Eine große Bühne für das FraueneishockeyErstes Outdoor-Spiel für Frauen
Ausgerechnet Hilary Knight (Mitte), die seit Jahren in Boston spielt und die aktuell wohl beste Spielerin ist, wird beim Winter Classic fehlen. (Foto: Imago)Frauenfußball hat in den USA eine große Bedeutung. Auch Frauenbasketball hat sich gut entwickelt – nun macht die National Hockey League einen Schritt auf das Fraueneishockey zu. Denn im Rahmen des NHL Winter Classic – bei dem sich am 1. Januar im Gillette Stadium von Foxborough, der Heimat der New England Patriots aus der National Football League, die Boston Bruins und die Montreal Canadiens gegenüber stehen werden – wird es erstmals ein Outdoor-Spiel für Frauen auf Profiebene geben. Am 31. Dezember findet wie üblich ein Oldie-Spiel statt (15.30 Uhr, Ortszeit). Doch eineinhalb Stunden zuvor treten die Boston Pride aus der neuen National Women’s Hockey League (NWHL) und die Canadiennes de Montréal aus der Canadian Women’s Hockey League (CWHL) gegeneinander an.
Das ist umso bemerkenswerter, da die schon länger bestehende CWHL nicht gerade positiv auf die Gründung der NWHL im vergangenen Sommer reagiert hatte. Damals sprach die kanadische Liga gegen alle Spielerinnen, die in die NWHL wechselten, eine einjährige Sperre aus. Vom Umfeld her können beide Ligen als Versuch gelten, professionelles Fraueneishockey in Nordamerika zu etablieren. Doch während die CWHL die Spielerinnen nur in so weit unterstützt, dass beispielsweise die Ausrüstung zumindest zum Teil durch die Liga beziehungsweise durch die Clubs finanziert wird, ist die neue NWHL (nicht zu verwechseln mit einer nicht mehr existierenden Amateurliga gleichen Namens, 1999 bis 2007) die erste Fraueneishockey-Liga in Nordamerika, die ihre Spielerinnen als Profis bezahlt.
Beide Ligen sind nicht groß. Die NWHL besteht aus vier Clubs: Boston Pride, als „Gastgeberinnen“ für das Frauen-Outdoor-Spiel, Buffalo Beauts, Connecticut Whale und New York Riveters. In der CWHL spielen fünf Teams – interessanterweise auch eines aus Boston namens Boston Blades. Die weiteren Teams sind Brampton Thunder, Calgary Inferno, Toronto Furies und die Montreal Canadiennes, die sich in Anlehnung an die NHL Canadiens erst in diesem Jahr umbenannt hatten. Zuvor hieß das Team Montreal Stars. Der neue Name erinnert an ein Frauenteam aus den 30er Jahren (!) gleichen Namens und soll eine Verbindung zu den Canadiens herstellen.
Die Spannungen zwischen beiden Ligen waren offenbar auch Teil der Verhandlungen für dieses erste Spiel – das erste Frauen-Outdoor-Spiel, aber eben auch das erste zwischen einem NWHL- und einem CWHL-Team. Dies belastete die Gespräche offenbar so sehr, dass nach Informationen von Sportsnet.ca die NHL darüber nachdachte, die ganze Idee wieder zu verwerfen. Wie oft bei neuen Ideen läuft einiges nicht perfekt. Ausgerechnet Hilary Knight, die aktuell wohl beste Spielerin überhaupt, wird nicht dabei sein können, obwohl sie seit Jahren ist Boston spielt – erst für die CWHL Blades, nun für die NWHL Pride. Da aber USA Hockey gleichzeitig ein Trainingscamp für die Frauen-Nationalmannschaft veranstaltet, wird Knight in Foxborough, das nur rund 30 Meilen von Boston entfernt liegt, fehlen. Ein weiterer Nachteil: Das Spiel wird nicht live im Fernsehen übertragen, sondern nur in einer Zusammenfassung. Nebenbei: Die NWHL hat einen Streaming Service ins Leben gerufen, um die eigenen Spiele einem großen Publikum zugänglich zu machen. Freilich spielen die Teams in eher kleinen Stadien.
Dennoch setzt dieses Frauen-Spiel ein Zeichen – immerhin findet das folgende Männer-Spiel am 1. Januar 2016 statt, in dem Jahr also, in dem die Spielzeit 2016/17 und damit die 100. Saison der NHL beginnen wird. Die Statements der Liga-Verantwortlichen sind, wie immer in den entsprechenden Mitteilungen, euphorisch. So ließ Bill Daly, der Deputy Commissioner der NHL, anlässlich des Frauenspiels verlauten: „Zwei Tage mit drei Spielen zwischen Boston und Montreal sind ein großartiger Weg, Eishockey zu feiern. Ein neues Jahr kennzeichnet ein neues Kapitel. Wir freuen uns darauf, das Eis zum ersten Mal mit zwei professionellen Frauen-Teams auf der größten Bühne unserer Liga zu teilen.“
Dani Rylan, Commissioner der NWHL, sagte: „Wir fühlen uns geehrt, Teil des Winter Classic zu sein. Diese wunderbare Bühne für das Fraueneishockey wäre nicht möglich ohne die unermüdliche Hilfe von Gary Bettman, Bill Daly und vielen anderen hinter den Kulissen der NHL.“ Ein Schelm, wer darin einen Hinweis auf die schwierigen Verhandlungen mit der CWHL vermutet.
Lesetipp:
Vor der Saison hatten wir mit der Österreicherin Janine Weber gesprochen, die für die New York Riveters in der NWHL spielt:
Eine Österreicherin in New York