Ein starkes Drittel war in Ravensburg zu wenig
Wizards stürzen Tabellenführer München vom Platz an der SonneOberschwaben war am Freitagabend für die Stuttgart Wizards keine Reise wert. Der Eishockey-Oberligist bot dem favorisierten EV Ravensburg vor allem im zweiten Durchgang sehr gut Paroli und machte die technische Überlegenheit der Hausherren mit großem Kampfgeist wett. Am Ende mussten die Cracks von Wilbert Duszenko dennoch mit 2:4 (0:2, 2:1, 0:1) die Segel streichen und stehen weiter auf Rang sieben der Gruppe Süd. „Meine Mannschaft war heute mit 18 Strafminuten zu undiszipliniert, das hat Ravensburg eiskalt ausgenutzt. Zudem waren wir nicht immer energisch genug in den Zweikämpfen. Der Knackpunkt waren aber die Kontingentspieler: Beim EVR haben sie alle vier Treffer erzielt, während unsere ausländischen Feldspieler kaum Akzente setzen konnten. Der Ravensburger Sieg geht deswegen voll in Ordnung“, kommentierte Stuttgarts Coach die Niederlage. Am Sonntag sind die Zauberer spielfrei, ehe nächste Woche nur ein Match ansteht: Im Heimspiel gegen den EC Peiting (14.11.2004, 18.45 Uhr, Eissport-Zentrum Waldau Stuttgart) wäre alles andere als ein dreifacher Punktgewinn ein herber Rückschlag auf dem Weg in die Meisterrunde.
Die Freitagspartie in der schmucken neuen Ravensburger Eissporthalle begann für die Gäste aus der Landeshauptstadt denkbar ungünstig. Bereits in der vierten Spielminute, Ravensburg war in Überzahl, brachte Dan Heilman im Nachfassen die Hausherren in Führung. In der Folgezeit waren die Wizards nur selten einmal komplett auf dem Eis. Dies lag in großem Maße am Unparteiischen, der in seinen Entscheidungen keine klare Linie erkennen ließ und selbst harmlose Zweikämpfe der Wizards mit einer Strafe ahndete.
Nur kurz dem Rückstand hatten die Wizards – wieder in Unterzahl – hintereinander zwei dicke Chancen zum Ausgleich. Bei beiden Kontern verließ die Blau-Gelben aber im Abschluss der Mut. Statt einfach zu schießen, wurde so lange gezögert, bis der EVR die Situation wieder unter Kontrolle hatte. So blieb es bei der knappen Führung der Oberschwaben, die es nicht verstanden, aus ihrer technischen Überlegenheit mehr Kapital zu schlagen. Ein ums andere Mal entschärfte Stuttgarts Keeper Tyrone Garner selbst beste Möglichkeiten und hielt seine Farben so im Spiel.
In der 17. Minute musste sich der Kanadier allerdings erneut geschlagen geben, als wiederum Dan Heilman eine sehenswerte Kombination über Mike Muller und Todd Wetzel mit dem zweiten Treffer der Hausherren, der zugleich den Pausenstand bedeutete, abschloss.
Vor dem Mittelabschnitt schien Stuttgarts Coach Wilbert Duszenko die richtigen Worte gefunden zu haben, denn die Wizards präsentierten sich wie verwandelt. Sie nahmen die Zweikämpfe entschlossen an, kämpften um jeden Zentimeter Eis und boten dem EVR auch spielerisch Paroli. Mit etwas mehr Glück beim Torschuss wäre in den ersten Minuten nach Wiederanpfiff sogar der Ausgleich drin gewesen. Ravensburgs Keeper Markus Hätinen wusste dies mit spektakulären Paraden zunächst zu verhindern, musste in der 25. Minute dann aber doch das erste Mal hinter sich greifen. Manuel Weibler verkürzte im Powerplay auf 1:2 und brachte die Wizards wieder ins Match.
Die Freude der Blau-Gelben währte jedoch nur ganze 35 Sekunden. Im Stile einer Spitzenmannschaft schlugen die Hausherren, erneut in Überzahl, eiskalt zurück. Jiri Kunce stellte mit einem abgefälschten Schuss den alten Abstand wieder her – 1:3 aus Sicht der Wizards (26.).
Die Gäste zeigten sich davon allerdings wenig geschockt: wieder waren nur 24 Sekunden vergangen, als Michel Maaßen einen Alleingang souverän verwandelte und auf 2:3 verkürzte (26.). Im Verlauf des Drittels hatten die Wizards noch etliche gute Chancen zum Ausgleich, gingen aber – wie schon so oft – zu nachlässig mit ihren Möglichkeiten um, so dass die Zauberer auch im Schlussdrittel einem knappen Rückstand hinterherlaufen mussten.
Die letzten 20 Minuten begannen – wie schon der erste Durchgang – denkbar ungünstig für die Wizards, bei denen vor allem die erste Angriffsreihe weit unter ihren Möglichkeiten blieb und keine Akzente setzen konnte. Nur 16 Sekunden nach Wiederanpfiff leistete sich Christian Seeberger eine unnötige Strafe, im darauf folgenden Überzahlspiel erzielte Ravensburgs Mike Muller den vierten Treffer für die Oberschwaben. Damit war die Partie frühzeitig entschieden. Bei den Stuttgartern schwanden nach dem aufopferungsvollen Kampf im zweiten Spielabschnitt zusehends die Kräfte und Ravensburg spielte fast nur noch auf ein Tor. Wizards-Keeper Tyrone Garner zog den schnellen Stürmern des EVR jedoch den Zahn und ließ sich kein weiteres Mal überwinden. So brachte Ravensburg den 4:2-Sieg über die Zeit und die Wizards mussten trotz großen Kampfes das Eis letztlich als Verlier verlassen.
Auf der anschließenden Pressekonferenz erkannte Stuttgarts Coach den Ravensburger Sieg neidlos an: „Der EVR hat verdientermaßen gewonnen, da er unsere Undiszipliniertheiten ausgenutzt hat. Im zweiten Drittel hat die Mannschaft gezeigt, das sie meinen Weckruf in der Pause verstanden hatte. Allerdings hat uns im Schlussabschnitt eine unnötige Strafzeit frühzeitig auf die Verliererstraße gebracht. Um auswärts punkten zu können, müssen wir disziplinierter auftreten. Die Entscheidungen des Schiedsrichters waren zwar nicht immer nachvollziehbar, doch ich gehe nicht so weit zu sagen, dass er schuld ist an der Niederlage. Das wäre ein Alibi für die Mannschaft, wir müssen uns jedoch an der eigenen Nase packen. Mit meinen deutschen Spielern war ich heute zufrieden, jeder hat seinen Job gemacht. Die Ausländer waren – bis auf Ty Garner – im Vergleich zu denen des EV Ravensburg blass. Wenn es bei den Kontingentspielern nicht läuft, ist es schwer für uns, zu punkten. Das hat man auch heute wieder gesehen. Offensichtlich hat noch nicht jeder von ihnen begriffen, dass in erster Linie sie dazu da sind, Spiele zu entscheiden. Darüber wird zu reden sein“, fand Wilbert Duszenko deutliche Worte.
Jiri Neubauer, Trainer des EV Ravensburg, war nach der Niederlage in München vor allem froh über die drei Punkte: „Das war ein ganz wichtiger Sieg. Entscheidend war, dass wir früh ein Mittel gefunden haben, Tyrone Garner zu überwinden. Im ersten Drittel haben wir sehr gut gespielt. Nach der Führung dachten wir jedoch, wir hätten das Spiel im Griff, was sich im zweiten Drittel als Fehleinschätzung erweisen sollte. Die beiden schnellen Tore der Wizards hätten das Spiel kippen lassen können. Glücklicherweise erwies sich Markus Hätinen in dieser Phase als großer Rückhalt. Kompliment an meine Mannschaft, dass sie das Spiel unter Kontrolle behalten und den Sieg eingefahren hat. Ich denke, er geht in Ordnung.“
Die Wizards haben nun etwas Zeit zur Regeneration, sind am Sonntag spielfrei. Auch am kommenden Wochenende steht nur eine Partie an. Am Sonntag, 14.11.2004, 18.45 Uhr, gastiert mit dem EC Peiting ein direkter Konkurrent um den Einzug in die Meisterrunde im Eissport-Zentrum Waldau in Stuttgart-Degerloch. Gegen die junge Mannschaft von Trainer Hans Schmaußer, die die Wizards im Hinspiel klar mit 4:0 besiegen konnten, ist ein Sieg nahezu Pflicht, um den Anschluss an die ersten sechs Teams der Oberliga zu halten. „Uns helfen nur drei Punkte, ein Sieg ist unser erklärtes Ziel. Um dies zu schaffen, müssen wir so auftreten wie in Peiting: Diszipliniert, geduldig und geradlinig. Wenn wir unnötige Strafzeiten vermeiden und unsere Chancen konsequenter verwerten als zuletzt, stehen die Zeichen für einen Erfolg sehr gut“, blickt Trainer Wilbert Duszenko auf die bedeutungsvolle Partie voraus.
EV Ravensburg – Stuttgart Wizards 4:2 (2:0, 1:2, 1:0)
Tore:
1:0 (3:04) Dan Heilman (Andrej Naumann, Jarkko Varvio) 5-4, 2:0 (16:34) Dan Heilman (Mike Muller, Todd Wetzel), 2:1 (24:53) Manuel Weibler (Georg Hessel, Marc Garthe) 5-4, 3:1 (25:29) Jiri Kunce (Andrej Naumann, Jarkko Varvio) 5-4, 3:2 (25:53) Michel Maaßen, 4:2 (41:17) Mike Muller (Jarkko Varvio, Alan Reader) 5-4