Ein offener Brief: Danke, SC Riessersee!

Es gibt ihn also noch, den puren Spaß am Eishockey. Wer monatelang teure
DEL-Söldner hat rumgurken sehen auf der Suche nach dem richtigen System,
das die Seelchen leider nicht spielen konnten, weil es doch nicht das ihre
war in Übersee und vor allem auf der Jagd nach Schnäppchen wie Autos,
Wohnungen, Möbeln, Prämien, die ihnen allesamt nachgetragen wurden von den
Elite-Clubs, der rieb sich im Olympia-Eisstadion zu Garmisch-Partenkirchen erstaunt die Augen. Da liefen zwei Teams auf, Riessersee
und München, und rissen sich tatsächlich die Beine aus. Da stürmten Jungs mit
deutschen Namen, die zumindest in Garmisch-Partenkirchen aus dem eigenen
Nachwuchs stammen, da gab es keine Langeweile, keine unnützen taktischen
Spielchen. Die Tore des SC waren grandios herausgespielt, der "sudden death"
erwischte die Münchner, die ebenfalls einen Sieg verdient gehabt hatten,
eiskalt und sorgte für warme Herzen beim Riesserseer Anhang. Was für ein
schöner Abend, Eishockey kann Freude bringen und das nicht nur zur
Weihnachtszeit.
Ach ja, und die Zuschauer erst. Über 3000 sorgten für Stimmung unter der
Zugspitze. Man erinnere sich, 3300 war die Zahl, die Mannheims Adler mal
eben noch auf die Beine brachten bei einem ihrer jüngsten Heimspiele (und
das vor dem Umzug in eine Prachtarena, die mit solchen Zahlen Kulisse für
wahre Trauerspiele wäre). Obwohl auf dem Eis NHL-Cracks ihre Runden drehten. Viel mehr als das war es zu der
Zeit ja auch leider nicht, Herr Butenschön etwa fuhr meist auf und ab vor
dem Tor und kapierte oftmals erst nachdem es geschehen war, dass der böse
Gegner gepunktet hatte. Aber er war es ja nicht alleine, einen von der Sorte
hätte man ja noch ertragen, aber eine ganze Truppe, die "holiday on ice"
machte, nee, danke. Obwohl, es gibt ja auch die anderen wie Jochen Hecht,
wie Christobal Huet, Michael Bakos, Rene Corbet, Markus Kink oder Frankie
Groleau. Wobei schon irgendwie auffällt, dass sich Jochen Hecht halt in
seiner Heimatstadt den Allerwertesten aufreißt und ein Michael Bakos und ein Markus Kink
junge Deutsche sind, die noch hungrig scheinen auf Erfolge.
Nun, es sind ja auch nicht nur Mannheims Adler, die mit diesem
Sättigungsgrad zu kämpfen haben (und bei denen zwei, denen diese Mentalität
immer fremd war, weil sie sich bis zum Umfallen einsetzten, gerade neue
Seiten aufziehen: Stephane Richer und Mike Rosati), andere jammern doch
ebenfalls über die Söldner-Mentalität, die bisweilen für gähnende Langeweile sorgt und die
früher so herbeigesehnten Derbies zu Schlafmitteln verkommen lässt, einfach,
weil es den Jungs sowas von wurscht ist, für wen sie auflaufen, solange die
Knete stimmt. Was man ihnen, ehrlich gesagt, noch nicht einmal verdenken kann,
sie kriegen es ja überall vorgemacht in der Wirtschaft und der Politik. Es ist höchste Zeit, dass sich manche
Verantwortliche mal nicht mehr nur nach Statistiken umsehen und viel Geld
ausgeben für Teams, die keinerlei Zusammenspiel finden, sondern eine gewisse
Charakterstärke auf ihre Prioritätenliste schreiben. Talent alleine ist
nutzlos ohne Charakter, auch wenn manche es einfach nicht lernen wollen und
die Schuld überall suchen, nur nicht bei ihren Auswahlkriterien, es ist ja
auch leichter, die Trainer zu kreuzigen, nicht wahr?
Doch kommen wir zurück zum Eishockey-Fest in Garmisch-Partenkirchen. Wer das
Spiel gesehen hat, der würde so manche DEL-Begegnung eintauschen gegen
Oberliga-Spiele. Klar, der SCR hat so manche tiefe Täler durchschreiten
müssen, hat gegen kriminelle Machenschaften gekämpft, war ganz am Boden und
ist doch wieder hochgekommen. Ganz ohne millionenschweren Sponsor, der
alljährlich mehr reinpulvert als angenommen in ein Team, das nur auf dem
Papier aus Tigern besteht, in der Wirklichkeit an den Tag der traurigen
Enten erinnert, hier haben Idealisten das Sagen. Vom Nachwuchs angefangen.
Nichts da mit mehreren Trainern für ein Team und traumhaften Bedingungen.
Hier muss jeder Zeit und Mühen investieren, um das Eishockey aufrecht zu
erhalten. Und sie tun es. Sie geben nicht auf, sie kommen immer wieder,
deshalb ein dicker Dank von einer, die seit Jahrzehnten den SC Riessersee
begleitet, an alle, die mit beitragen dazu, dass Eishockey noch lebt: An
Trainer wie Peter Gailer, Schorsch Holzmann, Alfred Weindl, Hans Konstanzer,
an Peppi Heiß, an die vielen, vielen anderen. An Ralph Bader, der die
Oberliga-Saison erst ermöglicht hat, an so viele Menschen, Männer wie Frauen,
die den Verein hinter den Kulissen tragen. Und an die Fans, die aus einem
Jammertal erstiegen sind wie Phönix aus der Asche und ohne die Eishockey nur
halb so viel Freude machen würde. Der SC Riessersee lebt - und wie !!!!
(Angelika von Bülow)