Bayernliga: Familienbesuche auf hohem Niveau

In der Bayernliga ist die Welt noch in Ordnung. (Foto: Richard J. Flohr)In der Bayernliga ist die Welt noch in Ordnung. (Foto: Richard J. Flohr)
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Wenn die goldene Herbstsonne den Morgentau von den Feldern und Wiesen des Voralpenlandes wischt, wenn die Wiesn (für Nicht-Bayern: das Oktoberfest) ihre Tore geschlossen hat und das Vieh von den Almen getrieben wird, ist es wieder soweit: es beginnt die Zeit wöchentlicher Familienbesuche. Damit auch die Jugend Spaß an diesen Zeremonien findet, hat man sich für sie a rechte Gaudi einfallen lassen: man läßt die Buam in den schönen, bisweilen auch urigen Kunsteisstadien der Gegend Eishockey spielen. Und weil die bayerischen Herrschaften stets auf die Beteiligung aller Volksstämme Wert legen, dürfen auch die entfernten Verwandten aus Franken, der Oberpfalz und Schwaben an dem Besuchsreigen teilnehmen. So nennt sich das Eisgehackle heute zurecht: Bayernliga.

Ja, in der Bayernliga kennt man sich, da ist man dahoam. Schon seit acht Jahren geht diese Spielklasse, die anderenorts Regionalliga genannt wird, mit stets 16 Teams in die Saison, um am Ende den bayerischen Meister zu küren. Damit dürfte sie bereits das älteste unveränderte Eishockey-Format in Deutschland sein. Und das wird von allen Familienmitgliedern geschätzt. Denn natürlich wird hier nicht nur alljährlich um Meisterehren gekämpft, sondern die besten Teams dürften auch in die „großkopferte“ Oberliga abwandern – „aufsteigen“ würde man in den Regionalligen sagen. Aber das interessiert in dieser Großfamilie eigentlich nur am Rande: Lediglich fünf Teams nahmen in den vergangenen sechs Jahren die zwölf Aufstiegsmöglichkeiten wahr.

Mit gutem Erfolg, muss man festhalten. Keiner kehrte bislang in den Schoß der heimischen Liga zurück, keiner hat sich dabei wirtschaftlich übernommen. Hingegen erging es, genau betrachtet, den Aufstiegsverweigerern weniger gut: Höchstadt, Verweigerer 2006, verlor bis heute 20 Prozent der Zuschauer und musste in diesem Sommer gar in die Landesliga absteigen. Waldkraiburg, 2006 und 2008, gar zweimal Verweigerer, verlor sogar 40 Prozent seiner Zuschauer der Meistersaison und mußte schon zwei Jahre später absteigen. Pfaffenhofen, Verweigerer 2008, entging in der Folgesaison nur knapp dem Abstieg und verlor über 50 Prozent seiner ohnehin nicht sehr zahlreichen Zuschauer. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Doch auch umgekehrt erfuhr die Liga in den vergangenen sechs Jahren nur einmal Zuwachs durch einen Oberliga-Absteiger: Miesbach nahm 2009 den sportlichen Abstieg an und die Zuschauer gautierten diesen Weg. Über 36 Prozent mehr Besucher verfolgten durchschnittlich die Meistersaison des TSV. Doch nachdem sich die Schlierach-Städter dem direkten Wiederaufstieg verweigerten, fielen sie auf das Zuschauerniveau der Abstiegssaison zurück und auch sportlich ging es bergab. All dies spricht für einen geregelten Auf- und Abstieg mit der Oberliga, so wie es am Ende der Tabelle mit den bayerischen Landesligen üblich ist. Im nächsten Sommer soll es ernst werden: Zwei Teams sollen zwingend den Gang „nach oben“ antreten, um zusammen mit Baden- Württemberg eine gesunde Oberliga Süd zu schaffen.

Der Modus hierfür bleibt unverändert: Nach einer Einfachrunde, die bis zum 05.02.2012 gespielt wird, teilen sich die besten 8 Teams in zwei Meisterrunden-Gruppen, die jeweils 2 Teilnehmer für die Play-off-Halbfinals in einer Einfachrunde ermitteln. Die Play-offs werden wieder im Best-of-Three-Modus ausgespielt. Analog dazu werden die Absteiger zu den Landesligen ermittelt, die allerdings in diesem Jahr im Best-of-Five-Modus zwei Spiele mehr versprechen.

Sportlich blickt die Bayernliga wiederum auf eine ereignisreiche Spielzeit zurück. Bis zum letzten Tag war Platz acht umkämpft, der nach der Hauptrunde über Wohl und Wehe entscheidet. In diesen Kampf involviert waren unter anderem Buchloe und Höchstadt, die in turbulenten Play-downs schließlich einen Absteiger unter sich ausspielen mussten. Es traf mit Höchstadt zum dritten Mal hintereinander den nach der Hauptrunde Elftplazierten, der zusammen mit den bislang „unabsteigbaren“ Pfrontenern die Bayernliga-Familie vorerst verlassen muss. Hier zurück meldeten sich für die neue Saison Waldkraiburg, als direkter Wiederaufsteiger, Nürnberg, nach zweijähriger Abstinenz, und Schongau, nach fünf Jahren Aufenthalt in der Landesliga. Verzichten muss die Liga fortan auf die Erding Gladiators, die als Vize-Meister ausnahmsweise von ihrem Aufstiegsrecht Gebrauch machten. Stattdessen verbleibt Meister Sonthofen „am warmen heimischen Herd“.

Wirtschaftlich könnten diese Wechsel in der Ligenzusammensetzung erneut nicht folgenlos bleiben: Sank in der abgelaufenen Spielzeit bereits die Zuschauerzahl, ohne die Magneten Regensburg und Selb, um 33.000 (16%) auf 179.000 Besucher, so verlassen mit Erding, Höchstadt und Pfronten nun wieder 35.000 Zuschauer die Klasse, wo hingegen die drei Aufsteiger in ihren jeweils letzten Bayernliga-Jahren auf zusammen gerade einmal 15.500 Besucher kamen.

Sportlich ist in jedem Fall für Spannung gesorgt: Miesbach, unter anderem mit dem zweitligaerfahrenen „Floppo“ Zeller verstärkt, möchte, wie man hört, ein Aufstiegsrecht im nächsten Jahr wohl wahrnehmen. Meister Sonthofen verstärkte sich mit Ron Newhook, der den Abgang von Zdenek Cech vergessen machen soll, und ist seit dem Trainerwechsel zu Harald Waibel ohnehin kaum noch zu stoppen. Dahinter konnte Bayreuth den Abgang von Jiri Mikesz durch den Höchstädter Ligen-Top-Torschützen Michael Hlozek kompensieren und dürfte ebenfalls wieder zum Favoritenkreis zu zählen sein. Schweinfurt muss die Abgänge von Goalie Varian Kirst, Dennis Martindale und Stefan Trolda verkraften – man muss abwarten, wie die Neuzugänge einschlagen. Schließlich überraschte Weiden in der Meisterrunde des letzten Jahres und ist sicher wieder zum erweiterten Favoritenkreis zu zählen. Ganz eng wird erneut der Tanz um Platz acht. Hier dürften sich insbesondere wieder das aufstrebende und als Geheim-Favorit geltende Lindau, Memmingen, die zuletzt ihr Potential selten ausschöpften, Buchloe, Pfaffenhofen und Peißenberg duellieren. Schwer werden es die Aufsteiger Nürnberg, Schongau und Waldkraiburg haben. Zusammen mit den Unterlegenen um Platz acht werden sie, ebenso wie Königsbrunn, Germering und Dorfen, zunächst einmal danach trachten, den ominösen Platz elf zu vermeiden. Ansonsten ist die Abstiegsfrage in dieser Saison offen, wie selten zuvor.

Am Freitag ist die Kaffeesatzleserei endlich beendet. Die Bayernligisten besuchen sich wieder und lassen ihre Buam eishackeln. All diese Treffen, das ist schon jetzt unstreitig, werden auf vergleichsweise hohem sportlichen Niveau ausgetragen. Man darf sich freuen in Bayern.


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