Sind NHL-Stars überbezahlt?
Auflösung des Hockeyweb-GewinnspielsIm Rahmen des Kampfes um
einen neuen Gesamtarbeitsvertrag zwischen der NHL und der Spielergewerkschaft
stand oft die Diskussion im Mittelpunkt, ob die NHL-Stars überbezahlt sind oder
nicht. Meine eindeutige Meinung ist: Angestellte sind in der Regel überbezahlt,
sofern die Gehaltsfixkosten wesentlich zu „roten Zahlen“ im Geschäftsergebnis
beitragen. In einer „normalen“ Firma reagiert man darauf u.a. mit Bonuskürzungen,
Einfrieren der Gehälter und Personalabbau. In einem NHL-Team kann man nur
bedingt mit Personalabbau reagieren denn ein Eishockeyteam besteht aus
mindestens 22 Spielern (größter Gehaltsposten) plus einige in Reserve. Man
kann demnach nicht mit einer Prozessoptimierung 30% Personal einsparen und
dennoch die gleiche oder sogar noch bessere Leistungen erzielen. Ich gehe nun
mal davon aus, dass die Berichte über Verluste der meisten NHL-Teams korrekt
sind und komme somit zum eindeutigen Schluss: Ja, die NHL-Spieler sind im
Durchschnitt überbezahlt und ein neuer Gesamtarbeitsvertrag, der das Fundament
für eine gesunde wirtschaftliche Basis in den NHL-Teams legt, ist zwingend.
Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille denn Superstars (sei es im Sport,
Musik, Wirtschaft etc.) haben aus meiner Sicht das Recht, sehr viel zu
verdienen, sofern ihre Leistung eine wertschöpfende, kommerzielle und/oder auch
soziale Nachfrage erfährt. Diskussionsbedürftig ist hingegen die Definition
der Superstars und hier ist der Sport eindeutig im Vorteil. In keiner anderen
Disziplin wird Leistung derart fair und sachlich gemessen und von Einzelpersonen
direkt beeinflusst. Wenn Roger Federer seine Leistung misst dann gibt es exakte
Wettkampfregeln und einen entsprechenden Markt der Nachfrage seiner Leistung.
Bei seinen Erfolgen kann ihm aktuell wohl niemand den Status der Weltnummer 1
absprechen. Zudem: Wenn ich gegen Federer Tennis spiele dann verliere ich von
100 Matches 100 und zwar immer mit demselben Resultat: 6:0, 6:0, 6:0. Er spielt
und ich spiele und zwar unter denselben Regeln, es gibt fast keine äußeren
Einflüsse, keine Währungsschwankungen, keine Börsenkrise, keine Inflation und
keine Rezession die auf das Ergebnis Einfluss haben wird. Er ist der beste
Tennisspieler der Welt und hat aus meiner Sicht das Recht, hierfür Millionen zu
kassieren denn Tennis wird weltumspannend gespielt und erfreut sich auch bei den
Zuschauern und Sponsoren einer entsprechenden Nachfrage. Eishockey ist leider
nicht ganz so weltumspannend und die Frage der Eindeutigkeit des besten Spielers
der Welt lässt sich in einer Mannschaftssportart nicht ganz so klar beantworten
wie eben beispielsweise im Tennis. Trotzdem gibt es auch bei NHL-Spielern sehr
klare Indizien dafür, dass sie zu den besten der Welt gehören: Die NHL gilt
nach wie vor als unbestritten beste Liga der Welt und die allermeisten der sehr
talentierten Spieler auf diesem Planeten möchten in dieser Liga spielen sofern
sie die Gelegenheit dafür erhalten. Ein Panel von Experten (Scouts und General
Managern) zieht Jahr für Jahr durch sämtliche Lande und sucht nach Spielern
die diesen hohen NHL-Ansprüchen gerecht werden. Weil jedes der 30 Teams eine
ziemlich grosse Anzahl von Experten stellt ist es selten, dass Spieler fälschlicherweise
nicht für die NHL rekrutiert werden. Somit ist es unbestritten, dass in der NHL
die besten Eishockeyspieler der Welt tätig sind, was ja Resultate immer wieder
beweisen (es ist nicht denkbar, dass ein Team ohne NHL-Spieler im Vergleich mit
NHL-Spielern bestückten Teams eine Weltmeisterschaft oder Olympiagold gewinnt,
höchstens Siege in einzelnen Spielen liegen drin). Die kommerzielle Nachfrage
in Nordamerika ist ebenfalls gegeben und somit sind die Millionengehälter für
die besten NHL-Spieler aus meiner Sicht durchaus gerechtfertigt. Ihre Gehälter
sind bei weitem nicht so hoch wie dasjenige von Roger Federer und auch dies ist
gerechtfertigt weil die Nachfrage nach Eishockey weltweit nicht so gross ist wie
beim Tennis. Der langen Worte kurzer Sinn: Die besten der Welt in ihrer
Disziplin, die sich einer gewissen Nachfrage erfreuen muss, sollen und dürfen
Multimillionäre sein. Die besten Aerzte, die besten Pizzabäcker, die besten Sängerinnen,
die besten Fussballer, die besten Forscher, die besten Friseure und vor allem
die besten Unternehmer die ein eigenes Unternehmen von null auf aufgebaut haben
etc. etc. Ich bewundere diese Besten und gönne ihnen jeden einzelnen Dollar,
vor allem auch dann wenn sie später einen Teil ihres Millionensegens
karitativen Organisationen/Stiftungen zukommen lassen... und dies tun nicht
wenige!
Mühe habe ich lediglich mit Multimillionensalären von Angestellten in Großkonzernen
deren Leistungsbemessung auf sehr dünnem Eis steht. Sind Rekordgewinne bei
Firmen wie der Deutschen Bank, Nestlé oder Bayer das Resultat von cleveren
Entscheidungen der jeweils amtierenden CEOs? Oder liegen
Sie nicht mehrheitlich im Verantwortungsbereich der jahrzehntelang
gewachsenen Solidität der Konzerne und strategischen Klugheit der längst zurückgetretenen
Leader einerseits und günstigen äußeren Einflüssen andererseits? Wenn ich
als mittelmäßiger Oekonom ein Jahr lang der Deutschen Bank als CEO vorstehen würde
und mich dann mit dem Resultat von Joe Ackermann (hochintelligenter Spitzenökonom
und gegenwärtiger CEO der Deutschen Bank) messe, dann behaupte ich, dass ich
immerhin eine Außenseiterchance hätte, das Spiel zu gewinnen…denn wenn ich
ein wenig Glück und Ackermann ein wenig Pech hat, dann schlagen sich die äußeren
Einflüsse (Weltwirtschaft, Börsensituation etc., etc.) auf meine Seite und
mein Jahresendergebnis wird besser sein als dasjenige von Joe Ackermann. Gegen
Joe Ackermann verliere ich ganz bestimmt nicht 6:0, 6:0, 6:0!
Zurück zum Eishockey, zu den Sportlersalären:
Es gibt wohl nur wenige andere Disziplinen in denen die besten der Welt so fair
und sachlich definiert werden können wie im Sport
und auch darum mag ich den besten Eishockeyspielern der Welt jeden Dollar
ihres Einkommens gönnen! In der Kunst ist das Beste gerade gut genug (und Künstler
sind sie ja alleweil, die Besten, beispielsweise die besten Unternehmer,
Friseure, Pizzabäcker, Architekten, Verkäufer, Tennis- und…Hockeyspieler).
Ich schließe mit einem leicht abgewandelten Zitat von Schopenhauer: „Der Neid
der Menschen zeigt an, wie unglücklich wir uns fühlen; und unsere beständige
Aufmerksamkeit auf fremdes Tun und Lassen, wie sehr wir uns doch langweilen.“
(Copyright: Thomas Roost, Central
Scouting
Europe)
Zürich, 4. Juli 2005