Der Fall Bad Nauheim: „Kein laxer Umgang mit NADA-Forderungen“
Für Verwunderung sorgte in Bad Nauheim der Umstand, dass den betreffenden Spielern Spielerpässe ausgehändigt worden sind, obwohl die Unterschrift unter die Athletenvereinbarung zur Bekämpfung des Dopingmissbrauchs nicht vorlagen. „Das ist in der Spielordnung eindeutig geregelt“, erklärt Schweer. „Alle notwendigen Unterlagen zur Erteilung der Pässe lagen vor. Die Anti-Doping-Erklärung ist lediglich eine Einsatzbeschränkung für die Oberliga. Ohne diese Erklärung sind die Spieler – je nach Alter – ja auch für die 1b-Mannschaft oder die Nachwuchsmannschaften spielberechtigt. Der Pass ist also gemäß Spielordnung zwingend auszustellen.“
Ungewöhnlich sind derartige Einsatzbeschränkungen nicht. „Sie variieren von Liga zu Liga. Zwei Beispiele. 13-jährige Mädchen bekommen einen Spielerpass für eine Frauen-Mannschaft. Sie dürfen aber erst eingesetzt werden, wenn ein Arzt sie für tauglich erklärt, in dieser Liga zu spielen. Ein anderer Punkt: In der Bezirksliga darf kein Spieler auflaufen, der in den letzten fünf Jahren in der DEL gespielt hat. Den Pass muss er bekommen, spielen darf er aber nicht.“
Von daher ist es für den LEV NRW schwierig, Versäumnisse der Vereine nachzuarbeiten. „Wir sprechen bei uns von 196 Mannschaften im Senioren- und Nachwuchsbereich. Da ist eine Rundumbetreuung nicht möglich. Wir müssen erwarten können, dass die Vereine die Durchführungsbestimmungen lesen und auch verstehen. Zumal die anderen Vereine das ja auch hinbekommen. Acht der neun Oberligisten haben sogar mehr Anti-Doping-Erklärungen eingereicht, als Spieler auf der Oberliga-Meldeliste stehen – was ja auch Sinn macht, wenn ein Verein den Kader einmal verletzungsbedingt mit Spielern aus der 1b-Mannschaft oder aus dem Nachwuchs auffüllen muss“, so Schweer. „Die ESBG musste sich bislang um zwei Ligen kümmern, nun ist es nur noch die 2. Bundesliga. Auch die DEL hat es nur mit 14 Mannschaften zu tun. Bei uns ist das deutlich mehr. Darüber hinaus machen wir das alles ehrenamtlich. Eine Überprüfung im Voraus ist schlichtweg unmöglich.“
Was im Fall Bad Nauheim laut Schweer hinzukommt: „Die Mannschaftsmeldeliste lag erst am 8. Oktober vor. Also an dem Tag, an dem abends der Spieler Dennis Cardona auflief, der keine Anti-Doping-Erklärung unterschrieben hatte.“ So war gar nicht klar, welche Spieler der Roten Teufel in der Oberliga spielen sollten. „Für Bad Nauheim sind 82 Spieler aus der 1a-, der 1b-, der Junioren- und der Jugend-Mannschaft auch für die Oberliga spielberechtigt. Laut Spielordnung ist es möglich, dass die Spielberechtigung auf eine bestimmte Mannschaft eingegrenzt wird. Das hat Bad Nauheim nicht gemacht. Und für die 1b und die Nachwuchsteams ist die Anti-Doping-Erklärung nicht erforderlich“, erklärt Schweer. „Das heißt übrigens auch, dass eine krankheitsbedingte Spielabsage für Bad Nauheim kaum möglich ist, weil bewusst oder unbewusst alle diese Spieler nun einmal auch in der Oberliga spielen dürfen.“
Aber wie konnte es nach der ersten Wertung im Auswärtsspiel gegen Hamm erneut zu einer Wertung aufgrund des gleichen Fehlers kommen. „Ein Vertreter der Roten Teufel hat mit Petra Bollig von unserer Passstelle überprüfen wollen, ob nun alle Spieler die Erklärung unterzeichnet haben – ist dafür aber den Spielbericht der Hamm-Partie mit ihr durchgegangen. Da war Dennis Cardona nicht dabei, weil er gesperrt war. Hätte er eine eigene Spielerliste genommen, wäre das aufgefallen. Wir konnten nicht die Mannschaftsmeldeliste zur Hand nehmen, da diese noch fehlte“, so Schweer. „Außerdem hatten wir die Vereine in einer gesonderten E-Mail frühzeitig und deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass diese Erklärung unterschrieben werden muss.“
Einige der Spieler, die bereits in der vergangenen Saison für die Roten Teufel unter ESBG-Regie in der Oberliga gespielt hatten, hatten damals zwar eine Anti-Doping-Erklärung unterschrieben, „aber diese ist nach ESBG-Statut nicht mehr gültig. Dort steht, dass die Vereinbarung in jedem Fall endet, wenn die Spielerlizenz für die ESBG erlischt.“
Auch den Vorwurf, die Erklärungen hätten dem LEV NRW bereits vorgelegen, lässt Schweer nicht gelten. „Ich bin seit 1999 beim LEV, Frau Bollig seit 30 Jahren. In den letzten sechs Wochen müsste mehr weggekommen sein als in der Zeit, in der Frau Bollig und ich hier Verantwortung übernehmen. Und das alles nur bei Bad Nauheim.“ Latente Unterstellungen, die den Vorgang mit dem Umstand in Verbindung bringen, die Roten Teufel seien ja der einzige Nicht-NRW-Verein in der Oberliga West sind ohnehin nicht haltbar. „Seit Jahren ist die Passstelle des LEV NRW auch für Hessen zuständig. Im Passwesen gehören wir zusammen.“
Bleibt noch der Nauheimer Hinweis darauf, dass der Duisburger Spieler Janne Kujala seinen Spielerpass erst nach dem Spiel in Bad Nauheim unterschrieben habe. „Wenn beispielsweise ein Pass vergessen worden ist, reicht auch der Personalausweis zur Identifikation beim Schiedsrichter. Der Spieler Kujala ist seit dem 2. September durchgehend für Duisburg spielberechtigt. Die fehlende Unterschrift kann vom Schiedsrichter angemahnt werden, hat aber nichts mit der Spielberechtigung zu tun. Wenn ein Verein an einem Freitag einen neuen Akteur spielberechtigt macht, bekommt er ja auch noch keinen Pass ausgehändigt.“
Duisburgs Chef Ralf Pape äußerte zwar, dass er nicht auf diesem Wege Punkte bekommen möchte, dennoch bleibt dem Verband nichts als eine vergleichsweise harte Strafe übrig (statt beispielsweise nur einer Geldstrafe): „Der Fall Florian Busch hat gezeigt, dass wir uns keinen laxen Umgang mit Forderungen der NADA erlauben dürfen“, sagt Schweer.
Die Roten Teufel haben eine Überprüfung der Spielwertungen durch die Sportgerichtsbarkeit beantragt. Die mündliche Verhandlung dazu ist für den 30. Oktober angesetzt. (the)