NHL: Keine Angst vor der KHL

Im Kampf um den europäischen Eishockey-Markt zeigt die National Hockey League (NHL) noch keinen Respekt vor der neuen, osteuropäischen Kontinentalen Hockey-Liga (KHL), die in Fachkreisen bereits als aufstrebender Nebenbuhler gehandelt wird.
„Eine Liga in ihrem ersten Jahr ist schwer mit einer, die 1917 gegründet wurde und eine lange Tradition hat, zu vergleichen“, sagte NHL-Comissioner Gary Bettman unmissverständlich am Donnerstag in Prag, wo am Wochenende die New York Rangers gegen den Tampa Bay Lightning in die neue NHL-Saison starten und mitten in Europa Flagge zeigen. Er ist sich weiterhin sicher: „Die besten Spieler der Welt wollen nach wie vor in der NHL spielen.“
Unterstützung erfährt er von Paul Kelly, dem Chef der Spielergewerkschaft NHLPA, der in der KHL zwar viele junge und talentierte Spieler, aber noch einen Unterschied zur NHL ausmacht. „Wir ziehen nach wie vor die besten Spieler an, das wollen wir weiterführen.“
Europa spielt im Business Plan der NHL unabhängig von der KHL eine immer größere Rolle. Dieser Eishockey-Markt soll bedient und von der NHL mit mehr Präsenz erobert werden. Es deutet alles darauf hin, dass die momentan in Europa platzierten Auftaktspiele der Saison nur der Anfang sind, wie die beiden Nordamerika-Vertreter in Prag durchblicken ließen. „Wir wollen auf einer permanenten Basis wiederkommen“, kündigte Gary Bettman an. „Wenn wir mehr Teams in mehr Städten präsentieren können, dann sollten wir das machen.“
Das Interesse ist auch von Ausrichterseite da. Die Nachahmer von London im Vorjahr und jetzt Stockholm und Prag stehen bereits vor der Tür. Allerdings ließ der NHL-Funktionär nicht den geringsten Zweifel daran, dass man nur in Städte geht, die für allerhöchste Qualität bürgen und auf deren Unterstützung und Kooperation man sich verlassen kann.
Paul Kelly verriet, dass auch Einladungen nach Minsk (Weißrussland) und St. Petersburg (Russland) vorliegen würden, um dort in der Zukunft die NHL ebenfalls debütieren zu lassen. „Wir werden uns die Anfragen ansehen und bewerten“, sagte er. Nur wegen einem russischen Hintergrund oder einer Verbindung zur KHL würde niemand abgelehnt.
Auch über eine generelle Ausweitung der NHL um Teams aus Europa wird immer wieder und gerne spekuliert. Dieser erteilte Gary Bettman kurz- und mittelfristig eine Absage: „Ich schließe nichts aus, das Leben ist lang, aber solche Pläne haben wir derzeit nicht auf dem Tisch.“
Paul Kelly geht davon aus, dass eine solche Expansion in den nächsten fünf Jahren kein Thema werden wird. „Der Fokus liegt weiter auf Nordamerika, aber natürlich hält man sich die Optionen offen.“ Allerdings lässt er seine Gedanken spielen: „Wenn der Tag kommen würde, an dem wir soweit sind, müsste man sich zu allererst mit den Verbänden in Europa zusammensetzen.“
Als Gewerkschaftsvertreter stieß er die Tür bereits ein Stück weit auf, als er meinte, dass für die Spieler die Entfernung von Nordamerika keine Rolle spielen würde. Es wäre kein großer Unterschied, ob man von Vancouver nach Tampa Bay oder von der Ostküste nach Europa fliegt.
Große Zukunftsvisionen als Gedankenspiele im Hinterkopf, stehen aber erst einmal die NHL-Auftaktspiele in Prag und Stockholm am Samstag und Sonntag konkret vor der Tür.
Gary Bettman sieht sich mit der Metropole an der Moldau als Austragungsort bereits in der Vergabe bestätigt. Er sparte nicht an Lob und Vorschusslorbeeren. „Die Unterstützung ist großartig. Das ist eine erstklassige Halle. Wenn wir uns dessen allerdings nicht sicher gewesen wären, hätten wir den Weg hierher erst gar nicht gemacht.“
Ein Grund, nun die Tschechische Republik mit NHL-Eishockey zu bedienen, ist auch die dortige Tradition der Sportart. Gary Bettman sagte: „Wir wissen um die Geschichte. Spieler, die hier ausgebildet werden, können sich weltweit behaupten.“ Einen Wermutstropfen gibt es aber trotzdem. Ausgerechnet Superstar Jaromir Jagr hat inzwischen den Rangers den Rücken gekehrt und spielt just bei Omsk in der KHL.
Die NHL kommt in Prag dennoch gut an. Trotz hoher Eintrittspreise waren im Frühjahr beide Spiele innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Diesen Volltreffer haben die Verantwortlichen in Nordamerika bereits wohlwollend zur Kenntnis genommen. So soll es auch in der „Goldenen Stadt“ nur der Anfang sein. „Es ist keine Frage, dass wir wieder nach Prag zurückkommen“, versprach Gary Bettman schon zwei Tage vor der ersten tschechischen NHL-Party. Wenn es um Europa geht, dann weiß der Mann offenbar schon ganz genau, was er will. Und wahrscheinlich auch warum er es will. Denn Respekt oder gar Angst vor der KHL würde er in Zukunft nur ungern zeigen müssen.