Hannover-Derby: Werbung fürs Eishockey geht an die ScorpionsHauchdünnes 4:3 vor ausverkauftem Haus

Die Hannover Scorpions (rote Trikots) gewannen mit 4:3 gegen die Hannover Indians. (Foto: Manfred Schneider)Die Hannover Scorpions (rote Trikots) gewannen mit 4:3 gegen die Hannover Indians. (Foto: Manfred Schneider)
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Eine Überraschung boten die Gäste, die nicht mit der etatmäßigen Nummer 1, Kevin Beech, antraten sondern mit Backup Patrick Golombek. Dazu Lenny Soccio, Trainer der Hannover Indians: „Nach sechs Spielen auf der Bank wollte ich mal wieder Golombek eine Möglichkeit geben. Unsere etatmäßige Nummer 1 ist und bleibt im Augenblick jedoch Beech.“ Eine klare Aussage und doch wird man sich Gedanken machen müssen, denn Beech zeigte zuletzt doch ein paar Schwächen und Golombek war diesmal ein starker Rückhalt für sein Team, verhinderte mehrfach einen Rückstand und hielt seine Equipe bis zum Schluss im Spiel. Das gleiche darf man natürlich auch über Christoph Mathis von den Scorpions sagen. Mathis rettete gleich bei drei Alleingängen und in der Schlussminute mit Abgeklärtheit und einer unglaublichen Reaktion die Punkte für die Mellendorfer.

Spieler des Tages wurde allerdings Robin Marek, der im 22. Saisonspiel sein zweites Tor erzielte – und das war gleich das „Game Winning Goal“. Bevor es jedoch soweit kam, mussten die Spezialisten ran. Beide Mannschaften erzielten die ersten vier Tore komplett in Überzahl, wobei zwar die Effizienz der Scorpions weniger überraschte als vielmehr die der Indians. Die Scorpions liegen nach diesem Spiel bei einer starken Powerplayquote von 33,7 Prozent, während sich die Indians von 14,7 auf 16,5 Prozent verbesserten. Während die Trainer also über die Powerplayquote zufrieden sein konnten, zeigten beide Mannschaften im Penaltykilling mit je 60 Prozent unterirdische Leistungen. Damit wird man im Frühling, wenn die Play-offs gegen den Süden anstehen, nur wenig Chancen haben und das war vermutlich auch der Grund, warum Indians-Trainer Soccio nach der Begegnung grantig wirkte. Ihm wird es gestunken haben, dass die Partie am Ende mit 3:4 verloren ging, denn lange war es nicht mehr so leicht, in Mellendorf an Punkte zu gelangen.

Als bestes Beispiel für diese These ist ausgerechnet das erste Drittel bestens geeignet. Zwar war die Scorpions immer wieder optisch das wirkungsvollere Team und am Ende der ersten zwanzig Minuten führten sie auch standesgemäß 1:0, aber sie hätten sich nicht wundern dürfen, wenn die Indians mit einer Führung in die Kabine gegangen wären. Morczinietz (10.) und Norris (15.) tauchten mutterseelenallein vor Mathis auf und dieser musste noch nicht einmal sein ganzes Können aufrufen, um die Alleingänge zu stoppen. Gerade bei einem Alt-Internationalen wie Morczinietz hätte man an dieser Stelle etwas mehr Abgezocktheit positiv empfunden. Stattdessen traf Ex-Indian Sebastian Lehmann (19.), als dieser in einer Überzahlsituation vor dem Tor am schnellsten schaltete und Golombek überwand. Als es nach der ersten Pause nach 69 Sekunden wieder im Indians-Kasten klingelte, diesmal ließ Schütt aus kurzer Entfernung Golombek keine Chance, da schien die Partie wie häufiger in den letzten Jahren bereits entschieden, aber die Indians scheinen in diesem Jahr durchaus aus einem anderen Holz geschnitzt.

Im dritten Powerplay zeigten sie endlich Vollstreckerqualitäten. Nachdem Bacek noch am Pfosten gescheitert war, bekam Pohanka die Scheibe und es stand nur noch 1:2. Das focht die Scorpions jedoch nicht an. Diese versuchten nach einigen Minuten, das Spiel an sich zu reißen, und spielten stellenweise Powerplay bei numerischer Gleichheit. Ausgerechnet als dieser Druck etwas nachließ fiel das 3:1, selbstverständlich wieder im Powerplay und der Torschütze war der Spezialist schlechthin, Patrick Schmid. Gegen dessen waffenscheinpflichtigen Schuss war Golombek machtlos. Die Antwort der Indians kam sofort, war aber glücklich. Andreas Morczinietz versuchte von der blauen Linie einen Handgelenkschuss und der fand zur Überraschung aller den Weg zum 2:3 ins Tor.

Im dritten Drittel versuchten die Scorpions mit aller Macht, das schnelle 4:2 zu erzielen, konnten jedoch nur wenig Akzente setzen und hatten auch einmal unfassbares Pech. In der 44. Minute machte Niddery alles richtig, als er einen Pass von Bombis direkt nahm, aber wie Golombek die Scheibe noch von der Linie kratzte, wird wohl sein Geheimnis sein bleiben. Auf alle Fälle eine Save, wie man ihn auch in der DEL nicht alle Tage sieht. Zwei Minuten später waren auch die Künste Golombeks nicht ausreichend, als die Scorpions sich durchspielten, Wilkins Robin Marek bediente und dieser eiskalt zum 4:2 traf.

Schon zweimal hatten die Indians in diesem Spiel einen Zwei-Tore-Rückstand schnell wieder reduziert und auch diesmal klappte es. Nachdem Norris noch hauchdünn die Ergebniskosmetik verpasste, schaffte dies eine Minute später Andreas Morczinietz. Wiederum im Powerplay kombinierten sich  Norris und Pohanka durch, bedienten den Alt-Internationalen und dieser traf zum 3:4. Da im Anschluss nicht viel passierte, musste die letzte Minute entscheiden und da ging es noch einmal hoch her. 53 Sekunden vor Schluss nahm Indians-Coach Soccio seinen Torhüter vom Eis und in den letzten Sekunden hatten Viktor Knaub und Robert Peleikis noch einmal dicke Ausgleichschancen, aber sie vergaben und am Ende hatten die Scorpions hauchdünn die Nase vorn.

Die Scorpions-Fans brachten es mit einem Banner im Nachhinein auf den Punkt: „Bauer schlägt Turm“. Aber wer Schach kennt weiß, dass ein Turm erst am Ende eines Spiels wirklich geschlagen wird. Auf alle Fälle durften die anwesenden Fans ein Spiel sehen, dass von der Dramatik und den spannungsgeladenen Situationen fast schon Zweitligamaß hatte. Lediglich in der Technik und im läuferischen Bereich mangelte es beiden Kontrahenten leicht.

Scorpions-Coach Dieter Reiß: „Es war hochdramatisch. Wir haben verdient gewonnen, aber auch glücklich. Die Indians waren verflucht stark und wir mussten schon einiges an Glück abrufen.  Insgesamt war es eine Werbung für den Eishockeysport.“

Indians-Coach Lenny Soccio: „Man braucht eine volle Mannschaft, um in solchen Spielen zu siegen und die hatten wir leider nicht immer. Golombek hat ein gutes Spiel gezeigt, ist aber aktuell nur die Nummer 2.“

Tore: 1:0 (18:39) Lehmann (Bombis, Wilkins/5-4), 2:0 (21:09) Schütt (Schmid, Lehmann/5-4), 2:1 (22:05) Pohanka (Bacek, Morczinietz/5-4), 3:1 (36:39) Schmid (Schütt, Bombis/5-4), 3:2 (37:22) Morczinietz (Norris), 4:2 (47:38) Marek (Wilkins, Niddery), 4:3 (50:12) Morczinietz (Pohanka, Norris/5-4). Strafen: Hannover Scorpions 14 + 10 (Wilkins), Hannover Indians 14. Zuschauer: 3300 (ausverkauft).


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