NHL-Play-Off-Vorschau, Teil 2

Heute geht es weiter in der NHL nach den vier Eröffnungspartien gestern Abend. Patrick Bernecker und Oliver Stein mit der Vorschau auf die Play-Off-Serien, Teil 2.
Boston Bruins (1.) – Montréal
Canadiens (8.)
Die
Canadiens sind Bostons Angstgegner. Aber das ist auch schon fast alles an
Argumenten gegen einen Sieg der Bruins, die mit 116 Punkten ihre beste Vorrunde
seit langer Zeit bestritten haben – genau gesagt seit 1972, als Boston mit 119
Punkten abschloss und dann auch zum bislang letzten Mal in der Teamgeschichte
den Stanley Cup gewonnen hat.
Die Vorrunde 2009
Ach ja, die
Habs feiern dieses Jahr ihr hundertjähriges Klubjubiläum, haben jedoch in
dieser Saison nur die erste von sechs Partien gegen die Bruins gewonnen: Am 15.
Oktober vergangenen Jahres, und da ging es ins Penaltyschießen. Doch nur die
6:1-Packung für Montréal am 13. November in Boston (jeweils zwei Tore von
Stéphane Yelle und Marco Sturm, der verletzt ausfällt) war deutlich, ansonsten
mussten die Bruins gegen die Erzfeinde stets Vollgas geben.
Die Historie
Der
Evergreen unter den Play-Off-Begegnungen in der NHL geht in die 32. Runde, und
die Historie spricht eigentlich klar für den Klub aus Québec. Einen Mangel an
Disziplin können sich die B’s nicht leisten, denn das Powerplay der Canadiens
ist sehr gefährlich, und so mancher Fan dürfte sich noch an das Halbfinale 1979
erinnern, als sich die Bruins mit einem blöden Wechselfehler den greifbar nahen
Sieg im siebten Spiel in Montréal noch nehmen ließen.
Die Chancen
Soweit
sollte es diesmal nicht kommen, wenn Torhüter Tim Thomas seine Form aus der
Vorrunde (NHL-Spitzenwerte bei Fangquote und Gegentorschnitt) in die Play-Offs
mitnimmt, die Boliden Zdeno Chara, Milan Lucic, Blake Wheeler und Shawn
Thornton keine dummen Strafzeiten verursachen und Marc Savard, Phil Kessel,
Michael Ryder und Mark Recchi vorne für Zählbares sorgen. Bei Montréal kommt es
besonders auf Torwart Carey Price an: Spielt er ähnlich schwankend wie in der
Vorrunde, ist das einhundertste NHL-Jahr der Habs schnell vorbei.
Die Einschätzung
Die
Canadiens haben zur Unzeit ein Tief (nur fünf Siege aus den letzten 15
Spielen), und Topverteidiger Andrei Markov ist wahrscheinlich nur als Zuschauer
dabei. Prognose: Boston gewinnt die Serie in maximal sechs Partien.
San Jose
Sharks (1.) – Anaheim Ducks (8.)
Diese Serie
dürfte eine der spannendsten werden und heftig umkämpft sein. Die Teams aus
Kalifornien haben es sich in der Vorrunde so richtig gegeben, da blieb kein
Auge trocken. Der achte Platz spiegelt zudem nicht wirklich die
Leistungsfähigkeit der Ducks wieder. Ein großes Plus des Teams ist zum Beispiel
die Auswärtsstärke. Bei den Sharks hängt viel davon ab, ob Spielmacher Joe
Thornton endlich einmal auch in den Play-Offs so aufspielen kann wie in der
Vorrunde. Doch ihm wird sicherlich ein Bewacher wie Chris Pronger zur Seite
gestellt.
Die Vorrunde 2009
In San Jose
siegten die Sharks mit 4:1 und 2:0, verloren aber im letzten Vergleich kurz vor
dem Ende der Vorrunde am fünftletzten Spieltag mit 2:5. Anaheim siegte zuhause
4:0, verlor aber 0:1 und 2:3, letzteres am viertletzten Spieltag. Somit endete
der Vergleich mit 4:2 für San Jose.
Die Historie
Seit 1993
sind die Ducks in der NHL dabei, aber noch nie standen sie den Sharks in den
Play-Offs gegenüber. Zum ersten Mal nach 40 Jahren stehen sich zwei Teams aus
Kalifornien wieder gegenüber: 1969 hatten die Los Angeles Kings die Oakland
Seals aus dem Rennen geworfen.
Die Chancen
Die Sharks
sind das Maß der Dinge nach dem Gewinn der Presidents' Trophy aufgrund der
meisten Punkte in der Vorrunde. Nur fünf Spiele verlor das Team zuhause nach 60
Minuten, weitere vier in der Overtime oder dem Penaltyschießen. Anaheim ist
dagegen zuhause schwächer als auswärts. Und beide Teams haben ein exzellentes
Powerplay, die Sharks jedoch das deutlich bessere Unterzahlspiel bislang. Es
wird ein Kampf auf Biegen und Brechen, etwa wie beim 4:0 der Ducks am 17.
Oktober 2008, als es zu drei Faustkämpfen kam. Im nächsten Spiel, 2:0 für San
Jose, kam es zu einem Kampf sowie einer Fünfminutenstrafe gegen Sharks-Verteidiger
Rob Blake nach einem Stockstich gegen Corey Perry. Scott Niedermayer und Milan
Michalek erhielten jeweils zehn Minuten. Im letzten Aufeinandertreffen rasselte
es, als mit dem Schlusspfiff Ryan Getzlaf in Torhüter Evgeni Nabokov
hineinsprang und eine Keilerei auslöste.
Die Einschätzung
Die
Auswärtsstärke der Ducks hin oder her: San Jose landete nicht umsonst auf Rang
eins nach der Vorrunde und war dabei das beste Heimteam der NHL. Gerade im
Sturm besitzen die Sharks wesentlich mehr Tiefe. Prognose: San Jose siegt in
sechs Spielen.
Detroit Red
Wings (2.) – Columbus Blue Jackets (7.)
Der
amtierende Stanley-Cup-Sieger aus Detroit ist bei allen Buchmachern der
Favorit. Keine Frage, dass das europäischste Team der NHL (acht Schweden, drei
Tschechen, zwei Finnen, ein Russe) am besten besetzt ist. Jedoch schwächelten
die Wings zum Ende der Vorrunde: Aus den letzten zehn Partien wurden nur drei
Siege geholt. Wurden da für die Play-Offs Taktiken ausprobiert oder waren das
Ermüdungserscheinungen? Allerdings lief es bei den Jackets kaum besser mit
ebenso nur drei Siegen aus den letzten zehn Spielen.
Die Vorrunde 2009
In Detroit
siegten die Wings 5:3 und 3:0, ehe sie im dritten Spiel mit 2:8 untergingen. In
Columbus gab es ein 3:2 in Overtime sowie ein 3:2 und ein 0:4 aus Sicht der
Jackets: Damit endete die Serie 3:3 unentschieden.
Die Historie
Zum
ersten Mal überhaupt stehen die Jackets
in den Play-Offs. In der Vorrunde trafen beide Teams nun bisher 51-mal
aufeinander, 36 Spiele gewannen die Wings, 14 die Jackets bei einem Remis. Die
Quote bei Heimspielen der Wings gegen Columbus: 76 Prozent gewinnt Detroit,
auswärts hat das Team 67,3 Prozent der Spiele gewonnen.
Die Chancen
Die Jackets
sind natürlich der absolute Außenseiter in der Serie, aber chancenlos sind sie
nicht. Mit aggressivem Forechecking muss das Team versuchen, die Wings bereits
im Aufbau zu stören. Das setzt große Laufbereitschaft voraus und birgt auch die
Gefahr, Strafen zu nehmen. Mit 25,5 Prozent ist Detroit aber auch das beste
Team in Überzahl in der Vorrunde gewesen. Columbus stand in den 82 Spielen mit
12,7 Prozent Erfolgsquote am anderen Ende der Wertung. Schlechte
Voraussetzungen für die Jackets.
Die Einschätzung
Detroit hat
ein Torwartproblem – könnte man meinen, weil weder Chris Osgood noch Ty Conklin
in der Vorrunde komplett überzeugten. Was Osgood kann, hat er aber in den
Play-Offs 2008 bewiesen, nun ist die Frage, ob er den Schalter so schnell
umlegen kann. Den Jackets fehlt es einfach an Play-Off-Erfahrung, um eine
Truppe wie die Wings in die Knie zu zwingen. Prognose: Detroit gewinnt in fünf
Spielen.
Chicago Blackhawks (4.) – Calgary
Flames (5.)
Die Flames
gelten im Westen als das schwächste an den Play-Offs teilnehmende Team. Nur sechs
der 15 Spiele gewannen sie im März, im April waren es weitere drei von sechs,
nur zwölf Tore gelangen den Flames in diesen sechs Spielen. Kein guter
Ausgangspunkt, zumal die Hawks nach sechs Siegen aus sieben Spielen im April
(darunter zwei Siege gegen Detroit) vor Selbstvertrauen nur so strotzen.
Die Vorrunde 2009
Alle vier
Spiele gingen an die Blackhawks, ein deutliches 4:0.
Die Historie
1981 trafen
beide Teams zum ersten Mal aufeinander in den Play-Offs, es war die erste
Saison der Calgary Flames überhaupt. Chicago verlor 0:3 nach Spielen in einer
damals abgehaltenen Pre-Play-Off-Runde. 1989 sahen sich die beiden Teams im
Conference-Finale wieder, die Flames setzten sich mit 4:1 durch und wurden im
späteren Finale gegen Montreal Stanley-Cup-Sieger. 1996 war dann das vorerst
letzte Mal, dass beide Teams gegeneinander spielten, diesmal behielten im
Conference-Viertelfinale die Hawks die Oberhand.
Die Chancen
Die Flames
bereits abzuschreiben wäre ein großer Fehler. Nicht umsonst galt der Klub als
Sieger nach der Trade Deadline durch die Verpflichtung von Olli Jokinen und
Jordan Leopold. Das Grundproblem aber ist, dass die Flames nicht fit sind: Verteidiger
Rhett Warrener fällt wohl die gesamten Play-Offs über aus, Mark Giordano nach
Schulter-OP ohnehin, Robyn Regehr hat's am Knie erwischt, Rückkehr ungewiss,
Stürmer Wayne Primeau fällt seit Dezember aus, hinter dem Einsatz von Cory
Sarich, Dion Phaneuf und Curtis Glencross steht ein Fragezeichen. Kein Wunder
also, dass die Flames die vergangenen Wochen mehr schlecht als recht durchgestanden haben.
Die Einschätzung
Die Hawks
sind ein junges Team mit viel Elan und Enthusiasmus. Letzteren muss Coach Joel
Quenneville eventuell auch mal bremsen, damit sich die erfahrenen Flames den
möglichen Übereifer der Hawks nicht zu nutzen machen. Der momentane
Leistungsstand und auch die Verletzten der Flames sagen aber deutlich: Chicago
ist der Favorit. Prognose: Die Blackhawks siegen in sechs Spielen.