Crocodiles Hamburg überraschen beim 5:4 die Hannover ScorpionsErste Heimniederlage in dieser Saison

Dieter Reiß: „Das war eine bittere Niederlage. Wir waren eigentlich stärker aber uns fehlte der letzte Biss. Wir haben uns geweigert, Dinge zu tun die eigentlich selbstverständlich sind.“ Das hörte sich so an, als wenn auf die Spieler eine harte Woche zukommt, denn so etwas ist man von Dieter Reiß nicht gewohnt.
Die Scorpions, die schon am letzten Sonntag beim 3:8 in Tilburg kräftig durchgeschüttelt wurden, wollten dieses Lapsus unbedingt wieder gut machen. Das merkte man vom Anfang bis zum Ende aber es fehlte immer wieder die Präzision, die Leichtigkeit, die vor der Deutschland-Cup-Pause vorhanden war. Die Gäste wussten um ihre schwere Aufgabe. Die elftschwächste Abwehr und dann die Scorpions mit ihrem Kanonensturm. Da gab es für Crocodiles-Trainer Jacek Plachta nur eine Devise, die dieser wie folgt formulierte: „Wenn man hier erfolgreich sein will, muss man diszipliniert sein und auch mal Glück haben. Unser Ziel war es, die beiden ersten Sturmreihen des Gegners soweit wie möglich zu neutralisieren. Das haben wir geschafft und dazu kam, dass beide Keeper exzellent gehalten haben und uns am Leben hielten.“
Tatsächlich zeigten beide Hamburger Keeper, Niklas Zoschke und Kai Kristian, dass sie besseres Oberligaformat haben und sich die Crocodiles auf dieser Teamposition keine Gedanken machen müssen. Aber warum zwei Torhüter im Spiel? Der Grund war, dass beim 3:2 der Torschütze Patrick Schmid sehr unglücklich mit Niklas Zoschke zusammenprallte und dieser sich mindestens das Knie verdrehte. Ob mehr passiert ist, konnten die Hamburger Verantwortlichen nach dem Spiel noch nicht mitteilen. Danach kam Kai Kristian ins Spiel und dieser zeigte eine beeindruckende Leistung. Kristian definierte das Wort „Ruhepol“ neu und rettete seiner Mannschaft mit seinen Künsten die drei Punkte.
Der zweite Grund für den Hamburger Erfolg lag im Zusammenspiel des ersten Blockes begründet. Brad McGowan, Josh Mitchell und Jake Ustorf kamen zusammen auf neun Punkte (2 Tore und 7 Assists) und damit bei 60 Prozent der gesamten Hamburger Ausbeute. Die lag im Gegensatz zu den Scorpions, wo das erfolgsverwöhnte Trio Bombis, Schmid und Niddery ganze vier Punkte einfahren konnte.
Ein weiterer Aspekt war das Ausbleiben von spielentscheidenden Situationen durch die Special Teams, da beide Mannschaften extrem fair miteinander umgingen. Vielleicht auch aus Vorsicht, standen doch vor dem Spiel die Scorpions bei einer Erfolgsquote von 30 Prozent, die Hamburger bei knapp 27 Prozent. Am Ende hatten zwar beide je eine Tageserfolgsquote von 50 Prozent aufzuweisen aber beide eben auch nur 50 Prozent beim Penaltykilling.
Im ersten Drittel versuchten die Scorpions zwar von Anfang an das gegnerische Tor unter Druck zu setzen aber schon beim Aufbauspiel hakte es und die cleveren Hamburger, die meistens mit drei Mann an der eigenen blauen Linie die Gegner erwarteten, konnten gerade im ersten Drittel den Gegner meistens vom Tor fernhalten. So blieb es bis zur 15. Minute beim 0:0. Dann hatten die Gastgeber Glück, als Bombis Patrick Schmid im Slot bedienen konnte und dieser das 1:0 für sich gutschreiben lassen konnte. Ob das Tor wirklich von ihm erzielt worden war, konnte man nicht feststellen, denn es sah ziemlich nach einem Eigentor aus. Die Crocodiles nahmen jedoch das Ergebnis nicht ernst. Der effektive erste Block wurde von der Scorpions nicht ernst genommen und dieser passte sich gekonnt bis vor das Tor von Mathis und schließlich erzielte Lennart Palausch den Ausgleich.
Im Mitteldrittel ein ähnliches Bild wie im ersten Drittel. Jetzt versuchten die Scorpions noch schneller zu spielen und als schon in der 24. Minute das 2:1 durch Goran Pantic fiel, dann glaubten viele im Stadion, immerhin hatten 1126 Zuschauer den Weg in die Eishalle gefunden, dass das schwierigste Stück Arbeit nun geschafft war. Pustekuchen, denn die psychisch starken Crocodiles schafften wiederum den schnellen Return, kamen nur 100 Sekunden nach dem Rückstand zum erneuten Ausgleich und wieder mit einer Kombination wie beim 1:1, an deren Ende der Torschütze, in diesem Fall Aaron Reinig das leere Tor vor sich hatte. Der Jubel der Gästefans hatte sich noch nicht richtig gelegt, da führten die Scorpions zum dritten Mal. Wilkens hatte Schmid vor Crocodiles-Keeper Zoschke bedient, und dieser rutschte in den Torhüter hinein, traf dabei zum 3:2. Ein unglückliches Tor, von dem Crocodiles-Coach Plachta aber fair sagte: „Das war Pech. Die Scheibe war wohl noch spielbar und dann gilt das Tor.“
Schade nur, dass der bis dahin gut spielende Zoschke von Kai Kristian ersetzt werden musste. Der eine hat jetzt Knieprobleme, der andere hat sie schon länger und hätte eigentlich heute noch pausieren müssen. Dazu noch einmal Plachta: „Ich habe heute früh Kai gefragt, ob er spielen kann. Er bejahte, traute sich aber kein volles Spiel zu. Dann musste er trotzdem ran und er hat seine Sache perfekt gemacht.“
Die Hamburger jedenfalls zeigten sich unbeeindruckt, spielten ihren Stiefel weiter und hatten in der 33. Minute Glück, als Mitchell sich durchtankte und dann perfekt nicht den Mann im Slot suchte sondern zurückpasste auf Brian Bölke und der Berliner mit dem amerikanischen Namen wuchtete die Scheibe am chancenlosen Mathis vorbei in die Maschen.
Der Start in die letzten 20 Minuten begann mit einem Schock für die Scorpions. Beim ersten Gegenangriff nach knapp vierzig Sekunden lagen sie erstmals zurück. Wieder kombinierte sich der erste Hamburger Sturm durch die gegnerische Defensive und wieder stand am Ende, diesmal Brad McGowan, ein Hamburger völlig frei vor dem leeren gegnerischen Tor. Die Gäste führten 4:3, konnten sich aber nur vier Minuten an dem Spielstand erfreuen. Chad Niddery, heute etwas unglücklich agierend, konnte endlich einmal seine Sprintstärke ausspielen, bediente mit einem Querpass Marius Garten und gegen dessen Schuss aus der Nahdistanz war Hamburgs Kai Kristian chancenlos. Jetzt schien die Zeit reif für den Hannoveraner Entscheidungstreffer aber die Hamburger, die weiterhin selbstbewusst und cool aufspielten, hatten noch eine Überraschung parat. Im letzten Powerplay des Tages zeigten sie noch einmal ihre technische Stärke, spielten die Scorpions und deren Keeper aus und beförderten die Scheibe zum entscheidenden 5:4 ins Netz. Jetzt waren immer noch 13 Minuten zu spielen aber die Crocodiles ließen nichts mehr anbrennen, wobei sie in den letzten zwei Minuten, vor allem als Scorpions-Coach Reiß auch noch seinen Torhüter aus seinem Kasten herausbeordert hatte, sich die verrücktesten Szenen abspielten.
Am Ende blieb es beim Hamburger 5:4, der in die Kategorie „verdient“ eingeordnet werden muss. Zwar hatten die Elbestädter eine Menge Glück, aber sie haben sich die Punkte auch mit großem Engagement und starker spielerischer Disziplin verdient. Die Scorpions waren nicht so schlecht, wie man es dem Ergebnis nach glauben mag. Sie waren einfach nicht bereit und müssen wieder lernen, den Sieg sich nicht zu erspielen sondern zu erkämpfen.
Tore: 1:0 (15:31) Schmid (Bombis, Wilkens), 1:1 (16:48) Palausch (Israel, Mitchell), 2:1 (23:11) Pantic (Koziol), 2:2 (24:56) Reinig (McGowan, Israel), 3:2 (26:01) Schmid (Wilkens, Schütt/5-4), 3:3 (32:55) Bölke (Mitchell, Ustorf), 3:4 (40:54) McGowan (Mitchell, Ustorf), 4:4 (44:42) Garten (Niddery, Pantic), 4:5 (46:32) McGowan (Ustorf, Lascheit/5-4). Strafen: Hannover 4, Hamburg 4. Zuschauer: 1126.