NHL-Play-off 2010: Normalität im Westen – Sensationen im Osten

Western Conference: Sorgen um die Teamleader der San José Sharks – Die Canucks als Kanadas Hoffnung auf den Cup?
Die erste Runde im Rennen um
die wohl am schwierigsten zu erringenden Mannschaftstrophäe der Welt,
den Stanley Cup, ist absolviert. Im Westen blieben die Überraschungen
weitestgehend aus, da sich die San José Sharks als Konferenzsieger
der Vorrunde ebenso in sechs Spielen über die Colorado Avalanche, wie
die Chicago Blackhawks als Zweiter gegen die Nashville Predators und
die Vancouver Canucks als Dritter über die Los Angeles Kings durchsetzten,
mit den Phoenix Coyotes blieb lediglich der Vierte nach der vollen Distanz
der Best of Seven-Serie gegen die routinierten Detroit Red Wings auf
der Strecke. Zwar legten die nach der Vorrunde Besserplatzierten gerade
zum Serienauftakt den einen oder anderen „Wackler“ hin, am Ende
jedoch hatten sie bis auf besagte Ausnahme die Nase vorn. Nichtsdestotrotz
wussten zum Beispiel die jungen Los Angeles Kings ungeachtet ihres Ausscheidens
durchaus zu gefallen und bestätigten ihren positiven Trend. Gerade
mit den Kings, die etliche hoffnungsvolle Talente, wie etwa Torhüter
Jonathan Quick oder Verteidiger Drew Doughty, in ihren Reihen
haben, wird schon in der neuen Spielzeit zu rechnen sein. Gegen die
sehr ausgeglichen besetzten Canucks, mit einem herausragenden Mikael
Samulesson (7 Tore/ 4 Vorlagen) als Goalgetter, fehlte es den Jungs
aus der kalifornischen Metropole wohl vor allem noch an der nötigen
Play-off-Erfahrung.
Dass die ebenfalls recht junge
Colorado Avalanche den San José Sharks das Leben ziemlich schwer
machte, war nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass einige „big
boys“ der Sharks nicht so recht aus den Puschen kamen. Weder Joe Thornton,
noch Dany Heatley (musste zwischenzeitlich verletzungsbedingt pausieren),
geschweige denn Patrick Marleau verstanden es bislang, dem Spiel ihrer
Mannschaft eindeutig den Stempel aufzudrücken. In Sachen Produktion
trumpften stattdessen Joe Pavelski (7/4), Ryan Clowe (1/7) und Devin
Setoguchi (4/3) auf. Im Konferenz-Halbfinale treffen die Sharks nun
auf die erstarkten Detroit Red Wings, angeführt vom Schweden Henrik
Zetterberg (6/5). Spiel eins gewannen die Kalifornier in der vergangenen
Nacht mit 4:3. Und endlich sprang mit einem Treffer und einer Vorlage
mit Dany Heatley auch einer der Top-Stars aus den Büschen. Thornton
hingegen steuerte wieder nur einen Assist zum Sieg bei und Marleaus
Name fand sich wegen einer Erkältung erst gar nicht im Line-up. Ohne
die Punkte ihrer Top-Stars aber könnte es den Sharks wie schon so oft
passieren, dass nach einer überzeugenden Vorrunde in den Play-off ein
weiteres Mal frühzeitig Schluss ist.
Die zweite Begegnung des Konferenz-Halbfinales
heißt Chicago Blackhawks gegen Vancouver Canucks. Dass beide Teams
nicht erst im Konferenz-Finale aufeinander treffen, ist schon einigermaßen
bedauerlich. Eines von zwei sehr interessanten Teams wird also frühzeitig
auf der Strecke bleiben. Es dürfte freilich dennoch spannend zu beobachten
sein, ob sich die jugendlichen Helden der Hawks um Patrick Kane und
Jonathan Toews oder die wesentlich von der Schweden-Power der Sedin-Zwillinge
und Mikael Samuelsson angetriebenen Canucks am Ende durchsetzen werden.
Der schon vor Beginn der Play-off häufig gehörten Ansicht, das Team
aus der Provinz British Columbia sei ein aussichtsreicher Kandidat,
den Stanley Cup endlich wieder ins Mutterland des Eishockeys zu holen,
kann man sich indessen wohl guten Gewissens anschließen. Vielleicht
hilft es ja, dass Vancouver sich bei den diesjährigen Olympischen Spielen
schon einmal als Ort zur Erfüllung kanadischer Eishockeyhoffnungen
als überaus tauglich erwies?
Eastern Conference: Montreal,
Philadelphia und Boston überraschen
Alles in der Serie zwischen
den Washington Capitals, dem punktbesten Team der Liga, und den Montreal
Canadiens (8. der Vorrunde) schien seinen erwartungsgemäßen Gang zu
gehen: Nach vier Spielen lag die Truppe um Alexander Ovechkin mit 3:1
Siegen vorn, den Schlusspunkt unter die Serie gegen bis dahin wenig
überzeugende Canadiens zu setzen galt als reine Formsache. Aber denkste!
Ausgerechnet Habs-Goalie Jaroslav Halak, der zur Mitte von Spiel 3 noch
seinen Platz zwischen den Pfosten für Carey Price räumen musste, verlieh
seiner Mannschaft fortan mit schier unglaublichen Saves in ebenso unglaublicher
Anzahl so viel Sicherheit und neue Zuversicht, dass die so enorm offensivstarken
Caps quasi an der letzten Verteidigungslinie der Habs verzweifelt zerschellten.
Wer bisher noch nicht wusste, welche Bedeutung im Eishockey die Leistung
des Torhüters für Erfolg oder Misserfolg seiner Mannschaft haben kann,
dem sei die Serie zwischen Capitals und Canadiens als Lehrfilm ans Herz
gelegt! Wenn das Aus der Washington Capitals, die als dominierendes
Vorrundenteam zum engsten Favoritenkreis auf den Gewinn des Stanley
Cups zählten, etwas Gutes abzugewinnen ist, dann dass Alexander Ovechkin
und Alexander Semin signalisierten, die Sbornaja jetzt bei der Weltmeisterschaft
in Deutschland bei der Verteidigung ihres Titels unterstützen zu wollen.
Die Montreal Canadiens hingegen stehen im Konferenz-Halbfinale vor der
nächsten schwierigen Aufgabe, die da Pittsburgh Penguins (4. der Vorrunde)
heißt und kein Geringerer ist als der amtierende Champion. Ob die Habs
ihren „Zwergenaufstand“ auch gegen Crosby, Malkin & Co. erfolgreich
werden fortsetzen können, darf jedoch bezweifelt werden. Wenn aber
doch, ja dann ist für die Habs in diesem Jahr wohl vieles, wenn nicht
sogar alles möglich!
Als Zweiter der Vorrunde waren
die New Jersey Devils in die Play-off gestartet. Eh schon recht namhaft
besetzt, verstärkten sie sich vor Ende der Transferzeit bekanntlich
noch um den Russen Ilya Kovalchuk. Die Devils gehörten auch deshalb
einmal mehr zum Kreis der Titelaspiranten. Doch zum entscheidenden Zeitpunkt
war den Chefkanonieren Travis Zajac, Zach Parise, Patrick Elias und
eben Kovalchuk das Schießpulver nass geworden. Verblüfft von der unangenehmen
Bissigkeit der Philadelphia Flyers, mussten die Devils schon nach fünf
Spielen ernüchtert die Waffen strecken. Während für die Devils also
überraschend früh Feierabend war, treffen die Flyers in der nächsten
Runde auf die Bosten Bruins, welche ihrerseits nicht sehr viel weniger
überraschend die Buffalo Sabres nach sechs Spielen in den Urlaub verabschiedeten.
Im Duell des Vorrundensechsten gegen den Siebten genießen die Bruins
zudem den Heimvorteil. Ein überaus erfreulicher Umstand, der zum einen
die Fans, zum anderen aber ganz gewiss die kaufmännische Abteilung
der Bruins in Jubelstimmung versetzt haben dürfte. Sportlich sollten
die Bruins eigentlich die Nase vorn haben. Zumal die Flyers auf unbestimmte
Zeit auf die Stürmer Simon Gagne, Jeff Carter und Ian Laperriere verzichten
müssen. Auch ist abzuwarten, wie stabil Torhüter Brian Boucher bleibt.
Im Tor der Bruins liefert der Finne Tukka Rask, der Routinier Tim Thomas
verdrängte, bislang jedenfalls weiter konstant gute Leistungen ab.
Hier bahnt sich ein in jeder Hinsicht interessantes Duell an. Über
den Ausgang darf nach dem bisherigen Verlauf der Play-off speziell in
der Eastern Conference je nach Präferenz in jedwede Richtung gemutmaßt
werden. – Die Tipps des Autors für die Conference Finals lauten:
im Westen Vancouver Canucks – Detroit Red Wings und im Osten Pittsburgh
Penguins – Boston Bruins. (mac)