Elf Franchises für die neue WHA

Es wird ernst. Je näher der Streik in der National Hockey League rückt, desto näher rückt auch die Neugründung der Konkurrenzliga World Hockey Association. Die WHA hat nun Kontaktnummern zu elf möglichen Franchisenehmern für die Premierensaison 2004/2005 veröffentlicht. Dabei ist die Stoßrichtung klar: Die WHA will sich 25 Jahre nach ihrem Aus als Major League etablieren, die neuen Teams würden in fünf NHL- und sechs AHL-Märkte eindringen.
Nur zwei Teams würden nicht in Konkurrenz zu einem bestehenden Team treten. Geplant ist ein Team für Quebec City, das erst zuletzt die Citadelles aus der American Hockey League verloren hat. Minor League Hockey scheiterte schon einmal in der Hauptstadt der einzigen französischsprachigen Provinz Kanadas. Nachdem durch den Umzug nach Denver aus den Quebec Nordiques die Colorado Avalanche geworden waren, versuchten sich die Rafales in der International Hockey League. Beide - weder die Rafales noch die IHL - gibt es nicht mehr. Die Nordiques gehörten übrigens - wie die Edmonton Oilers, Winnipeg Jets und New England (Hartford) Whalers - bereits der ursprünglichen WHA (1972-79) an. Das zweite Team wäre eine Mannschaft in Birmingham. Dort gibt es in einem Vorort, genauer gesagt in Pelham, derzeit mit den Alabama Slammers lediglich eine Mannschaft in der WHA2, der bereits aktiven Minor League der WHA.
Richtig schwierig wird es für neue WHA-Teams in Chicago und Toronto, wo derzeit sowohl jeweils ein NHL- und ein AHL-Team beheimatet sind. Neben den Blackhakws in der NHL spielen auch die Wolves in Chicago erfolgreiches Eishockey und konnten sich nach ihrem Wechsel von der IHL in die AHL in der neuen Ligaheimat einen Namen machen. Toronto ist seit dieser Saison nicht nur das Zuhause der NHL-Maple Leafs, sondern auch der AHL-Roadrunners, die in ihrer Premierensaison immerhin im Schnitt rund 5000 Zuschauer begrüßen dürfen.
Andere NHL-Märkte sind Detroit, Minneapolis und St. Louis. Erst mit dem Ende der IHL verloren die Detroit Red Wings ihre Konkurrenz namens Vipers, die zum Teil beeindruckende Zuschauerzahlen präsentieren konnte. In Minneapolis selbst gibt es zwar kein Team, doch in der Nachbarstadt der einen von zwei "Twin Cities", in St. Paul, spielt bekanntlich die Minnesota Wild. Doch im eishockey-verrücktesten Staat der USA kann man sich am ehesten zwei Major League Teams nebeneinander vorstellen. In St. Louis gibt es seit langem nur die NHL-Blues, Minor League Hockey existiert dort schon lange nicht mehr.
Weiter geht es mit den AHL-Märkten. Cleveland, Hamilton und Portland waren schon einige Male als möglicher NHL-Standort im Gespräch, mussten sich aber zuletzt immer mit Minor League Teams begnügen. Seit kurzem sind in Cleveland wieder die Barons zuhause, die schon einmal unter gleichem Namen für gute Zuschauerzahlen sorgten. In Hamilton spielen nun schon seit vielen Jahren die Bulldogs, während Portland der Standort der Pirates ist. Schließlich wäre da noch Cincinnati. Diese Stadt kannte bis vor kurzem noch eine Konkurrenzsituation. Denn bis zum Ende der IHL spielten dort auch die Cyclones, der AHL gehören die Mighty Ducks an.
Auffallend: zumindest für die erste Saison ist kein Team in New York City geplant. Die alte WHA hatte in den 70ern von Anfang an versucht, im Big Apple Fuß zu fassen, um sich einen Namen zu verschaffen und nahe bei den Fernsehsendern zu sein. Doch damals war die NHL schneller. Zum Zeitpunkt der damaligen WHA-Premiere, also 1972, wurde die Gründung der New York Islanders forciert, um das damals nagelneue Nassau Coliseum in Uniondale auf Long Island mit einem NHL-Team zu belegen. Die Versuche der WHA mit einem Team in New York waren also schnell zum Scheitern verurteilt. Die bereits gegründeten New York Raiders, die mit dem Nassau Coliseum geliebäugelt hatten, mussten sich im Madison Square Garden, der Heimat der New York Rangers einquartieren, und gingen an den horrenden Mietzahlungen schnell zugrunde. Selbst die Islanders verkauften viermal soviele Dauerkarten wie die Raiders. Die Eigentümer verkauften schnell. Nach einem Jahr hatten die Raiders neue Besitzer, wurden in New York Golden Blades umbenannt, doch die Zuschauerzahlen blieben mies. Diesmal ging es noch schneller. Noch während der Saison wurde das Team in ein Kaff nach New Jersey verfrachtet, wo es als Jersey Knights sogar noch weniger Zuschauer hatte. Am Ende der Saison 1973/74 erfolgte schließlich der Umzug nach San Diego. Zumindest aus dieser wenig ruhmreichen Geschichte haben die Macher der neuen WHA gelernt.
Zur besseren Übersicht noch einmal die möglichen WHA-Franchises in alphabetischer Reihenfolge:
Birmingham
Chicago
Cincinnati
Cleveland
Detroit
Hamilton
Minneapolis
Portland
Quebec City
St. Louis
Toronto
Am 18. und 19. Januar findet in Quebec City ein Treffen der möglichen Franchisenehmer für die erste WHA-Saison nach 25 Jahren statt. Wie gesagt gibt es mit der WHA2 bereits eine Minor League. In der Saison 2004/2005 will die WHA mit der WHA Jr. außerdem eine eigene Nachwuchsliga ins Leben rufen. Anders als damals wird also auch gleich an einen Unterbau gedacht.
Wer sich übrigens über die alte WHA informieren möchte, dem sei "The Complete Historical and Statistical Reference to the World Hockey Association 1972-1979" von Scott Adam Surgent (Xaler Press, ISBN 0-9644774-0-8, für die erste(!) Auflage) ans Herz gelegt. Ohne dass es zuvor ein umfassendes Werk zur WHA gab, machte sich Surgent an die Arbeit und recherchierte eine vollständige Übersicht zu der damaligen Liga. Die erste Auflage erschien 1995, erweiterte Auflagen wurden bereits veröffentlicht. Diese Empfehlung beruht - nebenbei bemerkt - nicht wie so oft auf wirtschaftlichen Interessen, sondern ist eine Anerkennung an eine herausragende journalistische Leistung. (the)