Ein Tag wie kein anderer – Die NHL in Europa
Das historische Ereignis zweier regulärer
NHL-Saisonspiele konnten und wollten sich Europas Hockeyfans einfach nicht
entgehen lassen. Bereits im März waren die Tickets für die NHL-Premiere in
London vergriffen. Das Zigfache an Tickets hätte ohne weiteres begeisterte
Käufer gefunden. Wenn die Macher in der NHL einen Beweis dafür suchten, ob ihr
Produkt auf dem alten Kontinent funktionieren würde, so wurde der in den zwei
Tagen in London vollauf erbracht.
Was sonst Jahr für Jahr schon traditionsgemäß bei den Eishockey-Weltmeisterschaften
geschieht, passierte nun anlässlich der Eröffnung der NHL-Saison 2007/08 in
London: Die weltweite Gemeinde der Hockeyfans traf sich, um ihrem geliebten
Sport zu huldigen, sich kennen zu lernen und natürlich miteinander zu feiern.
All die Vielfalt an Fantrikots aus aller Herren Länder, das Stimmen- und vor
allem Sprachengewirr machten dieses Ereignis zweifellos zu einem großartigen
Erlebnis für jeden, der dabei sein konnte.
Wer die Zeit eingeplant hatte und sich noch vor dem ersten
Match zwischen Stanley Cup-Sieger Anaheim Ducks und den Los Angeles Kings einen
ersten Eindruck von London verschaffen wollte, der konnte schon hier Fans aller
Nationen an den Sehenswürdigkeiten der britischen Metropole antreffen. Erste
Kontakte wurden geknüpft, Fotos geschossen. Der Amerikaner Jim vor der Tower
Bridge, Milan aus der Slowakei vor der Tower Bridge, Milan und Jim vor der
Tower Bridge, Andrea, Maike, Heike, Florian und Kai aus Deutschland und, und,
und… Vorfreude auf das Bevorstehende strahlte aus allen Gesichtern.
Die O2 Arena nahm wenig später all die Weitgereisten
in sich auf und die brachten ihre positive Stimmung mit in dieses Bauwerk, das
zukünftig noch oft so erwartungsfrohes Publikum zu Gast haben möge. Dem wurde
nämlich auch nicht langweilig, als TheO2 in technischer Hinsicht schwächelte
und sich der Beginn des Spiels um gut eine halbe Stunde verzögerte. So war zu
hören, dass jemand sagte: „Macht nichts, das verlängert doch nur die Vorfreude
und die Zeit, die man hier sein kann.“ Gänsehautstimmung beim Vortrag der
amerikanischen Nationalhymne und als danach die zahlreichen britischen Fans in
ihr „God save the Queen“ mit einstimmten, war das atmosphärische Knistern
geradezu körperlich spürbar.
Das Spiel zwischen Ducks und Kings war gezeichnet von
vielen Überzahlsituationen, das Maß des körperlichen Einsatzes noch zu finden,
wobei das Schiri-Gespann gern behilflich war. Das Powerplay der Kings wirkte
überraschend ausgereift, wohingegen die Cracks des Stanley Cup-Siegers mit
ihren Pässen und Vorlagen nicht recht zueinander fanden. Überragend dabei im
Kings-Trikot die beiden Angreifer Anze Kopitar und Mike Cammaleri, die
gemeinsam mit ihrem erst 19-jähigen Goalie Jonathan Bernier nach dem Match
verdient als Three Stars geehrt wurden. Der Sieg der Los Angeles Kings ging
vollauf in Ordnung.
Am Ende des Tages, noch immer aufgekratzt ob des
gerade Erlebten und doch vollauf zufrieden, bevölkerte die internationale
Fangemeinde dann die Londoner Pubs. Deren Wirte haben sich gewiss über den zusätzlichen
Umsatz und damit letztlich auch über die NHL-Premiere in ihrer Stadt gefreut,
obwohl die in der dortigen Presse eigentlich kaum stattfand. Hier gibt es für
eine mögliche Wiederholung an anderem Ort wohl noch hinzu zu lernen für die
Organisatoren. Vor allem, wenn dieser Ort auch in einem von König Fußball
regierten Land liegt. Unbedingt verbesserungswürdig ist jedoch die Gestaltung
des Verkaufs von Fanartikeln. Die waren zwar in unterschiedlichster Art und
Form und bester Qualität zu haben, aber nur an einem einzigen, wenn auch recht
großen Stand im Atrium der O2 Arena. Vermutlich hatte man irrtümlicher Weise
auch nicht mit solch einem Ansturm gerechnet. Die Preise waren gepfeffert,
nichtsdestotrotz wanderten Trikots, Shirts, Caps, Pucks und sonstiges im
dichten Gedränge tausendfach über den Tresen. Und auch Lord Stanleys Cup darf
beim nächsten Wiedersehen etwas aufwendiger, vor allem für jeden sichtbar
präsentiert werden.
Dass sich dennoch schon hier der Gesamterfolg der
Veranstaltung abgezeichnet haben dürfte, war NHL-Commisioner Gary Bettman und
IIHF-Chef René Fasel an ihren zufriedenen Gesichtern anzusehen, als sie in
trauter Gemeinsamkeit – fast unerkannt – durch das Atrium der O2 schlenderten.
Die Botschaft der europäischen Hockeyfans hatten sie da wohl längst vernommen:
„Bitte, bald wieder!“
Matthias Eckart