Hannover Scorpions drehen gegen 0:3-Rückstand gegen TilburgWie der Phönix aus der Asche
Dennis Schütt erzielt den entscheidenden Treffer für die Hannover Scorpions. (Foto: Manfred Schneider)
Der Start der Hausherren war noch recht verheißungsvoll gewesen. Die Scorpions wussten, dass der Titelverteidiger schlagbar ist, hatten beim 2:4 zwei Tage zuvor recht gut ausgesehen und wollten nun eine eventuelle Schwächeperiode der Trappers ausnutzen. Somit begannen die Scorpions recht offensiv, während die Tilburger großen Wert auf eine disziplinierte Abwehr legten. In der Folgezeit gab es ein munteres Spielchen zu sehen, wobei die Nervosität beider Seiten förmlich greifbar war. Keiner wollte den ersten Fehler machen und doch gab es genug Unzulänglichkeiten, die stellenweise in einer Fehlpassorgie gipfelten. Dazu waren die gegnerischen Spieler häufig die besten Mitspieler und so gab es genug Torchancen, nur auf beiden Seiten fehlte der Vollstrecker. Dazu zeigten beide Torhüter gute Leistungen und somit war das 0:0 nach den ersten 20 Minuten mehr als gerecht.
Das änderte sich im Mitteldrittel schlagartig. Die Tilburger gaben sofort Gas, schnürten die Scorpions bei numerischer Gleichheit im eigenen Drittel ein und das 1:0 für die Gäste war somit folgerichtig. Giovanni Vogelaar überwand Scorpions-Keeper Linda mit einem satten Diagonalschuss. Jetzt waren die Scorpions gefordert aber die Nervosität war weiterhin vorhanden. Bereits im Aufbauspiel hakte es gewaltig und im Mitteldrittel kam nicht die Unterstützung für die Spitzen, die diese gebraucht hätten. Zwar konnte der erste Block der Scorpions mit Bombis und Niddery immer wieder Breschen in die Trappers-Defensive schlagen aber bevor diese ausgenutzt werden konnten, waren die gelb gewandeten Gästeverteidiger immer rechtzeitig zur Stelle. Dann hatten die Scorpions auch noch Pech. Beim 2:0 für die Trappers versuchte Ivy van den Heuvel (28.) einen Schuss praktisch von der Torauslinie, Schütt bekam den Puck auf den Schläger und fälschte ihn unhaltbar für seinen Torwart ab. Mit dem 2:0 gaben sich die Niederländer jedoch noch nicht zufrieden. In der 34. Minute zelebrierte Parker Bowles förmlich das Tilburger 3:0, als er zwischen zwei Scorpions-Verteidiger hindurch tanzte und dann auch noch Linda locker ins Leere laufen ließ. Dieses Tor war fast alleine das Eintrittsgeld wert. Damit war eine Vorentscheidung längst gefallen, denn die Scorpions machten nicht den Eindruck, als ob das noch vorhandene Leben in ihnen reichen würde, um noch einmal richtig Druck zu machen. Man hatte den Eindruck, die Spieler würden sich auf die Sommerpause freuen, wobei man es ihnen nach so einer langen Saison auch nicht verdenken konnte.
Das dritte Drittel begann wie das letzte endete, mit Druck der Niederländer. Bereits nach zwanzig Sekunden hätte Kevin Bruijsten das 4:0 markieren müssen. Auch in der Folgezeit kamen die Scorpions nur gelegentlich mal über das Mitteldrittel und genau deswegen ist es nicht mit Worten zu fassen, was nach der 46. Minute passierte. Zunächst glaubten alle Anwesenden, dass die schwer arbeitenden Gastgeber auch mal Glück gehabt hätten. Bei einer Konfusion vor Trappers-Keeper Ian Meijerdres schaltete Sebastian Lehmann am schnellsten und verkürzte auf 1:3. Zwar wollten die jetzt wieder aufgewachten Scorpions mehr aber die Trappers stand sattelfest und hätten den Vorsprung vermutlich auch über die Zeit gebracht, wenn nicht der Kanadier Brock Montgomery entscheidend in die Partie eingegriffen hätte. Nicht als Torschütze oder Vorbereiter, sondern als blinder Checker, der sich Scorpions-Angreifer Thomas Pape mitten auf dem Eis ausgesucht hatte um diesen mit einem Check gegen den Kopf umblies. Dass die Aktion eine Fünf-Minuten-Strafe plus Spieldauer mit sich zog, wird man sich denken können und so war es dann auch. Der stellenweise sehr großzügig pfeifende Schiedsrichter Ruben Kapzan schickte Montgomery verdient unter die Dusche und diese fünf Minuten nutzten die Scorpions bereits nach siebzig Sekunden zum 2:3 Anschlusstor. Dennis Schütt machte seinen unglücklichen Fehler zum 0:2 mit seinem Treffer in der 52. Minute wieder gut. Obwohl noch vier Minuten Strafe übrig waren, standen die Niederländer danach recht gut und so musste Scorpions-Coach Dieter Reiß auf seine letzte Option zurückgreifen und seinen Keeper Linda aus dem Tor nehmen. Genau acht Sekunden brauchten jetzt seine sechs Feldspieler, dann lag die Scheibe dort wo sie hinsollte, nämlich im Kasten der Trappers. Sean Fischer hatte dafür gesorgt, das das Stadion tobte. Die Fans wollten natürlich mehr aber die Zeit bis zur Verlängerung war zu knapp.
Zwar ging es in der Overtime richtig zur Sache, aber fair und die Tilburger, die sich wiedergefunden hatten, waren in dieser Phase optisch überlegen, hatten aber das Zielwasser verlegt und konnten die Entscheidung nicht erzwingen. Somit ging es auch noch in das Penaltyschiessen und hier zeigten sich die Scorpions als echte Killer. Nachdem Schmid gescheitert war, trafen Fischer und Schütt, während bei den Trappers alle Schützen kläglich scheiterten.
Damit hatten die Scorpions einen unglaublichen Sieg errungen und müssen nun versuchen, am Freitag mit einem Sieg in Tilburg das Unmögliche wahr zu machen. Zuzutrauen wäre es ihnen.
Tilburgs Coach Bohuslav Subr: „Wir hatten es eigentlich im Griff und da klappte beim Gegner auf einmal alles und bei uns nichts. Das Foul von Montgomery habe ich nicht als solches gesehen aber man muss die Entscheidung der Schiedsrichter akzeptieren. Jetzt müssen wir am Freitag gewinnen, was nicht leicht sein wird aber machbar.“
Scorpions-Coach Dieter Reiß: „Da kann ich nur „Wow“ sagen. So etwas sieht man nicht alle Tage. Meine Mannschaft hat mit letzter Kraft das Ruder herumgerissen und was in der letzten halben Stunde passierte, ist nicht mehr erklärbar. Das ist Eishockey und deswegen kann man etwas enttäuscht sein, dass nur so wenige Zuschauer den Weg in die Halle fanden.“
Tore: 0:1 (21:08) Vogelaar (Nagtzaam, M. Bruijsten), 0:2 (28:00) van den Heuvel, 0:3 (33:17) Bowles (Vogelaar, de Ruijter), 1:3 (46:48) Lehmann (Schmid, Bombis), 2:3 (51:20) Schütt (Lehmann, Bombis), 3:3 (58:21) Fischer (Schütt, Bombis), 4:3 (80:00) Schütt (entscheidender Penalty). Strafen: Hannover 12, Tilburg 12 + 5 + Spieldauer (Montgomery). Zuschauer: 1710.