10:1-Sieg: Bären zeigen große ShowNeuwied schlägt Neuss deutlich
Aber ein Torverhältnis von plus neun – das sollte doch ein gutes Argument sein, sich zunächst einmal ganz nach vorne zu schieben. War es auch. Besser hätten die Bären nicht in die zweite Saisonphase starten können, und das gegen eine Mannschaft, der sie in der Hauptrunde sportlich zweimal unterlegen waren. Hier und da wird diese Meisterrunde der Top-Sechs als „Runde um die goldene Ananas“ abgetan, aber der Freitagabend im Icehouse war der beste Beleg dafür, dass hier allmählich Play-off-Temperatur erreicht und richtig gutes Eishockey gespielt wird. „Wir haben den Zuschauern eine Show geboten“, freute sich Neuwieds Trainer Jens Hergt nach dem Eishockeyfest, in dem die Gastgeber einen ähnlichen Sturm entfachten wie Orkantief Egon in der Nacht zuvor vor der Haustür. Die Bären überrollten den NEV ab dem zweiten Drittel. „Nach dem ersten Abschnitt musste ich den einen oder anderen Spieler noch etwas wachrütteln“, erklärte Hergt, was in der Kabine passierte. Durch einen Treffer Michael Trimbolis (5.) führten die Gastgeber zu diesem Zeitpunkt mit 1:0. Da war noch alles offen. Eine statistische Randnotiz: Der EHC kassierte bis zum ersten Kabinengang keine einzige Strafzeit, und das war wichtig gegen den in Überzahl starken NEV.
Der blieb nach Wiederbeginn chancenlos gegen das druckvolle Spieler der Hergt-Mannschaft, die sich in einen Rausch spielte. 49 Sekunden lagen zwischen den Toren Nummer zwei und drei durch Felix Köbele (24.) und Stephan Fröhlich (25.) – Auszeit Neuss. Irgendwie den Rhythmus stören, neue Ordnung finden – das Neusser Trainerduo Daniel Benske/Andrej Fuchs zog den Joker, der aber nichts bewirkte. Neuwied sprühte nur so viel Spielfreude. Es gibt diese Momente in einer Partie, da weißt du, dass nichts schief gehen kann. Nach 28 Minuten zum Beispiel. Die Deichstädter überstehen gut anderthalb Minuten in doppelter Unterzahl, und 20 Sekunden nach deren Ende markiert Willi Hamann das 4:0 (29.). Spätestens jetzt haben alle das Gefühl, dass hier nichts anbrennt. „Wir haben ab dem zweiten Drittel gut den Körper eingesetzt, geschossen und nachgesetzt“, listete Hergt auf. Ja, Neuss fehlten Leistungsträger wie Maximilian Bleyer und Stammtorwart Ken Passmann, aber diesmal hätten die Gäste wohl auch mit dem Stürmer aus der ersten Reihe und ihrer Nummer eins zwischen den Pfosten nichts bestellen können. Zu hungrig und bissig agierte der EHC. Das musste der bemitleidenswerte Passmann-Vertreter Mario Matuschik ausbaden. Er bekam bei seinem ersten Einsatz seit September kräftig eingeschenkt. Felix Köbele (36.), mit acht Scorerpunkten Neuwieds Spieler des Spiels, und Rylee Orr (39.) machten vor der zweiten Pause das halbe Dutzend voll. „Es war gut, dass wir nachgesetzt und weitere Tore geschossen haben. So haben sich einige Spieler zusätzliches Selbstvertrauen für das Spiel am Sonntag gegen Hamm geholt“, sagte Hergt. Nachdem Orr (46.) und Lucas Leuschner (48.) auf 8:0 erhöht hatten, wurde Matuschik erlöst. Aber auch die etatmäßige Neusser Nummer drei im Tor, Justin Kleckers, musste noch zweimal hinter sich greifen. Stephan Fröhlich (50.) und Robin Schütz (58.) schraubten das Resultat in den zweistelligen Bereich.
Felix Köllejan verpasste seinen dritten Shutout dieser Saison um 67 Sekunden. Alexander Wolf verhinderte das Zu-Null-Spiels des Bären-Keepers. NEV-Trainer Andrej Fuchs konnte sich damit nur bedingt trösten: „Mit 1:10 zu verlieren, ist bitter für uns. Dieses Ergebnis tut mir leid – für mich.“ Aber der ehemalige Ratinger DEL-Spieler ist bekannt für seinen Ehrgeiz und machte das auch bei der Pressekonferenz deutlich: „So ein Ergebnis lasse ich mir nicht gefallen. Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg. Neuwied muss auch noch einmal in Neuss spielen.“
Zunächst allerdings am Sonntag in Hamm. Und in der Verfassung vom Freitagabend ist auch bei den starken Eisbären etwas möglich. „Mit Hamm haben wir nach der Niederlage am zweiten Weihnachtsfeiertag noch eine Rechnung offen. Wir wissen, dass es ein schwieriges Spiel wird, aber wir wollen dort etwas Zählbares mitnehmen“, kündigt Hergt an. Wenn seinem Team das gelingt, müssen die Schlusssekunden des Neuss-Spiels nicht das letzte Mal gewesen sein mit „Spitzenreiter“-Sprechchören.