Vergleich Deutschland und Schweiz - Teil 2

Als langjähriger NHL-Scout der sämtliche Juniorenauswahlmannschaften
und auch die Nationalteams bei zahlreichen internationalen Turnieren
begleitet, fühle ich mich befähigt, einen Vergleich dieser zwei
Nationen anzustellen:
Die Grundlagen
Die beiden Eishockeynationen Schweiz und Deutschland verbindet eine
jahrzehntelange, gesunde Rivalität. Die Rivalität wird konstruktiv
ausgelebt, d.h. die beiden Verbände arbeiten gut zusammen. Viele
Testspiele und gegenseitige Einladungen zu Turnieren auf allen Stufen
ist das erfreuliche Resultat. Dieser attraktive Konkurrenzkampf gründet
nicht nur auf der Nachbarschaft und der jeweiligen Derbystimmung
sondern auch auf der Tatsache der Ausgeglichenheit im
Stärkenverhältnis. Während Deutschland in den 70er bis 90er Jahren die
besseren Resultate aufweisen konnte, hat die Schweiz in den letzten
Jahren aufgeholt. Heute beurteile ich die Situation als ausgeglichen.
Trotzdem, wo liegen die Unterschiede?
Der Nachwuchs
Die bessere Tiefe im Kader der Schweizer ist das Resultat eines guten
Nachwuchsförderungsprogramms. Dies führte dazu, dass die Schweizer
gegenüber den Deutschen bei den Jahrgängen 83-90 Vorteile haben. In
diesen Alterskategorien sind die Deutschen nur beim Jahrgang 87 leicht
im Vorteil. Ansonsten stelle ich Ausgeglichenheit oder Vorteile für die
Schweiz fest. Vor drei bis vier Jahren waren die Schweizer
Juniorenauswahlteams den Deutschen spürbar überlegen. In jüngster Zeit
konnten die Deutschen die Lücke wieder etwas schliessen, ohne die
Schweizer aber überholt zu haben.
Die Ausstrahlung
Stilistisch gibt es keine großen Unterschiede zwischen den beiden
Nachbarn. Die Deutschen sind im Durchschnitt eine Spur größer,
kräftiger, athletischer und kampfstärker währenddem die Schweizer bei
den läuferischen Fähigkeiten und in der mannschaftlichen
Geschlossenheit, der taktischen Disziplin etwas besser sind. Beide
Nationen zeichnen sich kaum je mit Filigrantechnikern aus. In der
Scheibenkontrolle und den individuellen Skills haben die Spieler beider
Nationen größere Defizite. Im Weltklassevergleich haben Deutschland wie
die Schweiz in sämtlichen Belangen Aufholbedarf: Körpergröße,
Muskelkraft (vor allem in den Rumpf-und Beinpartien) Schlittschuh
laufen, Stocktechnik. Im Gegensatz zu Kanada, Russland, Tschechien,
Slowakei, Schweden und Finnland haben weder Deutschland noch die
Schweiz Spieler mit einem Skill-Level der sie zum Ausnahmekönner
stempelt. Die Gründe hierfür liegen wahrscheinlich auch in der
mangelhaften Grundausbildung im Kindesalter. Ein langer, steiniger Weg
– diese Defizite auszumerzen.
Thomas Roost / Januar 2006