München: Ein Event und ein richtiges Eishockeyspiel
Sonntagnachmittag, 16.30 Uhr, Eissporthalle München: Die beiden Mannschaften betreten das Eis. Drei Kamerateams und rund zwanzig Fotografen werden aktiv und verfolgen die Spieler auf Schritt und Tritt. Doch die Fans, nur wenige Hundert an der Zahl, nehmen davon kaum Notiz. Was ist da los? Es ist ein Event.
Zwei Dutzend mehr oder weniger prominente Zeitgenossen haben sich für einen guten Zweck in die Eishockeykluft gezwängt, um zugunsten der Felix-Burda-Stiftung ihre eisläuferischen Künste zu zeigen. Ehemaligen Nationalspielern wie Harald Birk oder Franz Reindl fiel dies naturgemäß wesentlich leichter als Schauspielern wie Maria Furtwängler, Susanne Fröhlich, Erol Sander oder Horst Kummeth.
Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb hatten die Zuschauer ihren Spaß. Schließlich sieht man nicht alle Tage, wie der Hausherr persönlich, EHC-Boss Jürgen Bochanski, souverän einen Penalty verwandelt. Oder wie SAT1-Quotenstar Alexander Hold einen neuen Spielertyp kreiert, den Eishockeylibero. Wie einst Franz Beckenbauer den eigenen Strafraum, so verteidigte der Fernsehrichter standhaft die blaue Linie gegen wütende gegnerische Angriffe. Und als Tatort-Kommissarin Maria Furtwängler den ersten Penalty ihres Lebens im Netz versenkt hatte, waren alle zufrieden: Die Akteure hatten sich auf zumeist ungewohntem Terrain achtbar geschlagen, Organisator und EHC-Pressesprecher Carsten Zehm erlitt doch keinen Nervenzusammenbruch, obwohl es zeitweise so ausgesehen hatte, und Sponsor Danone zahlte schließlich 6000 Euro für die Stiftung.
EHC-Finanzvorstand Aidelsburger lehnte während des Spiels teils amüsiert, teils nachdenklich an der Bande und stellte die Frage, „ob das nun der Event ist, den die Zuschauer heutzutage sehen wollen.“ Die Antwort gab er gleich selbst: „Das Promispiel war sicher recht lustig, aber die Fans kann man wohl in erster Linie mit gutem, erfolgreichen Sport locken. Deshalb wollen wir auch unbedingt aufsteigen.“
Was er damit meinte, konnten die dann immerhin 1600 Fans, nur noch wenige Fotografen und kein einziges Fernsehteam mehr zwei Stunden später begutachten. Das Meisterrundenspiel gegen Leipzig stand nicht nur auf hohem Niveau, es war auch an Spannung kaum mehr zu überbieten. Das Team des Gastgebers, wieder mit vier Sturmreihen angetreten, wollte unbedingt den ersten Platz der Gruppe erreichen und legte entsprechend los. Mit schnellen, durchdachten Angriffen wurde das Gästetor unter Beschuss genommen, und so war das erste Tor nur noch eine Frage der Zeit: Fabian von Schilcher traf in der 14. Minute. Trotz vieler Chancen auf beiden Seiten blieb es bis Mitte des zweiten Drittels bei diesem Ergebnis. Dann trat völlig unvermittelt Schiedsrichter Breiter – ein besonderer „Liebling“ der Münchner Fans – auf den Plan. Innerhalb kürzerster Zeit bedachte er den EHC mit immerhin 18 – wohl meist unberechtigten - Strafminuten, was die routinierten Gäste äußerst dankbar zur Kenntnis nahmen: Plötzlich führten sie mit 3:1.
Doch die Münchner ließen sich davon nur kurz irritieren und starteten eine vehemente Aufholjagd, die mit zwei Toren (erneut von Schilcher und Leahy) belohnt wurde. Die anschließende Verlängerung brachte kein weiteres Tor, sodass das Penaltyschießen entscheiden musste. Hier waren die Sachsen die glücklicheren und verwandelten den 16. Strafschuss, der ihnen schließlich zwei Punkte einbrachte.
Interimstrainer Winkler war nach dem Spiel trotz des doppelten Punktverlustes zufrieden. Er sprach von dummen Strafzeiten, die sein Team aus dem Konzept gebracht hatten. Und er lobte den Kampfgeist seiner Mannen: „Wir haben jetzt dreimal hintereinander einen Rückstand aufgeholt, was mich sehr zufrieden macht“. Ein Sonderlob ging an Dennis Hipke, der nach zwei verwandelten Penaltys der Gäste Stammtorwart Vollmer abgelöst hat und hervorragend hielt.
Interessantes am Rande: Teamchef Gary Prior übernimmt zwar an der Bande das Kommando, bei der Pressekonferenz überlässt er aber lieber dem medienerfahrenen Manager das Wort.
Bereits am Dienstag muss der EHC München zum letzten Spiel der Meisterrunde beim Angstgegner Klostersee antreten. Dort wird dann, genauso wie beim sächsischen Derby Leipzig gegen Dresden, über die Playoffplätze entschieden. Der EHC-Vorstand hätte als Gegner am liebsten den alten Rivalen aus Rosenheim, möglichst sogar in fünf Spielen. Dies verspräche drei gut besuchte Heimspiele und einen warmen Regen für die Kasse. Ravensburg wäre als Gegner auch noch akzeptiert, während man möglichst nicht auf Neuwied treffen möchte. Eine weite Anreise und wenig Zuschauer wären dann garantiert. Doch wie heißt es so schön: Der Sport ist kein Wunschkonzert. Zum Glück kann man sich die Gegner noch nicht aussuchen.