Ein Eishockey-Weihnachtsmärchen

Es hat sieben Grad unter Null in Garmisch-Partenkirchen an diesem
zweiten Weihnachtsfeiertag. Und doch kann einem warm ums Herz werden im
Olympia-Eisstadion. Egal, ob als Riessersee-Fan oder Falken-Anhänger.
Denn, was sich da auf glatter Fläche abspielt, das ist einfach nur gut.
Garmisch-Partnekirchen empfängt Heilbronn, wer hier als Sieger vom Eis
geht, der ist für eine Woche Spitzenreiter. Vor dem Spiel ist das
Heilbronn, Zweiter sind die Tölzer Löwen, Dritte die Riesserseer.
Punktgleich und glücklich mit dem Verlauf dieser Saison.
Das Stadionheft liest sich auf Heilbronner Seite wie ein Who is Who der
ehemaligen Mannheimer Jungadler. Das reicht von Danny aus den Birken,
der erst vor kurzem bei den Adlern einen hervorragenden Eindruck im
DEL-Gehäuse hinterlassen hat über Fabio Carciola, der seit Jahren bei
den Mannheimern aufläuft und Sachar Blank, der ebenfalls zu den
Mannheimer Publikumslieblingen gehört bis hin zu Markus Ruderer oder
Fabian Krull. Selbst auf der anderen Seite ist eine ehemaliger Zögling
von Jungadler-Chef Helmut de Raaf zu finden. David Cespiva spielt auf
für den SC Riessersee, eine Leihgabe der Nürnberger, die verbandelt
sind mit den Garmischern.
Der Abend zeigt, dass das Konzept der DNL aufgeht. Deutsche Talente
erhalten in der Oberliga eine Chance und sie kämpfen mit Einsatz und
Herz. Da fehlt manchmal noch die Routine, die auch von den alten Hasen
in den Teams nicht ganz wettgemacht werden kann, aber im großen und
ganzen ist es beachtlich, was die jungen Leute leisten. Spannend ist
das anzusehen, manche Spielzüge sind vom Feinsten, auf beiden Seiten.
Wer die deutsche Eishockeyjugend seit Jahren beobachtet, wird sich auch
über einen alten Bekannten freuen, der einst in der Riesserseer Jugend
für Furore sorgte: Butzi Mayr, längst den Eishockey-Kinderschuhen
entwachsen und ein gestandener Crack seit Jahren, über mache
Stolpersteine in der Karriere hinweggekommen mit viel Charakter und
jetzt ein Topscorer in der Oberliga. Wenn immer er an den Puck kommt,
brennt es für den Gegner lichterloh.
Der Abend zeigt auch, was engagierte Leute nach Pleiten leisten können
bei Vereinen. Die Heilbronner Falken haben die Adler Mannheim im
Hintergrund gehabt, die Riesserseer haben jetzt eine Kooperation mit
Nürnberg. Was allerdings ein Ralph Baader vorher geleistet hat, um den
Club aus wirklichen Ruinen zu retten, das nötigt Hochachtung ab.
Im Grunde beweist dieses Spiel, das 5:3 von den Riesserseern gewonnen
wurde, wie wichtig es ist, dass die DEL-Clubs in die Verantwortung
genommen werden. Dass sie sich nicht einfach entziehen können und
"fertige" Jugendliche kaufen. Mannheim, die Eisbären, Köln, Nürnberg,
um nur vier zu nennen, kümmern sich um den Nachwuchs, vergeben
Förderlizenzen, lassen die Youngsters spielen. Genau so hat das
deutsche Eishockey eine Zukunft.
Der Abend lässt keinen kalt, wenn etwa SCR-Goalie Mark Mc Arthur, wie
so mancher gute Torwart zwischen Genie und Wahnsinn angesiedelt, und
das ist als Kompliment gemeint, immer wieder sein Tor verlässt und
damit ein Risiko eingeht, auf der anderen Seite mit blitzschnellen
Saves sein Team rettet, wenn Carciola und Blank ihre schönen Pässe
spielen, wenn die Fans auf beiden Seiten aufhorchen lassen.
Auch an die Fankurven ein Kompliment. Die Heilbronner feiern ihr Team
auch nach der Niederlage begeistert, schön, dass die Cracks von Rico
Rossi nochmal rauskommen. Allerdings ist das Pfeifkonzert gegen die
letztendlich verdienten Riesserseer Sieger vollständig unnötig. Und die
Garmischer enthalten sich jeder Häme und freuen sich über ihre eigene
Mannschaft. So bleibt Eishockey in bester Erinnerung.
Angelika von Bülow