Aufbruchstimmung in Nordrhein-WestfalenDer neue EHV NRW: Das Präsidium im Hockeyweb-Gespräch

Im Gespräch mit Hockeyweb stellt Bernd Schnieder eines gleich heraus: „Wieviel Zeit und Energie meine Präsidiumskollegen und alle die, die an der Gründung des EHV NRW beteiligt sind, investieren, ist bewundernswert.“ Für sie wie für Schnieder und Maegde gilt: Die Freizeit ist nicht gerade mehr geworden. Schnieder ist Vorsitzender des Iserlohner EC, Maedge ist Vorsitzender der Kölner EC. Und die Gründung des neuen Verbandes hat viel Zeit und Kraft gekostet. „Wir wollen keine schmutzige Wäsche waschen“, betont Schnieder. Doch wenn man die Entstehungsgeschichte des Verbandes, der ab der Saison 2016/17 den Spielbetrieb auf Landesebene in Nordrhein-Westfalen organisieren wird und der erste reine Eishockey-Landesverband des Deutschen Eishockey-Bundes ist, geht dies nun einmal nicht, ohne den Blick auf den Eissport-Verband NRW zu richten, der als Mehrspartenverband (zum LEV NRW gehören auch die Sportarten Eiskunstlauf, Eisschnelllauf, Eisstockschießen und Curling) bislang für das NRW-Eishockey zuständig war.
Gründe für den Entschluss zur Eigenständigkeit gab es einige. Der Auslöser, der letzte Tropfen für ein längst überlaufendes Fass war die „Sperre“, die der LEV NRW gegen den EV Duisburg, die Moskitos Essen und den Herner EV ausgesprochen hat, nachdem die drei Oberligisten vor der vergangenen Saison für die DEB-Oberliga gemeldet hatten – wie es auch, übrigens mit den Stimmen des LEV NRW, bei der DEB-Mitgliederversammlung in Frankfurt beschlossen worden war. „Danach haben sich die Stammvereine der vier DEL-Clubs entschlossen, sich solidarisch mit den drei Ruhrgebietsvereinen zu erklären. Die Sperre richtete sich ja auch gegen den Nachwuchs. Daraufhin haben wir unter DEB-Regie den Spielbetrieb im Westen mit Clubs aus Hessen und Rheinland-Pfalz eigenständig organisiert“, blickt Schnieder auf das Übergangsjahr zurück. Nun werden alle Clubs Nordrhein-Westfalens im neuen EHV wieder zusammengeführt. Maedge ergänzt: „Als die Vereine miteinander sprachen, hatte jeder ganz eigene Erfahrungen mit dem LEV NRW.“ Über die Jahre hat sich offenbar viel Frust und Ärger aufgestaut. Was die Vereine offenbar massiv störte: Bei Entscheidungen, die das Eishockey betrafen, haben auch die nicht Eishockey spielenden Vereine mit bestimmen dürfen. „Die Stimmen der nicht anwesenden Mitglieder wurden vom Verband genutzt“, schildert Schnieder. Die Hoffnungen auf Veränderungen von innen heraus waren auf null gesunken. „Daher waren bei Versammlungen oft nur noch wenige Vereine anwesend – weil es ohnehin nichts brachte.“
Nun gilt: „Jeder Verein im EHV NRW hat eine Stimme“, betont Schnieder. Und es geht eben nur um Eishockey. Mit verblüffend deutlichen Worten hatten Präsidium und Vorstand des Landessportbundes NRW die Aufnahme des neuen Verbandes empfohlen. Wer Verlautbarungen großer Verbände kennt, weiß, dass sie im Regelfall eine diplomatische Sprache pflegen. Doch kaum hatte sich der LSB NRW näher mit dem Problem „Eishockey in NRW“ befasst, kam der LSB zu der Erkenntnis, dass es so nicht geht. „Uns wurde gleich gesagt: Ganz klar. Ihr müsst euch selbst um euren Sport kümmern.“ Denn die Gründung des Deutschen Eishockey-Bundes 1963 hat einen Geburtsfehler: Der Eishockeysport löste sich als Erster aus dem damaligen Deutschen Eissport-Verband, bis 1966 folgten auch die anderen Eissportarten. Die Landesverbände blieben aber Mehrspartenverbänden – Ärger war also programmiert.
„Es ist ja nicht so, als hätten ein paar Clubs gesagt: Lasst uns mal einen neuen Verband gründen“, betont Maedge. Bei der Gründung des EHV NRW am 21. Oktober 2015 waren schon 24 von 35 Vereinen dabei. „Nun sind alle NRW-Eishockey-Vereine bei uns Mitglied und haben ausschließlich bei uns zum Spielbetrieb gemeldet.“ Dazu wird die Kooperation mit hessischen und rheinland-pfälzischen Vereinen fortgesetzt. In der untersten Damenliga kommt ein niederländischer Verein, der in Nordhorn spielen wird, dazu.
Dass der LEV NRW nun doch nicht als Mitglied des DEB ausgeschlossen wurde, sehen Schnieder und Maedge nicht als problematisch: „Der Spielbetrieb findet bei uns statt. Das ist das, was zählt.“ Nun gilt es, den Blick nach vorne zu richten. „Die Ligen bei Herren, Damen und Nachwuchs sind eingeteilt“, sagt Schnieder. „Nun müssten die Spielpläne erstellt werden.“ Er warnt auch davor, Wunderdinge zu erwarten. „In der ersten Saison wird sicher das eine oder andere noch holprig laufen, aber das Bemerkenswerte ist, dass bei den Vereinen eine Aufbruchstimmung, eine neue Begeisterung herrscht.“ Und weil die Vereine nun offen miteinander reden können, entstehen neue Ideen: „In Kürze wird der Kölner EC mit einem Verein aus der Region eine Kooperation bekanntgeben können“, so Maedge. Dinge, die im Fußball beispielsweise längst gang und gäbe sind.
Aktuell geht es darum, die Nachwuchsarbeit des Verbandes zu organisieren, sprich Trainer zu bekommen, die sich um die Arbeit mit den Landesauswahlspielern kümmern. „Hier laufen die Gespräche. Das macht Achim Staudt als für den Nachwuchs zuständiger Vizepräsident sehr gut“, sagt Schnieder über den Krefelder. Für das Schiedsrichterwesen im Verband ist Ralph Dimmers zuständig. Sowohl für Trainer als auch Unparteiische muss das Aus- und Weiterbildungswesen zügig auf die Beine gestellt werden.
Inzwischen wurde in Dortmund eine Geschäftsstelle eingerichtet, die auf dem Rheinlanddamm 201 zu finden ist. Die Öffnungszeiten sind aktuell dienstags und donnerstags (9 bis 12 Uhr) und mittwochs (17 bis 20 Uhr). „Wir denken darüber nach, zwei Halbtagskräfte einzustellen“, so Schnieder. Auch die DEB-Passaußenstelle soll künftig beim EHV NRW (www.ehv-nrw.com) angesiedelt sein.
Die Arbeit wird nicht weniger. Denn neben allen „alltäglichen“ Dingen, geht es auch darum, dass Problem der sanierungsbedürftigen Eissporthallen in NRW anzugehen. „Wir haben drei Regionen und damit drei Regionalräte eingerichtet. Diese wiederum dürfen an den Vorstandssitzungen teilnehmen. Es ist uns wichtig, die Nöte, Probleme und Sorgen der Vereine zu erfahren und die Vereine zu unterstützen.“
Ob die Bildung eines reinen Eishockey-Landesverbandes Vorbildfunktion hat? „Ich könnte mir das schon vorstellen“, sagt Schnieder.