Kein Pardon für Legenden: Canadiens schassen Guy Carbonneau

Nur ein mickriges Pünktchen trennt
die stolzen Montréal Canadiens momentan vom neunten Tabellenplatz in der
Eastern Conference der NHL und der erschreckenden Möglichkeit, ausgerechnet im
Jubiläumsjahr – der Klub wurde 1909 gegründet – die Play-Offs zu verpassen.
Jetzt hat General Manager Bob Gainey die Reißleine gezogen, Headcoach Guy
Carbonneau von seinem Amt entbunden und sich selbst zum Nachfolger an der Bande
bestimmt. Carbonneau hatte den Trainerposten nach den Play-Offs 2006
übernommen; bereits damals hatte Gainey als Interimstrainer fungiert, nachdem
er im Januar 2006 Claude Julien (derzeit Übungsleiter der Boston Bruins)
gefeuert hatte.
Gainey gab in einer Pressekonferenz
am Montag in Montréal die Entscheidung bekannt und begründete seinen Entschluss
mit den unbefriedigenden Leistungen, die das Team in letzter Zeit gezeigt habe.
Speziell die Lustlosigkeit, die er an der Mannschaft beobachtet habe, sei
ausschlaggebend für den Trainerwechsel gewesen. Gainey wird neben dem
Traineramt weiterhin seinen Job als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und
Manager des Klubs ausüben.
Guy Carbonneau ist der siebte
Headcoach, der in der laufenden NHL-Saison seinen Hut nehmen durfte; vor ihm
mussten Denis Savard (Chicago Blackhawks), Barry Melrose (Tampa Bay Lightning),
Peter Laviolette (Carolina Hurricanes), Craig Hartsburg (Ottawa Senators),
Michel Therrien (Pittsburgh Penguins) und Tom Renney (New York Rangers) ihren
Platz an der Bande räumen. Dem knapp 49-jährigen Carbonneau wird in den
kanadischen Medien vorgeworfen, dass er sich vor unangenehmen Entscheidungen
und der Übermittlung schlechter Nachrichten an seine Spieler gedrückt habe.
Besonders bei den Problemen um Stürmerstar Alexei Kovalev habe sich Carbonneau
aus der Verantwortung geschlichen und so endgültig das Vertrauen der Mannschaft
verloren. Kovalev hatte mit seinen Leistungen nach der Rückkehr von Teamkapitän
Saku Koivu in den Kader der Canadiens stark nachgelassen, was Carbonneau in
einer Pressekonferenz offen thematisiert hatte. Auf Intervention von Gainey hat
der russische Außenstürmer schließlich Mitte Februar zwei Spiele pausiert, um
die Wogen zu glätten. Carbonneau war 1993 Kapitän der Canadiens bei ihrem
letzten Stanley Cup-Sieg; pikanterweise hatte "Carbo" im Sommer 1989
Gainey nach dessen Karriereende als Spielführer und Center der Checking Line
der Habs beerbt.
(Oliver Stein)