Das NHL-All-Star-Spiel: Muster ohne Wert?

Stellen Sie
sich vor, anstelle von Rob Zepp oder Ian Gordon stünde beispielsweise Edgars
Masalskis von den Füchsen Duisburg im Tor von Team Europe beim DEL-All-Star-Spiel
nächstes Wochenende. Grober Unfug? Richtig, zumindest gemäß der bislang
gezeigten Einsätze. Aber so ähnlich sieht es beim diesjährigen All Star-Spiel
in der NHL aus: Durch einen Trick haben Fans der gastgebenden Montréal
Canadiens es fertiggebracht, beim Online-Voting sämtliche Sperren zu umgehen und jeweils Hunderte von
Stimmen für ihre Lieblinge abzugeben. Also startet für den Osten Carey Price
statt Tim Thomas von den Boston Bruins oder Craig Anderson aus Florida im Tor,
dazu stehen unter den Starting Six mit Andrei Markov, Mike Komisarek und Alexei
Kovalev nicht weniger als drei weitere Habs.
Unter
normalen Umständen mit dem bislang in dieser Saison gezeigten Leistungsniveau hätte
von den vier Canadiens allein Markov (sieben Tore, 30 Assists, punktbester
Verteidiger in der Eastern Conference) ins Lineup gehört. Carey Price ist
sicherlich ein talentierter junger Torwart mit großen Hoffnungen für die
Zukunft, aber Anderson (der noch nicht einmal im All Star Kader auftaucht), Scott
Clemmensen von den New Jersey Devils und sogar Mike Smith vom Chaoten-Klub
Tampa Bay Lightning hätten die Nominierung diese Saison eher verdient. Stürmer Alexei
Kovalev, so wird auf der offiziellen NHL-Website relativiert, hat gewissermaßen
durch sein „Lebenswerk“ seine Aufstellung gerechtfertigt; nett, aber solche
Sachen sollte man lieber den Leuten von den Academy Awards (im Volksmund „Oscars“ genannt) überlassen. Und Mike Komisareks Teilnahme ist
schlichtweg grotesk, denn der 1,93 m große US-Amerikaner hat noch nicht einmal
durchschittliche Statistiken vorzuweisen. Komisarek kann dafür fiese Checks
austeilen, doch das war noch nie ein Kriterium für eine All Star-Nominierung.Stattdessen
müssen tatsächliche Top-Leute wie beispielsweise Dennis Wideman (neun Tore, 22
Assists und einen Liga-Spitzenwert unter Verteidigern von +26) zuhause bleiben.
Im Westen sieht es nur wenig besser aus: Im Tor steht zunächst Jean-Sébastien
Giguère von den Anaheim Ducks, der auch schon bessere Tage gesehen hat, aber
ungeheuer populär ist. Dass beispielsweise Torwart-Sensation Steve Mason aus
Columbus oder Giguères Teamkollege Jonas Hiller derzeit viel besser in Form
sind, hat die Fans beim Abstimmen wohl nicht interessiert. Mason darf
wenigstens bei der Jungstar-Veranstaltung am heutigen Samstag zeigen, was er
drauf hat; für den Schweizer Hiller hingegen heißt es „wait till next year“.
Oder besser bis übernächstes Jahr, denn die Veranstaltung, der auch dieses Jahr einige Stars verletzt fernbleiben (Sidney
Crosby, Pavel Datsyuk und Niklas Lidström mussten passen) und die durch derlei
Unsinn immer mehr zur Farce gerät, wird nächstes Jahr ohnehin wegen der
Olympischen Winterspiele in Vancouver ausfallen. Nichtsdestotrotz müssen sich
die NHL-Bosse überlegen, ob sie nicht im interaktiven Zeitalter gegen
den Strom schwimmen und die Auswahl lieber Spielern, Trainern und eventuell
Medienvertretern überlassen wollen. Übrigens: Der Ernst des Lebens geht für die
NHL bereits am kommenden Dienstag weiter.(Oliver
Stein)