Hoffnungsträger einer ganzen NationFinal-Vorschau: Edmonton Oilers

Als kleinen Appetitanreger zeigt der kanadische Sportsender Sportsnet dieser Tage alle Spiele der Finalserie von 1993, in der die Montreal Canadiens gegen die Los Angeles Kings um Wayne Gretzky erfolgreich und als letztes in Kanada beiheimatetes Team den Cup stemmen durften. Seither haben es viele Mannschaften versucht: die Calgary Flames, vor zwei Jahren die Habs, die Vancouver Canucks, die Ottawa Senators und zuletzt vor 18 Jahren die Edmonton Oilers. Sie starten jetzt den nächsten Angriff auf den Cup und tragen dabei die Sehnsucht eines ganzen Landes mit sich herum.
Aber die Edmonton Oilers haben in dieser Saison einiges hinter sich: Nach einem katastrophalen Start mit nur zwei Siegen aus zwölf Spielen und Trainerwechsel arbeiteten sie sich Stück für Stück hoch - und sind nun in der Liga-Historie das Team, das mit dem schlechtesten Saisonstart (Siegquote unter 25 Prozent) nach einem Dutzend Partien ins Finale gestürmt ist. Zwischenzeitlich legten sie mit 16 Erfolgen nacheinander die zweitlängste Siegesserie der NHL-Geschichte hin. Außer in der ersten Runde hatten stets die Gegner das Heimrecht auf ihrer Seite - gegen die Canucks, punktbestes Team der Pacific Division in der Hauptrunde, gewannen sie Spiel 7 auf fremdem Eis. Im Finale der Westen Conference schalteten sie mit den Dallas Stars das punktbeste Team im Westen aus. Nun wollen sie alles daran setzen, auch den Florida Panthers, Erster der Atlantic Division und Gewinner der Prince of Wales-Trophy, den Zahn zu ziehen.
Dass sie dabei auf ihre überragende Offensive setzen können, ist allgemein bekannt: Leon Draisaitl (28 Punkte) hat als drittschnellster Spieler nach Wayne Gretzky und Mario Lemieux die Marke von 100 Punkten in den Playoffs erreicht, Connor McDavid steht bei 31 Scorerpunkten in dieser Endrunde und hinter den beiden Superstars steht Evan Bouchard mit 27 Zählern ligaweit auf Rang 3. Nur Brian Leetch und Bobby Orr haben als Verteidiger schneller die Marke von 50 Playoff-Punkten erreicht. Auch Ryan Nugent-Hopkins (20 Punkte) hat immer wieder wichtige Tore geschossen - und die "Tormaschine" Zach Hyman (14 Tore) läuft auch in der Endrunde auf Hochtouren. Bleibt er weiterhin so produktiv, könnte er den Liga-Rekord von 19 Toren in einer Postseason ins Visier nehmen.
Daneben geht es fast ein bisschen unter, dass auch die Abwehr durchaus Meisterschaftsformat hat. Sie können einen Vorsprung über die Zeit bringen und auch enge Spiele gewinnen. Dabei hat ihnen auch das Körperspiel geholfen - oftmals setzten sie mehr Hits als ihre Gegner. Nach den teils bitteren Erfahrungen der letzten Jahre weiß die Mannschaft, wie man in den Playoffs Spiele gewinnt und was dafür zu tun ist.
Vor allem aber haben die Oilers ihr jahrelanges Torwart-Problem gelöst: Stuart Skinner (rund 90 Prozent Fangquote, 2,5 Gegentore im Schnitt) ist zur absoluten Nummer Eins gereift und macht genau das, was ein Meister-Goalie tun muss. Große Paraden zum richtigen Zeitpunkt, um seine Mannschaft im Spiel zu halten - und insgesamt ein sicherer Rückhalt für seine Mannschaft, der auch mal ein Spiel "klaut".
Ein weiterer wichtiger Baustein sind die Special Teams: Dass das Powerplay - Erfolgsquote 37,3 Prozent, Liga-Bestwert - der Oilers funktioniert, ist nichts Neues, Aber auch in Unterzahl sind sie effektiver als die Panthers: Fast 30 Unterzahlsituationen haben sie unbeschadet überstanden, insgesamt liegt die Quote bei rund 94 Prozent, ebenfalls Platz 1 in dieser Disziplin.
Damit ist also alles angerichtet für eine epische Finalserie, die durchaus über die volle Distanz gehen könnte - das eine oder andere Overtime-Drama inklusive. Heute Nacht beginnt der Schlussakt der NHL-Saison mit dem ersten von zwei Heimspielen der Florida Panthers, ehe die Serie für zwei Partien nach Alberta geht.