Eishockeykrimi am Pferdeturm - 3:2 n.P. gegen Dresden
Erster Neuzugang der IndiansDer Einzug der Hannover Indians ins Halbfinale der Oberliga
hat in der niedersächsischen Landeshauptstadt eine Euphorie sondergleichen
ausgelöst. Das Heimspiel gegen die Dresdner Eislöwen war in Rekordzeit mit 4608
Zuschauern ausverkauft und das Eisstadion am Pferdeturm platzte wieder aus
allen Nähten, während die Fans schon beim Einlauf ihres Teams mit Wunderkerzen
für Gänsehautstimmung sorgten. Doch Dresden war eigentlich die klar bessere
Mannschaft, wirkte schneller und frischer als die Indians, was sich auch gleich
bei der ersten Strafzeit gegen den ECH im frühen 0:1 Führungstreffer für die
Eislöwen durch Scherz niederschlug (3.). Doch auch wenn die Indians spielerisch
unterlegen wirkten und sich einige ungewohnte und unschöne Fehler wie Fehlpässe,
ungenaues Zuspiel und schlechtes Powerplay erlaubten, kämpften sie doch mit
viel Einsatz und Herz um jeden Puck und jeden Zentimeter Eis, um diese
fantastische Zuschauerkulisse nicht zu enttäuschen. Lohn der Mühe war der
Ausgleich durch Benjamin Hecker, nach tollen Vorlagen von Ron Gaudet und Robbie
Sandrock (15.). Die Dresdner erhöhten in der Folge den Druck noch und kamen zu
vielen hochkarätigen Chancen, während die Indians sich nur selten befreien
konnten, dann aber auch ihrerseits im gegnerischen Drittel für Unruhe sorgte.
Nur das Überzahlspiel der Indianer ließ sehr zu wünschen übrig und
Indians-Goalie Roman Kondelik musste bei Überzahl der eigenen Mannschaft meist
noch mehr auf der Hut sein als sonst, da sie sich immer wieder den Pucjk
abnehmen ließen und die Eislöwen förmlich zu Kontern einluden. So musste
Kondelik mehrfach Glanzparaden abliefern (u.a. 24., 30.), hatte in der 32.
Minute aber keine Chance als Henkel zur Ernüchterung der Zuschauer zum 1:2 für
die Gäste traf. In der 36. Minute hatten die Dresdner sogar noch eine riesige
Möglichkeit auf 1:3 zu erhöhen, als ein Stürmer mutterseelenallein vor Kondelik
auftauchte, ihn verlud, dann aber zu unfähig war den Puck an dem bereits am
Boden liegenden Torwart vorbei ins Tor zu lupfen, sondern die Scheibe an den
Pfosten setzte.
In der zweiten Drittelpause machte eine Fan-Dame ihrem
Freund erst einmal einen Heiratsantrag auf dem Eis, den dieser natürlich auch
annahm und somit zumindest schon für ein Happy End des heutigen Abends sorgte.
Das letzte Drittel sah genauso aus wie die vorangegangenen, die Dresdner
wirkten spielerisch und tempomäßig besser und die Indians wirkten bemüht, aber
man hatte lange Zeit nicht das Gefühl als würde der Ausgleich noch fallen. Als
dann auch noch die Eislöwen wieder mal in Unterzahl konterten, schien alles aus
zu sein, doch auf Kondelik war Verlass und er rettete in höchster Not. In den
letzten 10 Minuten drückten die Indians dann auf den Ausgleich, vergaben aber
beste Chancen en masse. Als knapp 5
Minuten vor Schluss der Eislöwe Schmidt mit einer 5 Minuten + Spieldauerstrafe
wegen zu hohem Stocks mit Verletzungsfolge bedacht wurde, rochen die Indianer
Morgenluft, brachten den Puck aber immer noch nicht im Gehäuse des Gegners
unter. Mit Anbruch der letzten beiden Spielminuten wurde es ECH-Coach Greg
Thomson zu bunt und er nahm eine Auszeit und Kondelik zugunsten eines sechsten
Feldspielers vom Eis. Angesichts der bisher in diesem Spiel gezeigten Überzahlleistungen
der Indianer schien das keine gute Idee zu sein und zunächst ging die Taktik
auch nicht auf, da die Eislöwen immer wieder den Puck aus ihrem Drittel
beförderten. Doch 24 Sekunden vor der Schlusssirene passierte dann doch das
nicht mehr für möglich gehaltene und der Puck überquerte die Torlinie der
Eislöwen zum dringend benötigten Ausgleich! Patrick Saggau freute sich über
seinen Treffer während das ganze Stadion in einen einzigen Jubelorkan ausbrach.
Damit wurden die Eislöwen zumindest schon mal in die zehnminütige Verlängerung
gezwungen.
Dort lautete die Devise der Indians, bloß keine Chancen zulassen und die Taktik
ging auf, denn es folgte als Höhepunkt des Nervenkrimis das Penaltyschießen.
Nachdem im ersten Durchgang Kasperzyk und Henkel für die Eislöwen, sowie Feser
und Sandrock für die Indians trafen, hielt Kondelik den zweiten Schuss von
Kasperzyk, während Aufstiegs-Hoffnung und Ex-DEL-Crack.Robby Sandrock eiskalt
und humorlos verwandelte und damit den Sieg der Indians sicherte. Der Rest war
kollektiver Jubel, mit Ausnahme der zahlreichen mitgereisten Dresdner Fans, die
wissen, dass ihr Team nun bereits am Sonntag mit dem Rücken zur Wand steht.
Bei der anschliessenden Pressekonferenz war Dresdens Coach
Jiri Kochta verständlicherweise enttäuscht. „Wir waren in beiden Spielen das
bessere Team und haben beide Spiele verloren. Aber so ist das nun mal im Sport.
Wir geben aber noch lange nicht auf. Es geht schließlich noch weiter. Sonntag
müssen wir unbedingt gewinnen.“ Indians-Coach Greg Thomson war glücklich. „Der
Ausfall von Devin Rask war schmerzhaft. Die ersten 50 Minuten hat mein Team
zwar mit viel Herz gespielt, aber nur wenig Eishockey, das war nicht schön für
die Zuschauer. Bei der Spieldauerstrafe gegen Schmidt haben wir dann etwas
Glück gehabt und doch noch den Ausgleich gemacht. In der Verlängerung haben wir
gut hinten dicht gemacht und beim Penaltyschießen konnten wir uns auf einen der
besten Torhüter in Deutschland ebenso verlassen wie auf Robby Sandrock.“
Da kann man Thomson nur voll und ganz zustimmen. Es wird im
Umfeld zwar viel von dem verschworenen Team und dem Teamgeist geredet, der die
Indians so erfolgreich macht. Da ist auch mit Sicherheit viel Wahres dran, aber
dennoch kann man einzelne Schlüsselspieler ganz klar hervorheben, ohne die die
Indians schon längst in der Sommerpause wären. Da wäre zum einen Super-Goalie
Roman Kondelik, der mit seinen Paraden jeden Gegner zur Verzweiflung treibt und
zum anderen Robbie Sandrock, dessen Klasse dem Team Optionen und Impulse gibt,
die sie vor seiner Verpflichtung einfach nicht hatten. Von seinen präzisen und
harten Schlagschüssen aus allen Lagen ganz zu schweigen. Mit dieser
unverhofften 2:0 Führung im Rücken können die Indians am Sonntag ganz entspannt
nach Dresden fahren, der Druck liegt bei den Eislöwen, die sich einen solchen
Verlauf der Halbfinalserie wohl auch nicht ausgemalt hätten. Sollten die
Indians es verpassen, Sonntag schon den Sack zuzumachen, haben sie bereits am
Dienstag vor der beeindruckenden heimischen Kulisse erneut die Chance dazu, den
Einzug ins Finale und damit automatisch den Aufstieg in die 2. Liga perfekt zu
machen. (S. Palaser)