ECC schenkt Falken einen Punkt

Vorteil PreussenVorteil Preussen
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Unglaublich, aber wahr! Die Preussen kassierten

gegen Jonsdorf in der letzten Sekunde den Ausgleichstreffer zum 3:3 (1:1, 1:0,

1:2) – und zwar in Überzahl. Die totale Blamage verhinderte Schertz im

Penaltyschießen.   

Das war der zweite Husarenstreich der Ostsachsen in

Berlin. Im ersten Spiel der Saison hatten sie FASS überrascht. Danach gab es

zwei knappe Niederlagen gegen Erfurt und eine deftige Lehrstunde der Schönheider

Wölfe. Nach der Papierform - den Quervergleichen aufgrund der bisherigen

Ergebnisse - hätte der ECC Preussen mit vier Toren Differenz gewinnen müssen;

vor Jahresfrist siegte man sogar 11:1. Aber eben deshalb heißt es „Papierform“,

die Sache wird auf dem Eis entschieden. 

Halloween in der Deutschlandhalle, viele Zuschauer

trugen schauerliche Masken, aber zum Fürchten waren die Jonsdorfer gewiss nicht.

Das gegen FASS erfolgreiche Rezept ging auch beim ECC auf: Im Kasten steht ihr

überragender Neuzugang aus Freiburg, Benjamin Dirksen, und vorn wird schon einer

reingehen. Die Gastgeber schienen zunächst entschlossen zu sein, dieses Konzept

zu durchkreuzen. Bereits nach 19 Sekunden verwertete Giermann ein Zuspiel von

Hurbanek mit einem humorlosen Schlagschuss. Das 1:0 hatte auf die Preussen eine

einschläfernde Wirkung: Im ersten Powerplay der Falken durfte Sharapa

unbehelligt einschießen. Nur sieben Sekunden dauerte dieses

Überzahlspiel. 

Der ECC war im ersten Drittel optisch überlegen.

Doch es blieb beim 1:1, weil Dirksen den Magneten in seiner Fanghand angeknipst

hatte. Allerdings ließen die Berliner ein planvolles Angriffsspiel vermissen.

Sie hatten vier Sturmreihen, aber zu wenig Druck und Schnelligkeit, um die

solide Falken-Abwehr auszuhebeln. Für den Verletzten Stephan rückte Azubi Nico

Jentzsch nach: Er holte beim ersten Einsatz eine Strafzeit heraus, bekam aber

nur zwei weitere Auftritte. Anders als beim Derby-Sieg im Wedding gelang es den

erfahrenen Spielern des ECC nicht, das Kommando an sich zu reißen. Ciganovic zum

Beispiel vergab die Riesenchance zur Führung, als er allein vor Dirksen stand

und scheiterte. 

Recht bald waren die Preussen vom bescheidenen

Niveau der Gäste infiziert, sie produzierten viele Fehlpässe und einiges

Durcheinander vor dem eigenen Tor. Dabei hatte Jonsdorf im Sturm weniger zu

bieten als etwa Erfurt oder FASS: Gefahr ging nur von den Ex-Weißwasseranern

Sharapa, Kohl und Kohls aus. Dass der Tabellenführer den Underdog aus dem

Zittauer Gebirge dominieren würde, war vermutlich immer noch in den Köpfen

vieler Leute auf und neben dem Eis. Erst recht, als Jan Schertz in der 26.

Minute mit einer bezwingenden Aktion das 2:1 markierte: Bei 5 gegen 4 passte er

in die Ecke zu Krüger, rückte dann vor und verwandelte den Rückpass aus vollem

Lauf (Fußnote: Wofür bekam Berger den zweiten Assist-Punkt? Diese Geschenke für

die Scorerliste sind ärgerlich). 

Der Schiedsrichter pfiff anfangs kleinlich, zeigte

sich im zweiten Drittel aber tolerant bei manch unsauberen Einsätzen der

Jonsdorfer, während der ECC einige rätselhafte Strafzeiten erhielt. Zur Mitte

des Spiels waren die Sünderbänke gut gefüllt, auch wieder mit Falken. Die

Preussen versäumten es jedoch, in diversen Überzahlspielen für klare

Verhältnisse zu sorgen. Sie fanden keine spielerischen Mittel, den stoisch

ruhigen Torwart Dirksen zu überwinden. Der magere Zwischenstand machte auch die

Hintermannschaft nervös. Ihre Verunsicherung äußerte sich in Missverständnissen

im Aufbauspiel und puren Befreiungschlägen bei 5 gegen 5. 

Das mäßige Tempo kam Schertz entgegen, der in aller

Ruhe den Puck führen konnte und von seinen Mitspielern oft gesucht wurde. Aber

der Zuschauer wurde das Gefühl nicht los, dass mit der pomadigen Vorstellung der

Preussen nur ein glanzloser Arbeitsieg zustande kommen würde. Zu Beginn des

letzten Drittels schien das Team sich auf schnelles Kurzpassspiel verständigt zu

haben, mit Erfolg: Kapitän Hurbanek schoss das 3:1. Endlich einmal hatte Dirksen

den Überblick verloren, weil die Berliner mit Macht das Tor bedrängten. Damit

war der Bann gebrochen und der Außenseiter geknackt – dachte man. Aber die

folgenden unglaublichen Szenen sollten der Party-Fraktion im weiten Rund eine

Lehre sein. 

Zunächst kassierte der ECC den Anschlusstreffer,

wobei Kohl von fünf Preussen freundlich eingeladen wurde, mal einen halbhohen

Schlenzer gegen Leonhardt zu versuchen. Niemals hätte der Jonsdorfer so

unbedrängt schießen dürfen. Danach rettete sich der Favorit mühevoll ins Finale,

bis 71 Sekunden vor Schluss ein Jonsdorfer eine Strafe bekam. Was sollte jetzt

noch passieren? Nun, die Preussen legten es allen Ernstes darauf an, ihre Fans

mit einem vierten Tor zu versöhnen, statt den Sieg über die Zeit zu bringen. Man

traute seinen Augen nicht: Puck im Angriffsdrittel vertändelt, und bei 59:55

raste Hähnel allein auf Leonhardt zu. Ausgleich mit der Schlusssirene! In

Überzahl! Die Berliner sollten sich nicht als Sieger fühlen, auch wenn Schertz

im Lotteriespiel des Penaltyschießens noch den Extrapunkt holte. 

(Sven Crefeld - Radio Eiskalt)

Tore:

1:0 (0:19) Giermann (Hurbanek,

Ciganovic)

1:1 (3:19) Sharapa (Havlik, Pesek) 4-5

2:1 (25:44) Schertz (Krüger) 5-4

3:1 (42:34) Hurbanek (Ciganovic)

3:2 (49:09) Kohl (Kohls)

3:3 (59:59) Hähnel 5-4

4:3 (60:00) Schertz GWS 

Schiedsrichter: Schulz - Heyll,

Metzkow

Strafminuten: ECC Preussen 22 – Jonsdorf

22

Zuschauer: 610


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