RSC nimmt Stellung zum Teilnahmeverzicht

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In einem offenen Brief nimmt Benno Hochstrate, der Eishockey-Fachwart des RSC Darmstadt Stellung zur Absage seines Vereins, an der Oberliga-Aufstiegsrunde teilzunehmen:

„Leider muss ich gleich am Anfang eine ganz persönliche Feststellung machen.

Es entsetzt mich, dass eine aus Verantwortungsbewusstsein und Sorge um den Erhalt des Eishockeys getroffene Entscheidung offensichtlich mehr Wirbel verursacht, als die mit schöner Regelmäßigkeit schon im „ Amateur-Eishockey“ stattfinden spektakulären Pleiten, die dann immer ganze Eishockeystandorte inklusive Nachwuchsbereiche ruinieren. Fahrlässigkeit und Tagträumereien sind ständige Wegbegleiter im Eishockey, aber nicht unter meiner Verantwortung im Darmstädter Eishockey! Diesem Grundsatz bin ich auch jetzt mit meiner Entscheidung gefolgt, als ich mich zwischen der sicherlich sportlich reizvollen Oberliga-Aufstiegsrunde oder aber dem Wohlergehen eines ganzen Vereines entscheiden musste. Daher hatte ich nach dem erfolglosen Verhandeln mit dem Sportamt in Darmstadt dem Hauptverein RSC Darmstadt empfohlen, eine Teilnahme an der Oberliga-Aufstiegsrunde nicht zu wagen.

Im Folgenden will ich unsere Beweggründe ausführlich aufzeigen.

Bereits im November, nachdem sich eine erfolgreiche Teilnahme an der Regionalliga Hessen für die RSC Darmstadt Crocodiles abzeichnete, fanden erste Planungen statt. Wie in den Vorjahren hat sich der Verein zunächst die Zusicherung der Spieler eingeholt, dass sie die Saison durchstehen wollen, auch unter den in Darmstadt sicherlich nicht optimalen Bedingungen. Dabei ist beizufügen, dass es beim RSC Darmstadt keinen einzigen bezahlten oder sonst wie entlohnten Spieler gibt. Auch Ausrüstung geht zu Lasten der Akteure! Letztlich sind alle Helfer und Funktionäre unentgeltlich tätig und verzichten größtenteils sogar auf eine Entschädigung für ihre Aufwendungen. Es ist für alle ein Hobby!

Die Spieler waren mehrheitlich hoch motiviert, auch die für uns kritischen Freitags- Auswärtspartien zu bestreiten. Sie wussten genau, auf was sie sich eingelassen hätten, da sie die einzigen Hessischen Akteure gewesen sind die die strapaziöse Runde bereits zweimal durchgespielt haben. Unsere Spieler verdienen daher meinen höchsten Respekt und können das auch von allen Beteiligten erwarten! Sie sind es, die genau wissen, was auf sie zukommt, niemand sonst!

Anfang Dezember kam es dann zur ersten telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Ligenleiter der Aufstiegsrunde. Bereits in diesem Gespräch wurde von uns mitgeteilt, was unsere Spieltermine sind und wie wir die fehlenden Termine, vorzugsweise mit Spielen am Donnerstagabend generieren wollten. Es gab zu diesem Zeitpunkt keinen anderen praktikablen Plan, da freitags und samstags die Eissporthalle durch Eisdisco und Publikumslauf belegt ist und an diesen Tagen die größten Einnahmen generiert werden. Ein Ankauf von Zeiten an diesen Tagen wäre nicht finanzierbar gewesen, sofern diese Zeiten überhaupt durch den Betreiber angeboten worden wären.

Die Lösung mit dem Donnerstag war auch die einzige, die dem Tabellenschlusslicht TSG Darmstadt Raum für das Bestreiten der eigenen Spielrunde gelassen hätte.

Entgegen anders lautenden Behauptungen gab es jedoch uns gegenüber von keinem Verein die definitive Zusage, an einem Donnerstag nach Darmstadt zu kommen.

Die zweite wichtige Forderung war die Anpassung von Trainingszeiten an einen Spielbetrieb mit Freitag-Sonntag-Rhythmus. Es konnte nicht sein, dass Spieler donnerstags bis 22:45 Uhr trainieren und dann am kommenden Mittag gegen 14 Uhr die Reise zu einem Auswärtsspiel antreten.

Unter diesem Umstand ist auch die Forderung nach einer eigenen Kabine zu verstehen, denn ein Spiel- und Trainingsbetrieb mit bist zu vier Eiszeiten pro Woche erfordert einen Rückzugsraum im Sinne des Teamgeistes, mit der Möglichkeit die Ausrüstungen zu trocknen und auch sonstiges Equipment zu lagern.

Unter den vorgenannten Aspekten sind unsere bescheidenen Forderungen zu verstehen. Bescheiden deshalb, weil unter diesen Bedingungen vermutlich kein einziger Akteur eines anderen Teams der Aufstiegsrunde auch nur einen Fuß auf das Eis setzten würde, geschweige denn Auswärtsfahrten zu bestreiten, auf denen er nicht einmal was zu essen vom Verein bekommt, damit wenigstens der Sprit für die bis zu 300 Kilometer (einfache Strecke!) langen Touren gezahlt werden kann.

Mit den o. g. Forderungen und dem provisorischen Spielplan sind wir am 11.12. an die Verantwortlichen beim Sportamt herangetreten. Erst am 17.12., nach Stellung eines Ultimatums für diesen Tag, kam es zu einem ersten Telefonat mit dem Sportamt, da der Verantwortliche im Urlaub war und sein Stellvertreter keine Entscheidung treffen wollte. Am 19.12. kam es dann zum ersten diesbezüglichen Gespräch, in der die Anforderungen an eine solche Runde und unsere Minimalbedingungen für eine Teilnahme klar dargelegt wurden. Bei diesem Treffen wurde, entgegen unseren Hoffnungen keine Entscheidung präsentiert, sondern eine Vertagung auf den 27.12. unter Beteiligung der TSG Darmstadt anberaumt! Aber auch auf dieser Sitzung wurde keine Entscheidung getroffen. Allerdings hat der RSC klar nochmals alle Anforderungen, alle Minimal-Bedingungen, alle Konsequenzen und auch Folgen für die Nicht-Erfüllung dargelegt.

Vom Sportamt wurde daraufhin am Freitag die Entscheidung verkündet, dass die Forderungen nicht oder nur teilweise erfüllt werden würden. Statt der Gewährung einer durchgehenden Trainingszeit donnerstags wurde zwar die Durchführungsmöglichkeit von Heimspielen donnerstags gewährt, die frühe Trainingsmöglichkeit aber nur ausnahmsweise an einzelnen Tagen und bei der Kabinenfrage keine Entscheidung getroffen.

Unter diesen Bedingungen war eine Teilnahme unter Einbeziehung der Erfahrungen aus den Vorjahren undenkbar.

Besonders die Zusammenfassung unserer Trainingszeiten donnerstags hätte Flexibilität für Heimspiele und bei den Trainingszeiten geschaffen, denn eines durfte aus Sicht der Abteilung nicht vergessen werden. Es gibt noch ein Juniorenteam und eine zweite Mannschaft, die an den betroffenen Spieltagen ohne Training gewesen wären. Dies wäre an mindestens fünf bis sieben Donnerstagen der Fall gewesen, da auch die TSG angemeldet hatte, Spiele donnerstags austragen zu wollen. Somit hätten drei unserer Teams, 1. und 2. Mannschaft sowie die Junioren, nur noch einmal pro Woche in den betroffenen Spielwochen Training gehabt. Die Zusammenfassung unserer Trainingszeit hätte jedoch Ausgleichsmöglichkeiten in Form früherer Trainingszeiten für unsere betroffenen Teams geschaffen. Das war nach der Entscheidung der Stadt undenkbar.

Leider kam auch noch erschwerend hinzu, dass der durch die Ligenleitung erstellte Plan zwei mögliche Heimspieltermine des RSC schon mit Auswärtsterminen blockiert hatte und in ersten Telefonaten eine Verlegung nicht möglich erschien.

Somit fehlten uns mindestens drei bis fünf Heimspieltermine, eine vernünftige Alternative für unsere zahlenden Mannschaften und erträgliche Trainingsbedingungen.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren nun aber schon zweieinhalb Wochen vergangen. Mit den meisten Teams hatte ich mindestens einmal Kontakt. Dabei wurde teilweise großes Verständnis für unsere Situation (vielen Dank nach Dinslaken, Iserlohn und Hügelsheim!) aber auch Unbeweglichkeit einiger Favoritenteams aus NRW bezüglich einer Austragung von Spielen donnerstags deutlich!

Somit sahen wir uns gezwungen, am späten Freitagabend, den 28.12., den Ligenleiter über unsere Absage zu informieren. Bis dahin hatte uns die Ligenleitung mit großer Geduld und Anregungen unterstützt. Gegenseitig hielten wir uns telefonisch und per Mail auf dem Laufenden und verständlicherweise sollte natürlich bis eine Woche vor Start der Runde unsere Entscheidung stehen, die wir wie oben geschildert dann auch mitteilen mussten.

Doch selbst das Wochenende nach der Entscheidung hielt noch diesbezügliche Überraschungen bereit. Denn am späten Samstagabend gab es Signale der Stadt, dass wir doch noch die Rundenteilnahme wagen sollten, ohne aber konkrete Vorschläge für eine Umsetzung. Trotzdem meldeten wir dies sofort der Ligenleitung, die jedoch unsere Anfrage bezüglich einer Wiederaufnahme noch am selben Abend ablehnte. Und selbst der 31. Dezember schürte nochmals Hoffnung, denn aus Hügelsheim kam das Angebot, alle unsere fehlenden Heimspiele, in Hügelsheim kostenlos und sogar mit der Möglichkeit ausgestattet, selber Eintrittsgelder zu nehmen, auszutragen! Auch dieser Vorschlag wurde nochmals der Ligenleitung unterbreitet, aber ebenfalls abgelehnt.

Um auch noch auf die Gerüchte bezüglich der Finanzierung einzugehen, möchten wir

feststellen, dass für ein Team unserer Ausprägung, Mehrkosten gegenüber einer Regionalligateilnahme in Höhe von rund 2500 Euro entstanden wären. Dieser Betrag wäre durch unsere solide Finanzplanung leicht darstellbar gewesen.

Dies sind die Motive für unsere Absage gewesen. In Wirklichkeit gibt es jedoch auch zukünftig ein anderes Problem, dass dem Eishockeysport in Darmstadt momentan die Grenzen aufzeigt. Zwei Vereine, ein ambitionierter RSC und ein von Revanchegedanken getriebener Verein, balgen sich um das knappe Gut Eiszeiten. In einem politischen Umfeld, dass jegliche Vorstellungskraft sprengt, ist Eishockey ein Nebenkriegsschauplatz. Ich gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass ein Einlenken auf unsere höchst bescheidenen Forderungen nicht im Interesse einiger Personen gewesen ist, denn es gibt genug Leute in Darmstadt, die den RSC Darmstadt auf seinem Weg scheitern sehen wollten und wollen.

Ich habe ihnen diesen Gefallen im Interesse des Vereines jedoch nicht getan.

Wer auch weiterhin Zweifel an den Motiven aber auch an der Motivation unseres Teams hat, dem beweisen wir gerne auf dem Eis das Gegenteil. Jeder Kritiker aber auch jede Mannschaft ist herzlich eingeladen, sich von den Leistungen unserer Teams und unserer Organisation zu überzeugen.

Letztendlich bedanke ich mich bei allen Beteiligten für ihre Hilfsangebote, ihre Geduld und auch den Zuspruch während dieser unglaublich aufreibenden zweieinhalb Wochen. In sieben Jahren meiner Verantwortung für das Eishockey in Darmstadt haben wir aber auch noch nie so einen Rückschlag hinnehmen müssen.

Sollten sich aber auf politischer Ebene in Darmstadt und auch beim hessischen Verband nicht Einsichten durchsetzen, die demokratische Strömungen respektieren und sportliche Entwicklungen honorieren, wird Eishockey in Darmstadt und auch in Hessen immer Stiefkind bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Benno Hochstrate

Fachwart Eishockey

RSC Darmstadt“


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