U 20 B - WM in Berlin: Ein emotionaler Rückblick
U 20 B - WM in Berlin: Ein emotionaler RückblickZur Statistik In der Vorweihnachtswoche kam der altehrwürdige Hohenschönhausener Wellblechpalast wieder einmal zu ganz besonderen Ehren - fanden doch hier die IIHF World U 20 Championship Div. I Gr.A 2004 statt.
Diese, im allgemeinen Sprachgebrauch auch als U 20 B-WM bzw. Qualifikationsturnier für die A-WM bezeichnet, sehr vom internationalem Flair geprägte Veranstaltung, brachte selbiges zurück in die Eishalle 1 des in Berlin Hohenschönhausen befindlichem Sportforums. Neben den Lokalmatadoren, dem Team Deutschland, waren auch die Auswahlmannschaften Lettlands, Kasachstans, Dänemarks und Sloweniens am Start. Interessant wie der gesamte Turnierverlauf, waren auch die Anhänger der einzelnen Teams. Neben den deutschen Fans, die immerhin zu jedem Spiel ihrer Auswahl die Halle mit über 1000 Zuschauern füllten, brauchten sich aber auch die anderen Teams nicht über mangelnde Unterstützung seitens ihrer Fans oder Landsleute beschweren. Recht interessant war beispielsweise die kleine Reisegruppe aus Dänemark. Eine große Fahne des Königreiches, Danebrog genannt, machte sie unübersehbar und die kleinen Papierfähnchen, die geschwenkt wurden, ließen bei den Anwesenden sicher viele Erinnerungen an vergangene Urlaubstage im beliebten Urlaubsland aufkommen. Die Olsen Bande mit Egon, Kjelt und Benni wurde allerdings nicht gesichtet...
Auch die Slowenen hatten ihr Fan-Grüppchen dabei.
Das laute „Slo-ve-ni-a“ war unüberhörbar. Teilweise hatten sie auch die direkt an der Halle befindliche Fangaststätte akustisch im Griff.
Hin und wieder war sogar das verschmitzte „scheibu“ einer kleinen lettischen Kolonie zu vernehmen.
Leider hielt sich das Interesse der Medien, vor allem bei den Gruppenspielen ohne deutsche Beteiligung, in überschaubaren Grenzen. Lediglich der Mitarbeiter der in Deutschland allseits bekannten Eishockeyfachzeitschrift saß stets eisern an seinem Platz und beobachtete jedes Spiel. Woran lag es nun, dass diesem Turnier so wenig öffentliches Interesse in der Medienmetropole Berlin entgegen gebracht wurde?
Möglich, dass das wenig einladende Auftreten einiger in der Organisation beschäftigter Mitarbeiter daran einen Anteil hatte. Denn seltsam anmutende Bestrafungen für zu spät gemeldete Journalisten, in Form von Zutrittsverweigerungen für wichtige Treffpunkte zwischen den einzelnen Spielen, sind sicher nicht gerade förderliche Maßnahmen für eine der Veranstaltung gerecht werdenden Berichterstattung. Eventuell müssten die DEB-Verantwortlichen mit dem ein oder anderen ihrer Mitarbeiter noch einmal in Klausur gehen, um mit internationalen Eishockey auch in Berlin gut bestehen zu können.
Aber zurück zum eigentlichen Geschehen:
Das Berliner Sportforum, Ausgangspunkt vieler erfolg- und medaillenreicher Sportlerkarrieren, ist die ideale Location für einen solchen Wettbewerb. Wo sonst findet man drei Eishallen und anderweitig großzügige Trainingsmöglichkeiten auf einem Fleck. Selbst Steve Walker, kanadischer Eishockeyspieler und Assistenzkapitän der Eisbären, stellte schon einmal fest: „Hier ist einer der besten Orte um Eishockey zu spielen!“
Diese idealen Umstände genossen nun auch die Teilnehmer dieses Turniers. Schnelle Skates, harte Bodychecks und jugendlich unbekümmerter Torjubel allenthalben. Spannend war es zudem:
Am vorletzten Spieltag war, bis auf den Absteiger Ungarn, in Sachen Turniersieg noch alles offen. Das deutsche Team, für das der Aufstieg eigentlich eine Pflichtaufgabe war, durfte sich keinen Punktverlust mehr leisten. Zu sehr blieben die deutschen Eishockey-Eleven in den vorherigen Partien unter ihren Möglichkeiten. Neben dem Sieg gegen die deutlich schwächeren Ungarn, konnte das Team um Chefcoach Ernst Höfner und Co-Trainer Klaus Merk nur jeweils ein Unentschieden gegen Kasachstan (4:4) und Dänemark (2:2) einfahren.
Ein Sieg musste also in Spiel 3 gegen die Slowenen her.
„Nur“ ein Sieg gegen die Slowenen war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon nicht mehr ausreichend. Ein möglichst hohes positives Torverhältnis musste her, um trotz eines möglichen Sieges der Letten gegen den selben Gegner am letzten Spieltag das Klassenziel noch erreichen zu können. Diese Aufgabe lösten die Deutschen mit einem 8:1 Sieg gegen die sympathischen Balkan-Cracks. Fortan galt zu hoffen, dass die Letten am finalen Turniertag nicht zu hoch gegen die Slowenen gewinnen. Bis dato führte das Team aus Lettland das Klassement aufgrund des besseren Torverhältnisses an. Ganze vier Tore mehr standen für die Balten zu Buche.
Wie es aber nun einmal im Sport so läuft, kommt nach dem alten Sprichwort manchmal eben erstens alles anders und zweitens als man denkt:
Für viele unerwartet und nach dem Spielverlauf auch völlig verdient, fegten die Slowenen das lettische Team mit 6:4 vom Eis. Hierfür ist sicher zu einem kleinen Prozentsatz einigen Fans der Eisbären zu danken, welche sich gemeinsam mit den jungen Slowenen in der vorangegangenen Nacht bis 3 Uhr morgens in einer bekannten Hohenschönhauser Sportsbar „locker“ machten und sich somit einem legalen „Doping“ hingaben. Nun könnte manch einer den moralischen Zeigefinger erheben, doch anstatt durchzuhängen, machten die Gäste aus dem Süden unter den Anfeuerungen der nicht minder standhaften Eisbärenfans ihr wahrscheinlich bestes Turnierspiel. Die Verbrüderungsszenen setzten sich auf und neben dem Eis, während und nach dem Spiel weiter fort. Womit wohl wieder eine dieser Geschichten kreiert wurde, die nur das Eishockey schreibt. Unvergesslich!
Die deutschen Young Guns hatten es also plötzlich selbst wieder in Hand, die Rückkehr in den Kreis der großen Eishockeynationen klar zu machen. Zwei Powerplaysituationen nutzten sie im ersten Drittel, um mit den Treffern von Boon (11. Minute) und Carciola (19.) mit 2:0 in Führung zu gehen. Sehr souverän sah es ebenfalls im zweiten Spielabschnitt aus.
Ein weiteres Powerplaytor, diesmal erzielt von Sulzer (25.), brachte die Deutschen weiter auf die Siegerstrasse. Die Kasachen brachten die gut 20 mit angereisten Fans, unter ihnen auch ihr Botschafter in Berlin, erst in ihrem sechsten Überzahlspiel zum jubeln (32.).
Die Antwort der Höfner-Schützlinge ließ nicht lange auf sich warten: Schon dreiundsiebzig Sekunden später stellte der im Turnierverlauf sehr auffällige Markus Kink den alten Abstand wieder her.
Im letzten Drittel merkte man, dass in diesem Spiel für den Gastgeber nichts mehr anbrennen konnte. Selbst in drei auf fünf Unterzahlsituationen hielt Nationalgoalie Patrick Ehelechner, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Vorderleute, den Kasten sauber.
Nicht weniger erfolgreich war das Überzahlspiel der Deutschen: Knapp 10 Minuten vor Ende erhöhte der Kölner Hospelt auf 6:1. Allerdings steckten die Kasachen nicht auf und kamen durch Gorban, wiederrum im Powerplay, zu ihrem zweiten Treffer (54.). Für eine Wende im Spiel war es jetzt allerdings deutlich zu spät.
Coach Ernst Höfner hatte nun Zeit für eine nette Geste und wechselte knapp 30 Sekunden vor Spielende Back-up Greiss für Stamm-Goalie Ehelechner ein. Das vorgegebene Ziel war mit der Schlusssirene erreicht – die U20-Truppe von Höfner und Merk kehrt nach nur kurzer Abwesenheit in die Bel Etage des Welteishockeys zurück! Sie gewannen das Turnier und spielen damit im nächsten Jahr wieder gegen die großen Nationen des schnellen Kufensports.
Berlin-Hohenschönhausen bedankt sich bei den Letten, Slowenen, Dänen, Kasachen und Ungarn für den guten Sport - für diese für viele sicher unvergessliche Woche! Dank sei auch den vielen ehrenamtlichen Helfern, Mannschaftsbetreuern etc. gesagt, die sich stets mühten, allen Gästen einen möglichst reibungslosen Ablauf und Aufenthalt zu verschaffen!
Der altehrwürdige Wellblechpalast ist um einen weiteren Meilenstein in seiner Geschichte reicher und die Berliner Eishockeyfans wünschen den jungen Spielern alles Gute für ihre weitere Karriere! Und wer weiß, vielleicht kreuzen sich die Wege von Spielern dieses Turniers und den Fans wieder einmal bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen, eventuell wenn der ein oder andere Crack bei einem DEL-Team anheuert, oder vielleicht sogar den Sprung über den großen Teich schafft und man sagen kann: „Den Burschen habe ich schon damals im Dezember 2003 im Welli gesehen!“
In diesem Sinne: Good bye, far away in america.
Oliver Koch für Radio Eiskalt und Hockeyweb