Überlegenheit und das deutliche Chancenplus am Ende für sich nutzen konnte.
In Farmsen vertraute Streu erstmals seit dessen Wechsel nach Neuwied Back-up-Goalie Marvin Haedelt. Ein Plan, den beide Keeper schon unter der Woche kannten – und der von jenem Weitblick zeugt, mit dem der Trainer beim EHC zu Werke geht. Dass Streu nicht schon beim Spiel gegen den HSV reagierte und Haedelt bei deutlicher Führung einwechselte, lag auf der Hand. Der erneut stark aufgelegte Linda sollte sich mit einem Shutout für seine Leistung belohnen – was er denn auch tat. Es war sein erster in der laufenden Saison. Am Sonntag dann durfte sich Haedelt beweisen. „Er hat seinen Teil zum Sieg beigetragen. Marvin braucht neben Training auch Spielzeit. Wir werden ihn brauchen in dieser Saison, dann muss er vorbereitet sein.“ Für die Crocodiles war das übrigens ein gewohntes Bild: „Meistens lassen die Gegner ihre Back-ups gegen uns spielen“, hieß es aus dem Lager der Hamburger.
Die Partie selbst schien schnell zugunsten der Bären zu laufen. Bereits nach 16 Sekunden traf Max Spöttel auf Vorarbeit von Josh Myers zum 1:0. Und während die Mitspieler noch mit dem Bad Nauheimer Förderlizenzspieler jubelten, eilte Brian Gibbons zum Linesman. Der Kapitän ließ sich den Puck geben – als Erinnerung für Spöttel an dessen erstes Tor im Neuwieder Dress.
Die Crocodiles fanden vor 209 Zuschauern, darunter 40 aus Neuwied, jedoch schnell eine Antwort: Markus Kankaanranta traf nur drei Minuten später zum Ausgleich. Zwar waren die Gäste in der Folge weiter spielbestimmend, Elmar Trautmann im Tor der Hamburger vereitelte aber selbst beste Chancen. Nur einmal traf der EHC noch im ersten Drittel: Stephan Fröhlich brachte Neuwied in doppelter Überzahl wieder in Führung (7.).
Im zweiten Drittel wurden die Verhältnisse auf dem Eis noch deutlicher: Die Bären schossen 21 Mal auf das gegnerische Tor, ohne jedoch einen weiteren Treffer zu markieren. Stärker im Abschluss präsentierten sich da die Crocos: Fabian Calovi sorgte in der 24. Spielminute für das 2:2. Bei diesem Spielstand wurden zum letzten Mal die Seiten gewechselt.
Im letzten Spielabschnitt wurde das Anrennen der Neuwieder endlich belohnt – es brauchte jedoch erst noch einen weiteren Weckruf der Gastgeber: Erneut versenkte Calovi die Scheibe im Netz, sein später Treffer zur ersten Hamburger Führung in der 56. Spielminute fühlte sich fast an wie eine Vorentscheidung. Zu viele Chancen hatte der EHC bis zu diesem Zeitpunkt liegengelassen. Doch dann hatte Streu eine Idee. Mit den Worten „Jens, das ist dein Wochenende“ schickte er Hergt an der Seite von Josh Rabbani und Stephan Fröhlich auf das Eis. Der Stürmer hatte beim 9:0 gegen den HSV am Freitagabend den Bann gebrochen und mit seinem wichtigen Treffer zum 1:0 den Sieg eingeleitet. Nun brauchte er nur 13 Sekunden, um am so wichtigen Ausgleichstreffer von Josh Rabbani (56.) beteiligt zu sein. In der Halle war zunächst fälschlicherweise Hergt als Torschütze angegeben worden. Erneut nur wenige Sekunden später wurde der Routinier dann zum Matchwinner, als er –28 Sekunden nach dem Ausgleich – das Game-Winning-Goal zum 4:3 machte (57.).
Den Sieg zum Greifen nahe musste der EHC kurz vor Schluss noch eine Unterzahlsituation überstehen. Schiedsrichter Tony Engelmann schickte Josh Myers in die Kühlbox. Der US-Boy muss auf dem Weg dorthin jedoch reklamiert haben – für den Außenstehenden nicht erkennbar. In „Hand gestoppten“ zwei Sekunden kassierte der Stürmer dafür zwei Zehn-Minuten-Strafe, was automatisch eine Spieldauer-Disziplinarstrafe bedeutete. Eine Situation, die mit einem Schuss Fingerspitzengefühl sicherlich auch anders hätte bewertet werden können. Selbst die Zeitnehmer mussten nachfragen, ob das nun eine oder zwei Zehn-Minuten-Strafen waren. Ärgerlich war für Streu jedoch nicht das Strafmaß, sondern der Auslöser. „Es gibt bei uns eine klare Regel“, sagte ein angefressener Trainer. „Außer mir redet niemand mit dem Schiedsrichter. Dann passiert sowas nicht.“
Den Sieg ließen sich die Bären trotz Unterzahl nicht nehmen, weil Kapitän Brian Gibbons bei einem Konter die Crocodiles-Verteidiger austanzte und platziert an Trautmann vorbei zum 5:3 in die Maschen traf (59.). „Trautmann war heute brutal gut“, lobte Streu den gegnerischen Goalie nach der Partie. „Hamburg war sehr stark und hat nie aufgegeben, Hut ab vor dieser Leistung. Ich bin zufrieden mit den drei Punkten, aber nicht happy. Unterm Strich fahren wir aber mit sechs Punkten im Gepäck aus Hamburg nach Hause. Das ist sehr gut.“