NHL: Was man über Salary Cap und CBA wissen sollte

Die NHL lernt
langsam mit dem neuen Collective Bargaining Agreement umzugehen. Doch wie
funktioniert eigentlich das System? Wer profitiert davon und welche Lücken und
Probleme resultieren aus dem neuen CBA? Was man als NHL-Fan unbedingt über den
Salary Cap im neuen CBA wissen sollte.
Im Juli 2005 unterzeichneten Vertreter der Liga und NHL Players Association
einen sechs Jahre gültigen Vertrag, der die NHL in Zukunft vor dem finanziellen
Zusammenbruch retten sollte. Die NHL Saison 2005-2006 war damit gesichert. Unter
dem Namen Collective Bargaining Agreement, kurz CBA, wurde neben einem Salary
Cap von 39 Millionen Dollar pro Team für die Saison 2005/2006, auch noch
Minimum- und Maximum-Gehälter sowie zahlreiche andere wichtige Dinge
beschlossen, die für das Funktionieren einer Profiliga grundlegend sind.
Generelles Ziel des neuen CBA ist eine bessere Kontrolle der Gehaltskosten und
die Gewährleistung finanzieller Ausgeglichenheit der einzelnen Klubs. Seit dem
Vertragsabschluss sind mittlerweile schon mehr als sechs Monate vergangen. Die
Diskussionen um den Salary Cap sind in den Medien weitgehend abgeflaut und die
„neue NHL“ begeistert seit Anfang Oktober mehr Zuseher den je. Wer nun
glaubt, dass sich die NHL mit dem neuen CBA schon bestens angefreundet hat,
liegt weit daneben. Agenten, Spieler und die General Manager der Klubs lernen
gerade erst mit den Eigenheiten des neuen Vertrages umzugehen.
Da es sich beim Salary Cap, der so genannten Gehaltsobergrenze von 39 Millionen
Dollar, nur um eine statische Zahl handelt, sprechen die Verantwortlichen der
Teams eher von „cap counts“. Wie der Kontostand eines gewöhnlichen
Bankkontos verändert sich auch der „cap count“ beinahe täglich. Wie viel
nun ein Team tatsächlich noch zum Ausgeben hat, errechnet sich nicht nur aus
den bislang getätigten Ausgaben, sondern auch daraus wie lange die Saison noch
geht.
Die Regular Season in der NHL dauert ganze 196 Tage. Mit
dem Salary Cap von 39 Millionen Dollar hat jedes Team rund 198 980 Dollar pro
Tag zur Verfügung. Ist man an einem Tag unter diesem Betrag wandert die
Differenz als Guthaben in eine „Cap-Bank“. Diese „Cap-Bank“ könnte für
einige Teams bis zum Ende der Transfer-Deadline am 9. März auch noch sehr
interessant werden. Mannschaften die es bis dahin schaffen, weit unter der
Gehaltsobergrenze zu bleiben, könnten zu diesem Zeitpunkt ein Vielfaches an
Spielergehältern bis zum Ende der Saison ausgeben.
Grund dafür ist, dass zur Zeit der Trade-Deadline, Gehälter
von neu geholten Spielern nur noch für die verbleibenden 40 Tage bezahlt werden
müssen. Da ab diesem Zeitpunkt nur noch 40 Tage in der Saison zu spielen sind,
würde nur noch ein Fünftel des eigentlichen Salärs eines betreffenden Akteurs
gegen den Salary Cap zählen. Eine erste große Lücke im neuen Collective
Bargaining Agrreement.
Noch ein kleines Beispiel dazu: Bleibt ein Team bis zum 9.
März 2006 mit vier Millionen Dollar unter der Gehaltsobergrenze, könnte es für
den Rest des Jahres theoretisch neue Spieler im Wert von 20 Millionen für die
verbleibende Saison engagieren. Gegen den Salary Cap zählt 40 Tage vor dem Ende
der Regular Season nämlich nur noch ein Fünftel des eigentlichen Salärs der
Spieler (in diesem Fall also genau die eingesparten vier Millionen). Die Folgen
für die Playoffs wären nicht auszudenken.
Zurzeit sind 14 NHL-Klubs auf dem Weg in dieser Saison
unter 35 Millionen Dollar auszugeben. Unter ihnen auch das so erfolgreiche Team
der Ottawa Senators. Die überragenden Senators könnten ihr Team für die
Post-Season also theoretisch noch hochkarätig verstärken. Wir lassen uns mal
überraschen.
Bei solchen Gedanken läuft es einigen Teamverantwortlichen eiskalt über den Rücken.
Die New Jersey Devils, Atlanta Trashers, Detroit Red Wings, Boston Bruins,
Vancouver Canucks, Tampa Bay Lightning und Anaheim Mighty Ducks wandern, was die
Gehaltsobergrenze betrifft, seit Saisonbeginn, auf einem sehr schmalen Grat und
müssen täglich darauf achten den Salary Cap nicht zu überschreiten. Die
Strafen für eine Verletzung der Bestimmungen wären drakonisch und reichen von
Geldstrafen bis hin zu Punktabzügen.
Den Teamverantwortlichen hilft eine geheime Internetseite,
in der sich die General Manager und andere Teamverantwortliche aktuell über
Spielerverträge und tägliche Gehälter informieren können. Bei einigen
Team-Managern steht diese Seite auf der Beliebtheitsskala ihrer persönlichen
Webpages ganz oben und wird täglich mehrere Male besucht. Denn jene, die in
ihrer Lohnliste nicht genügend Raum zur Gehaltsobergrenze frei gelassen haben,
sind gut beraten täglich ihren Kontostand zu prüfen. Detroit, Buffalo,
Minnesota, Phoenix, Tampa Bay und Washington haben sogar eigene „Capologists“
beauftragt, welche sich nur um Angelegenheiten kümmern, die den Salary Cap
betreffen.
Durch die finanziellen Geschicklichkeitsspiele einiger
Klubs sind spektakuläre Trades wie jener von Boston-Superstar Joe Thornton zu
den San Jose Sharks also nicht allzu verwunderlich. Obwohl man in Boston in der
Vergangenheit schon Stars wie Bobby Orr, Phil Esposito oder Ray Bourque in die Wüste
geschickt hat, kam der Trade von Joe Thornton aber trotzdem sehr überraschend.
Für „Jumbo Joe“ landeten auf jeden Fall Marco Sturm, Brad Stuart und Wayne
Primeau bei den Bruins. Mit diesem Trade sparte General Manager Mike O’Connell
ganze 1,5 Millionen Dollar auf der Gehaltliste ein.
Als absoluten Salary Dump betitelten die Medien den Trade
von Anaheim-Spitzenverdiener Sergei Fedorov (6,08 Millionen) zu den Columbus
Blue Jackets. Im Gegenzug stießen, mit Tyler Wrigth (1,06 Millionen) und
Francois Beauchemin (500 000 Dollar), Spieler zu den Mighty Ducks, die gemeinsam
nur rund ein Viertel des Salärs des achtfachen NHL-Allstars Fedorov einstreichen.
Unter dieselbe Kategorie fällt auch der Trade von Petr Sykora (3,116 Millionen)
zu den New York Rangers. Für den 29jährigen wechselte Maxim Kondratiev in den
Arrowhead Pond. Ersparnis bei diesem Deal: 2,641 Millionen Dollar.
Verletzungen sind ein weiterer wichtiger Punkt
Langzeitverletzungen sind dabei allerdings nicht das große
Problem. Durch eine long-term injury (LTI: mindestens 10 Spiele und 24 Tage)
kann das Team den Salary Cap genau um jenen Betrag überziehen, den der
verletzte Spieler Wert ist und als Ersatz beliebig viele Spieler einsetzen.
New Jersey Devils General Manager Lou Lamoriello war allerdings zum Handeln
gezwungen als sich sein Superstar Patrik Elias, von der langwierigen Hepatitis A
Infektion, wieder gesund zurückmeldete. Die Devils hatten aufgrund des Ausfalls
von Elias den Salary Cap auf 42,7 Millionen überzogen und mussten sich nach
seiner Wiedergenesung wieder Platz in ihrer Gehaltsliste verschaffen. Lamoriello
setzte kurzerhand den 3,5 Millionen schweren Russen Alexander Mogilny auf die
Waiver-Liste. Nachdem sich kein anderes NHL-Team die Dienste des ehemaligen
Topscorers leisten wollte, hat Mogilny nun die Ehre in der AHL für die Albany
River Rats auf Torjagd zu gehen.
Größere und vor allem unvorhersehbare Schwierigkeiten entstehen aber
vorwiegend durch kurze Ausfälle. Kurzzeitverletzungen zählen nämlich sehr
wohl gegen den Salary Cap und so kann es passieren, dass ein Team mit fünf
Kurzzeitverletzten mit einen Kader von weniger als 18 Spielern antreten muss, da
die ausgefallenen Spieler die Lohnliste des Teams zu sehr belasten und nicht
ausgewechselt werden können. Mannschaften, die solche Situationen nicht von
Anfang an im Budget einberechnet haben, geraten also durch viele
Kurzzeitverletzungen arg in Bedrängnis.
Generell erscheinen alle Spieler im Kader eines Teams auf der Lohnliste des
Klubs. Nach dem neuen CBA zählen aber immer die Durchschnittsgehälter gegen
den Salary Cap. Unterschreibt also ein Spieler zum Beispiel einen mit 30
Millionen Dollar dotierten Fünf-Jahres Vertrag, werden jedes Jahr sechs
Millionen Dollar gegen den Cap gerechnet. Marian Hossa von den Atlanta Trashers
verdient zum Beispiel in der aktuellen Saison fünf Millionen Dollar. Weil er
aber einen mit 18 Millionen Dollar dotierten Dreijahresvertrag unterzeichnet
hat, zählen für den Slowaken auch in dieser Saison die durchschnittlichen
sechs Millionen gegen den Salary Cap der Atlanta Trashers.
Überdies dürfen die Teams auch Bonuszahlungen ausschütten, welche natürlich
bei der Gehaltsobergrenze auch berücksichtigt werden müssen. Grundsätzlich
sind drei Spielertypen berechtigt Bonuszahlungen zu kassieren. An erster Stelle
wären jene Rookies, die ihre Verträge nach dem Lockout unterzeichnet haben
(Crosby, Ovechkin, Vanek). Auch ältere Spieler (35 Jahre und älter), die
Einjahresverträge unterzeichnet haben und zuletzt Spieler, die von
Langzeitverletzungen zurückkehren.
Die
Bonuszahlungen zählen allerdings voll gegen den Salary Cap. Mannschaften, die
am Ende der Saison, aufgrund der Bonuszahlungen, über das Limit von 39
Millionen Dollar kommen, dürfen zwar den Cap um maximal 7,5% (auf 41,9
Millionen) überziehen. Doch in der nächsten Saison folgt eine Reduktion der
Team-Gehaltsobergrenze um genau jenen überzogenen Betrag. Die
Atlanta Trashers könnten damit Probleme bekommen, denn Peter Bondra zählt
wegen der anfallenden Bonuszahlungen aufgrund seiner guten Leistungen in dieser
Saison mit 3,4 Millionen gegen den Salary Cap der Trashers. Sein Grundgehalt
liegt allerdings nur bei 505 000 Dollar.
Unter dem neuen CBA darf das Maximal-Salär eines Spielers
nicht über 20% der Gehaltsobergrenze von 39 Millionen liegen. Der
Maximalverdienst eines einzelnen Spielers darf also 7,8 Millionen Dollar nicht
übersteigen. Der derzeit groß aufspielende New York Rangers Superstar Jaromir
Jagr ist allerdings, mit 8,36 Millionen pro Jahr, der absolute Topverdiener der
NHL.
Dies ist nur möglich, da Jagrs Vertrag noch in die Übergangsregelung
aus altem und neuem CBA fällt. Überdies verbraucht Jagr nur 4,94 Millionen in
der Gehaltsliste der New York Rangers. Die Differenz von 4,02 Millionen tragen
noch die Washington Capitals, die bei seinem Trade im Jahre 2004 zugestimmt
haben, einen Anteil seines Vertrags zu übernehmen. Den Salary Cap der Capitals
belasten die 4,02 Jagr Millionen allerdings nicht.
Obergrenze wird raufgesetzt
Während die Diskussionen um die Gehaltsobergrenze weitergehen wurde für nächste
Saison bereits ein Salary Cap von minimal 40 bis maximal 45 Millionen Dollar
prognostiziert. Der bisherige Salary Cap von 39 Millionen Dollar basiert auf
ligaweiten Einnahmen von 1,8 Milliarden Dollar. Kürzlich verlautbarte NHL
Commisioner Gary Bettman, dass das neue CBA vorschreibt die Gehaltsobergrenze
der nächsten Saison an die erwirtschafteten Einnahmen aus dieser Saison
anzupassen. Prophezeiungen zufolge wird die gesamte NHL heuer ungefähr 2
Milliarden Dollar einnehmen, was dann in der Saison 2006-2007 zu einem Salary
Cap von 41,6 Millionen Dollar pro Team führen könnte. Erwirtschaften die Teams
gar 2,1 Milliarden könnte der Cap auf 43,4 Millionen ansteigen bei 2,4
Milliarden gar auf 45,3 Millionen. Bricht der Zuschauerschnitt in den noch
ausstehenden Monaten ein und die Gesamteinkünfte fallen auf 1,9 Millionen
lautet die magische Zahl in der nächsten Saison 39,8 Millionen Dollar. Dies ist
allerdings nicht zu erwarten, da in den Monaten Februar und März das Interesse
für den Eishockeysport in Nordamerika traditionell einen Aufschwung erlebt. Die
Baseball Major League startet erst im März und die American Footballer beenden
ihre Spielzeit Ende Januar.
Die Spieler können sich also wieder auf lukrativere Verträge
freuen. Eine 45 Millionen Dollar Obergrenze würde den Maximalverdienst eines
Einzelspielers bis auf 9 Millionen Dollar pro Jahr anheben. Die Angst, dass
aufgrund des Salary Caps nur die Spitzenspieler weiterhin fürstlich entlohnt würden
und die Mittelschicht ausgelöscht werde, hat sich nicht bewahrheitet. In der
Saison vor dem Lockout gab es 82 Spieler, die unter 500 000 verdienten. In der
aktuellen Saison stieg deren Zahl zwar auf cirka 130 an und das obwohl das
Minimum Salär von 180 000 im neuen CBA auf 450 000 Dollar gestiegen ist.
Das prognostizierte Durchschnittssalär
eines NHL-Profis wird in dieser Spielzeit bei etwa 1,6 Millionen Dollar liegen,
also deutlich höher als die noch vor Beginn der Saison prophezeiten 1,3
Millionen. Zwar liegen die Durchschnittsgehälter noch immer klar unter den
Zahlen, die vor dem Lockout bezahlt wurden (1,81 Millionen), doch mit solchen
Nachrichten kann der Vorsitzende der Spielergewerkschaft Ted Saskin die
Mitglieder der NHLPA wieder ein wenig besänftigen.
Nachdem die NHL-Gehälter schon vor der Saison generell um
24% heruntergeschraubt wurden, kam Saskin mit der Einführung des neuen
Escrow-Systems harsch in die Kritik. Durch dieses System verloren die Spieler im
ersten Viertel der Saison nochmals 12% ihres Gehaltes. Eine Gruppe um den
ehemaligen NHL-Profi Trent Klatt und den Anwalt Bob Lanza macht Saskin schon
seit einigen Monaten das Leben schwer und will unabhängige Untersuchungen aller
NHLPA betreffenden Punkte. Die Verhandlung des neuen CBA und die Ablösung von
Bob Goodenow durch Ted Saskin sind Eckpunkte ihrer Einwände.
Was das Escrow System betrifft kann Saskin aber auch mit erfreulichen
Nachrichten punkten. Sollte die gesamte NHL Einkünfte von über 2,05 Milliarden
Dollar in dieser Saison einfahren, würden die Spieler die gesamte Abgabe von
12% wieder zurückbekommen. Beispielsweise bekäme Marco Sturm mit einem Gehalt
von 2,05 Millionen Dollar immerhin 246 000 Dollar rückerstattet.
Machen die Gesamteinnahmen der NHL 2 Milliarden Dollar aus,
fallen nur 1,7 % Escrow-Payment an, bei 1,9 Milliarden sind es dann 6,9%.
Durch die, über den Erwartungen liegenden Einnahmen der
gesamten Liga, sollte der Protzentsatz für die Escrow-Abgaben also niedrig
bleiben. Somit wird auch das Durchschnittsgehalt eines NHL-Spielers auf ungefähr
1,6 Millionen Dollar pro Jahr steigen.
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