Jung und schon am Ende – Bayreuth Tigers sind Schlusslicht der Oberliga

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Ein Viertel der Punkterunde in der Eishockey-Oberliga Nord-Ost ist gespielt und der Blick auf die Tabelle löst bei den Fans der Bayreuth Tigers wahrlich kein Hochgefühl aus. Gegen jede Mannschaft wurde bereits einmal gespielt, und der ESV findet sich am unteren Ende der Tabelle wieder. Die Tigers sind das Schlusslicht der Liga – mit nur zwei Siegen aus zehn Spielen. Doch zum Trübsal blasen ist es noch eindeutig zu früh: Neun Punkte (bei einem Spiel weniger) trennen die Mannschaft von Platz 6, den Trainer Joe West als Saisonziel ausgegeben hatte. 30 Partien stehen noch aus.

Dennoch sind die Fans beunruhigt, zweifeln mitunter an der Stärke des Teams. Doch ein genauer Blick auf die Verhältnisse rückt übertriebene Hoffnungen gerade: Noch im Sommer stand der ESV eigentlich mit beiden Beinen fest in der Pleite, nur ein Kraftakt sicherte die Lizenz für diese Saison. Der Kader wurde nicht nur punktuell neu besetzt, sondern runderneuert. Die Mannschaft zählt mittlerweile zu den jüngsten Teams der Liga.

Fünf junge Eigengewächse kann Joe West einsetzen – ein kompletter Block aus Jugendspielern. Kein anderer Verein der Oberliga leistet sich so viel eigene Jugend auf dem Eis.

Der ESV-Vorstand setzt auf den Nachwuchs. Trainer Joe West wurde gezielt ausgesucht, weil man sich von ihm erwartete, die Jugend einzubinden. Schon in Hannover hatte West als Hospitant sich freiwillig um den Nachwuchs gekümmert, bei seinen Stationen als Co-Trainer hatte er immer wieder mit den jungen Talenten zu tun. Auch in Bayreuth versucht er sie – wenn möglich – einzubinden. Der Trainer scheut den Gang zu den Junioren nicht und schaut bereits nach vorne: Zwei neue Namen hat er sich schon notiert, sie könnten in der nächsten Saison ihre Chancen bekommen.

So wie andere bereits in dieser Spielzeit. „Einen Matthias Gundel hat man vor kurzem noch verpönt“, erinnert sich Vorsitzender Karsten Kamper. „Aber er fällt mit seiner Leistung keineswegs ab.“ Gundels Spiel ist anzumerken, dass er seine Chance nutzen will. Philipp Sintenis stieg schon unter Trainer Doug Irwin zur Alternative auf und auch Irwins Nachfolger Joe West schenkt ihm oft sein Vertrauen. Sebastian Mayer hatte den Sprung in die erste Mannschaft schon vor zwei Jahren einmal geschafft, wurde dann aber wieder aussortiert. Nun kann er zeigen, dass er Talent besitzt. Und die Weichen für die Zukunft sind auch schon gestellt: „Stephan Schmidt ist sozusagen im Probejahr. Er könnte nächstes Jahr was werden“, blickt Kamper voraus.

Natürlich hat der harte Schnitt im Mannschaftsgefüge mitunter finanzielle Ursachen. Die jungen Eigengewächse belasten den Etat bei weitem nicht so sehr wie teure Transfers, allerdings muss der Verein viel Geld in die Nachwuchsarbeit investieren. Diese Summen sind Teil des 500.000-Euro-Etats der Tigers. Aber es lohnt sich, stellt der ESV-Vorsitzende fest. 150 Nachwuchskräfte spielen in den Jugendmannschaften des Vereins, immer öfter stoßen neue Kräfte von anderen Vereinen der Umgebung hinzu. Warum? „Die jungen Spieler müssen ein Ziel haben“, weiß Kamper. Und dieses Ziel ist, einmal in der ersten Mannschaft spielen zu dürfen. In Bayreuth, so wird deutlich, ist das durchaus möglich. So steigt die Motivation. Das zeigt sich auch auf dem Eis, denn immer weniger haben Bayreuths Nachwuchskräfte Angst vor großen Namen in den anderen Mannschaften. Und dass man sich auch langfristig als Bayreuther Eigengewächs in der Liga etablieren kann, zeigt das Beispiel Florian Müller. Er ist heute Kapitän der Tigers.

Auch andere junge Akteure, die nicht dem eigenen Nachwuchs entstammen, haben sich ihre Meriten bereits verdient. Die beiden Torhüter Dennis Endras und Benjamin Voigt haben mitunter beeindruckende Leistungen gebracht, Stürmer Jan Barta schoss gegen Hannovers Super-Goalie Roman Kondelik gleich zwei Tore. Und noch einen erwähnt Kamper ganz ausdrücklich: Sebastian Stoyan. „Ich bin froh, dass wir ihn haben.“

Natürlich ist die oberfränkische Jugendlichkeit auch ein Stück Standortnachteil, wenn es in den Vergleich mit anderen großen Oberligamannschaften geht. Die Erfahrung fehlt und führt zu Fehlern; und Fehler führen zu Toren – ein Grund, warum die Tigers noch nicht so recht in Tritt gekommen sind. Dafür stimmt aber der Mannschaftsgeist, den andere Teams bereits wieder verloren haben. Lagerbildung ist beim ESV kein Thema. Neuzugang Tom O’Grady, der gut Deutsch sprechende Kanadier, ist schon nach wenigen Tagen das Bindeglied zwischen den nordamerikanischen Spielern und den deutschen Akteuren.

Was dem Team nun noch fehlt, ist die Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor und die Konstanz in der Abwehr. Nur mit voller Konzentration ist die fehlende Erfahrung gegenüber anderen Mannschaften zu kompensieren. Aber Kamper ist sicher, dass Joe Wests Saisonziel noch erreichbar ist: „Wir werden um den sechsten Platz spielen.“ Dazu wird es noch Veränderungen in der Abwehr geben müssen, „mindestens ein Verteidiger“ wird höchstwahrscheinlich noch nach Bayreuth kommen. So will man die Weichen stellen, um in der Tabelle wieder ein bisschen nach oben zu klettern. Wenn das gelingt, wird sich auch die Miene der Fans schnell wieder aufhellen. (Ingo Schorlemmer)


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