NHL unter Druck: Coyotes oder Thrashers vor dem Umzug?
NHL-Playoffs: Tampa Bay und Calgary spielen um den Stanley Cup
Nachdem der
in finanziellen Schwierigkeiten steckende NHL-Klub Phoenix Coyotes vergangenen
Dienstag Insolvenz angemeldet hat und über eine Übernahme der Franchise durch
den kanadischen Geschäftsmann Jim Balsillie verhandelt (Hockeyweb berichtete), hat mittlerweile laut Berichten
der Tageszeitung "The Hamilton Spectator" eine weitere Investorengruppe mit Hamiltons
Bürgermeister Fred Eisenberger Gespräche über ein NHL-Team in der Metropole im
Süden der kanadischen Provinz Ontario aufgenommen. Den Berichten zufolge vertritt
der aus Vancouver stammende Bauland-Makler Tom Gaglardi, dem zusammen mit den
NHL-Profis Mark Recchi, Darryl Sydor, Jarome Iginla und Shane Doan
(pikanterweise Mannschaftskapitän der Phoenix Coyotes) die Kamloops Blazers aus
der Western Hockey League gehören, eine Gruppe von Geschäftsleuten, die die
NHL-Franchise Atlanta Thrashers (wie Balsillie die Coyotes) nach Hamilton
umsiedeln will. Die Thrashers gehören zwar angeblich auch zu den NHL-Klubs mit
Geldnöten (vergangene Saison war die Philips Arena im US-Bundesstaat Georgia
bei Heimspielen der Thrashers durchschnittlich nur zu 79 Prozent gefüllt),
hängen aber nicht am Tropf der Liga-Leitung wie die Coyotes, die seit Dezember
2008 hohe Subventionen erhalten und in der diesjährigen Vorrunde im Schnitt
auch nur knapp 84 Prozent der Zuschauerkapazität ihrer heimischen Jobing.com
Arena erreichten. Sogar
Ontarios Ministerpräsident Dalton
McGuinty hat sich
unterdessen zu Wort gemeldet und den Zuzug eines NHL-Teams in den Süden der
Provinz befürwortet, auch wenn es dann zu territorialen Problemen mit den
Toronto Maple Leafs (ebenfalls in Ontario ansässig) und den Buffalo Sabres (kurz
hinter der Grenze zum US-Bundesstaat New York beheimatet) kommen dürfte.
NHL-Commissioner
Gary Bettman hat sich dagegen in einer Radio-Talkshow strikt gegen die Umzugspläne
ausgesprochen und mit Blick auf die Eishockey-Fans in Arizona und Georgia erklärt,
dass die Liga alles tun werde, um alle Teams an ihren derzeitigen Standorten zu
belassen. Offenbar hofft die Liga-Exekutive immer noch, die Klubs in den
südlichen US-Bundesstaaten Arizona, Florida, Tennessee und Georgia nach einer
gewissen Anpassungsphase in die Gewinnzone führen zu können. In den
Südstaaten erfreuen sich vor allem die NASCAR-Autorennserien, die National
Football League, die National Basketball Association sowie die Schaukämpfe der
World Wrestling Entertainment enormer Beliebtheit.
Auch Ron
Joyce, Mitbegründer der kanadischen Fastfood-Kette Tim Hortons und bis 2001 einer
der Besitzer des NHL-Klubs Calgary Flames, zweifelt am Sinn eines
Standortwechsels in die Stahlstadt Hamilton. Während der Liga-Expansion
im Jahr 1990 hatte Joyce bereits versucht, eine Franchise in Hamilton zu
platzieren, scheiterte aber am Widerstand der NHL-Oberen und ist heute nicht
einmal traurig darüber: „Es gibt nicht genügend Firmenhauptquartiere in
Hamilton, um die Luxusboxen im Copps Coliseum zu füllen, und das ist ein Haufen
Geld, der einem Klub dort fehlen würde.“ In die gleiche Kerbe schlägt auch Trillerpfeifen-Hersteller
Ron Foxcroft: „Jeder, der in Hamilton einen NHL-Klub betreiben will, sollte
sich erst mal sehr starke Arzneimittel verschreiben lassen.“ Aber sowohl Joyce als
auch Foxcroft räumen ein, dass Jim Balsillie mit seinen BlackBerry-Milliarden
in der Lage sei, eine Franchise trotz finanzieller Verluste über Wasser zu
halten.
Bei den
Eishockey-Fans in Kanada ist der Umzug der Coyotes nach Hamilton längst
beschlossene Sache: Über 100.000 Befürworter der Team-Übernahme durch Balsillie
haben sich bereits dessen Online-Petition „MakeItSeven.ca“ (derzeit gibt es mit
den Flames, den Maple Leafs, den Montréal Canadiens, den Ottawa Senators, den
Edmonton Oilers und den noch in den diesjährigen Playoffs aktiven Vancouver
Canucks sechs kanadische NHL-Klubs) angeschlossen, und die Zahl steigt. Doch
derlei Aktionen dürfen nicht überbewertet werden, denn auch vor dem Umzug der
damaligen Winnipeg Jets nach Arizona 1996 hatten sich Unmengen von Fans für ein
Team im US-amerikanischen Wüstenstaat stark gemacht. Trotzdem müssen Bettman
& Co zumindest konzedieren, dass die von ihnen betriebene Expansion der NHL
in den Süden der USA der Liga bislang nicht viel Positives gebracht hat. Ob
allerdings ein Zurückrudern in traditionelle Hockey-Hochburgen oder eher eine
Reduzierung der Liga von 30 auf möglicherweise 24 Klubs, um nur tatsächlich
profitable Franchises an Bord zu haben, die richtige Alternative ist, lässt sich
auch mit Blick auf die globale Finanzkrise derzeit schwer abschätzen. (Oliver
Stein)