BSchC Preussen: Das Erwachen eines schlummernden Riesen?

Preussen haben die LizenzPreussen haben die Lizenz
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Die Geschichte des Eishockeys jenseits des Brandenburger Tores ist ebenso lang wie traditions-, erfolg-, aber in der Neuzeit vor allem skandal- und, sagen wir es mal ganz vorsichtig, abwechselungsreich. Die jüngere Vergangenheit ist zum Leidwesen der arg geprüften Anhängerschaft vor allem von Finanzdesastern gekennzeichnet und ließ die Erinnerungen an den Glanz glorreicherer Tage bei den Freunden des schnellen Kufensports nicht nur in Berlin verblassen. Bekanntlich wurde erst im Sommer des vergangenen Jahres die Existenz der Berlin Capitals unter viel öffentlichem Lärm ausgehaucht. Unter großen Anstrengungen unternahm eine Gruppe um Dr. Michael Walter, Ex-Nationalspieler und Sportdirektor Gori Köpf und Marketingexperten Walter Schimmel einen weiteren Neustart innerhalb von zwei Jahren, diesmal unter dem Dach des Rekordmeisters Berliner Schlittschuh Club. „Back to the roots!“ hieß die Losung und sollte alte und neue Fans und nicht zuletzt Geldgeber animieren, dem Eishockey am Eichkamp entweder eine neue Chance zu geben oder aber sich aufgrund der gewandelten Vorzeichen dem Club wieder zuzuwenden. Die Skepsis gegenüber dem unter dem Namen Berliner Schlittschuh Club Preussen antretenden „Verein“ war - und ist wohl auch noch – in der Hauptstadt recht groß. Etwas unglücklich geriet zudem anfänglich die Zusammenarbeit zwischen GmbH und hauptstädtischer Presse. Ein zugegeben recht spitzfindiger Artikel in einer renommierten Berliner Tageszeitung führte zu einer Überreaktion bei den Verantwortlichen, die sogar rechtliche Schritte einbezogen, anstatt, wie man es vielleicht hätte erwarten dürfen, verstärkt vertrauensbildende Maßnahmen in den Vordergrund der Öffentlichkeitsarbeit zu rücken. Die schreibende Zunft zeigte sich fortan bis auf wenige Ausnahmen nachtragend und behandelte das aufkeimende junge Sprösschen ziemlich stiefmütterlich. Aus dem Notwendigsten, wie die reine Ergebnisinformation und kurze Drei- maximal Vierzeiler, bestand die Berichterstattung aus der Deutschlandhalle. Die Fans sahen ihren Lieblingsverein in der Berliner Presselandschaft unterrepräsentiert und starteten auf der offiziellen Homepage der Preussen eine Unterschriftensammlung, die Besserung auf diesem Sektor von den Medien einforderte. Sehr viel bewirkt hat diese Initiative erwartungsgemäß nicht. Das zwingt nahezu und selbstredend zu eigenen Aktivitäten, wie etwa bei der Gestaltung der hauseigenen Pressemitteilungen, die schon mehrfach wegen ihrer mitunter eigenwilligen Formulierungsweise für Schmunzeln sorgten. Von der Deutschlandhalle als Berlins „Partytempel Nummer 1“ war da schon mal die Rede, vergessend, dass sich im weiten Rund des altehrwürdigen Gemäuers bei Heimspielen der Preussen im Schnitt ca. 1500 Zuschauer und Fans eher etwas verlieren als versammeln. Sicher nicht schlecht für Oberligaverhältnisse, das sei hier betont, und dennoch scheint hier der schwarz-weiß-rote Ballon etwas zu weit aufgeblasen. Klappern gehört zwar zweifelsohne zum Handwerk, jedoch kann zu heftiges Klappern auch in der Lächerlichkeit enden.

Wie dem auch sei, sportlich läuft es bei den Charlottenburgern hervorragend. In einer beispiellosen Siegesserie stürmten sie inzwischen auf den zweiten Tabellenplatz der Oberliga Nord-Ost. Dazu waren allerdings erst Veränderungen im Kader notwendig, wie etwa der Tausch auf der Torhüterposition Marko Suvelo für Kai Fischer. Der Finne strahlt nun die Sicherheit aus, die sich Coach Andreas Brockmann auch von dessen Vorgänger erhofft hatte, aber nicht konstant genug brachte. Auch die Paradereihe um Scott Matzka, Doug Murray und Denis Meyer funktioniert seit längerem bestens und ist entsprechend produktiv. Noch etwas hinter den Erwartungen blieb bisher DEL-Haudegen und Ex-Eisbär Yvon Corriveau, der aber als „Rammbock“ speziell in Überzahl unverzichtbar ist und mit seinem massiven Körper noch jedem Goalie erfolgreich die Sicht nimmt, so dass seine Kollegen immer wieder aus der Distanz einnetzen können. Sportlich herrscht also eitel Sonnenschein im Eichkamp.

Nicht nur das Aufgebot wichtiger Offizieller, dass Trainer Andreas Brockmann und Sportdirektor Gori Köpf während den Spielen hinter der Bande Gesellschaft leistet, beweist, dass die Preussen vehement nach Höherem streben. Der BSchC Preussen macht keinen Hehl daraus, dass das Erreichen der Meisterrunde das Minimalziel in dieser Saison ist und so sich die Chance dazu bietet, auch in die 2. Bundesliga aufgestiegen werden soll. Allerspätestens in drei bis vier Jahren will man wieder an das Tor zu Deutschlands Eliteliga, der DEL, laut vernehmbar anklopfen. Das dafür notwendige Kapital will man sich dieser Tage sichern: Und da rauscht es sogar wieder preussisch im hauptstädtischen Blätterwald, hat sich doch ein möglicher Investor aus den USA gefunden, der dem augenblicklichen Vernehmen nach für frische Finanzzufuhr sorgen möchte. Oliver Kopplin, wie ihn heute die BZ zu outen wusste, seines Zeichens ausgewanderter Berliner und trotz einer Reihe von Jahren Abwesenheit von seiner Heimatstadt noch immer bekennender Preusse, will mit potenten US-amerikanischen Unternehmen im Rücken seiner alten Liebe finanztechnisch auf die Sprünge helfen. Womöglich schon am Freitag dieser Woche sollen nach bisher noch unbestätigten Gerüchten zufolge in einer Gesellschaftersitzung Nägel mit Köpfen gemacht werden – Ausgang offen. Gelingt dieser Coup jedoch und entpuppt sich der von der Zeitung mit den vier großen Buchstaben despektierlich „Florida-Olli“ getaufte nicht, wie hier und da schon unterschwellig befürchtet wird, als „Luftschloss-Konstrukteur“, wird mit dem BSchC Preussen ein schlummernder Riese geweckt, mit dem mittelfristig wohl auch der durch die Unterstützung der Anschutz Entertainment Group weit enteilte Ortsnachbar, der EHC Eisbären Berlin, ernsthaft zu rechnen hätte. In Hohenschönhausen bleibt man derweil gelassen, denn noch ist ja nichts in trockenen Tüchern und die Preussen noch immer in der Oberliga, was sich jedoch durch eine entsprechende Ziffernfolge mit möglichst vielen Nullen vor dem Komma auf den Schecks schnell ändern könnte. Noch gilt aber abzuwarten bis weißer Rauch aufsteigt oder die Walters, Schimmels & Co. mit breitem aber wissendem Grinsen an die Öffentlichkeit treten und für die preussische Fangemeinde Erfreuliches verkünden. Dann allerdings müssten sich die Fans der Charlottenburger daran gewöhnen, die Eisbärenfans nicht mehr mit dem Spruch vom „reichen Onkel aus Amerika“ zu necken. Andererseits verböten sich für die Ostberliner fortan Gesänge wie beim letzten Oberliga-Derby vernommen: „Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf!“. (mac)


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