Garmisch wehrte sich tapfer - Erlösung erst in der Overtime
In der schnellsten Mannschaftssportart der Welt Ergebnisse vorherzusagen, ist bisweilen ein sehr schwieriges Unterfangen. Wer hätte beim Gastspiel des SC Riessersee in München auch nur einen Cent auf einen Punktgewinn der Werdenfelser gesetzt. Selbst beim eigenen Anhang war die Zuversicht ob der letzten Resultate verschwindend gering. Nur die Spieler selbst schienen diesem Selbstverständnis einer Niederlage trotzen zu wollen. Mit einer ebenso engagierten wie disziplinierten Darbietung, dazu einem glänzend haltenden Chris King im Tor, trotzte die Mannschaft von Schorsch Holzmann dem Tabellenführer einen Punkt ab. Zurecht heimsten die Garmischer nach der Partie ein Lob von ihrem Trainer ein. "Ich habe auswärts selten so ein gutes Spiel meiner Mannschaft gesehen", urteilte Holzmann. Einem Shorthander von T.J.Guidarelli Mitte des ersten Abschnitts, liefen die Hausherren bis zehn Minuten vor Spielende nach. Kapitän von Schilcher war es vorbehalten, die langsam aufkommende Resignation beim Publikum schlagartig beiseite zu fegen. Für den Siegtreffer reichte es in der regulären Spielzeit allerdings nicht mehr. Den besorgte Pete Brearley noch in der ersten Minute der Overtime.
Einiges war anders, als beim ersten Aufeinandertreffen beider Teams in München. Die Gäste waren plötzlich nur noch Achter der Tabelle. Dies alleine begründet freilich nicht einen Zuschauerrückgang von knapp fünfzig Prozent im Vergleich zum Spiel im November. Keine 1400 Besucher fanden sich am Oberwiesenfeld ein. Wohl auch, weil gleichzeitig der TSV 1860 seine Zweitligapartie austrug und manch Einer die frostigen Temperaturen lieber in den eigenen vier Wänden überdauern wollte. Die Gäste - ohne Noel-Bernier und Waibel angetreten - waren vom ersten Bully weg auf Sicherung des eigenen Gehäuses bedacht. München legte sogleich ein ansprechendes Tempo vor, hatte erste Möglichkeiten. Doch wer das Tor des SCR auch unter Beschuss nahm, ausnahmslos stand ihm mit Chris King ein unnachgiebiger Spielverderber im Weg. Als Thomas Fischer nach zehn Minuten die erste Strafe der Werdenfelser absaß, versuchte der EHC im Powerplay zum Erfolg zu kommen. Dummerweise vertändelte Chris Gustafson die Scheibe nahe der blauen Linie, was dem lauernden T.J. Guidarelli die Möglichkeit zum "Fast-Break" eröffnete. Der Topscorer auf Seiten der Blauen ließ Jochen Vollmer keine Abwehrmöglichkeit, sorgte für die überraschende Führung. Der Gegentreffer zeigte Wirkung beim Tabellenführer. Weitaus weniger druckvoll als zuvor wurde jetzt agiert, schwer tat sich die Kink-Truppe beim Vortragen ihrer Angriffe. Kink selbst wusste nach der Begegnung: "Die standen nach der Führung massiv mit vier Leuten an der Blauen. Da hätten wir vielleicht öfter tief spielen müssen, anstatt es mit spielerischen Mitteln zu versuchen."
Auch in Abschnitt zwei fanden die Münchner Akteure kein probates Mittel gegen die dicht gestaffelte SCR-Defensive einschließlich ihres starken Rückhalts. Womöglich hätte die Partie aber doch eine frühere Wendung genommen, hätte sich Christian Oswald, der Unparteiische, bei einer Szene nicht gravierend im Strafmaß geirrt. Als Tim Leahy nach einer Aktion mit dem hohen Stock blutend am Boden lag, war die ausgesprochene kleine Strafe für Hubbi Buchwieser zweifelsohne eine falsche, weil zu nachsichtige Entscheidung. Die Begegnung hätte für den SCR-Heissporn beendet sein müssen. So aber ruhten die Hoffnungen der Münchner einzig auf den letzten zwanzig Minuten. Hier fand das Team auch tatsächlich wieder zu einem ansehnlichen Angriffsspiel, an der Abschlussschwäche änderte sich jedoch zunächst nichts. Erst eine gelungene Aktion von Thomas Vogl leitete den Ausgleich ein. Der Verteidiger behauptete die Scheibe an der blauen Linie und bediente den nachrückenden Fabian von Schilcher. Mit einem humorlosen Kracher beendete der Kapitän die 2,5 Drittel währende Torflaute. Auch der fehlerlose King war hierbei ohne Abwehrmöglichkeit. Leicht hätte der Spitzenreiter das Spiel nunmehr entscheiden können. Doch Beppi Eckmair zielte haarscharf am langen Pfosten vorbei und auch Pete Brearley konnte King aus drei Metern freistehend nicht überwinden. Brearley machte indes seinen Fauxpas schnell wieder wett. In der ersten Minute der Verlängerung verwertete der 29jährige Kanadier einen Abpraller King´s zum letztendlich verdienten Sieg. Es war der 15. Saisontreffer von Pete Brearley, zu dem Alex Leinsle im Fallen eine sehenswerte Vorarbeit leistete. Der SC Riessersee erzielte - wie zuletzt bereits zweimal - erneut nur einen einzigen Treffer, dieser reichte aber zu einem wichtigen Punktgewinn. Oder wie Schorsch Holzmann es ausdrückte: "Es war ein wichtiger Start in die verbleibenden acht Spiele". (orab)
Tore:
0:1 (12:09) Guidarelli (4-5), 1:1 (49:13) v.Schilcher (Th.Vogl, Jann), 2:1 (60:57) Brearley (Leinsle, Burman)
Strafen: München 16 - Garmisch 14
Schiedsrichter: Oswald (Bad Wörrishofen) - Barth, Schober
Zuschauer: 1362
Spieler des Spiel: Chris King