Prima: Italia!
Continental-Cup-Finale in UngarnItalien ist nach dreijähriger Abwesenheit wieder im Konzert der Großen vertreten. Im “Endspiel” am
heutigen Samstag gegen die punktgleichen Franzosen triumphierten die Schützlinge von Cheftrainer
Michel Goulet mit 2:1 (2:0, 1:0, 0:0). Bereits nach knapp sieben Minuten lagen die diesmal in Weiß
gekleideten “Azzurri” mit 2:0 in Führung, bevor die Franzosen ins Spiel kamen und von der
Nachlässigkeit ihrer Kontrahenten profitierten. In Überzahl gelang den Akteuren mit dem gallischen
Hahn auf den Jerseys der Anschlusstreffer. Erst gegen Ende des zweiten Drittels fanden die Italiener
mit ihrer 107-jährigen Sturmreihe Mario Chitarroni/Dino Felicetti/Giuseppe Busillo wieder zu ihrem
Spiel zurück. Den “Höhepunkt” des mit vielen Nickligkeiten geprägten Matches bildete in der 51.
Spielminute eine Massenrauferei, die von Ex-Eisbär und -Nürnberger Chitarroni ausging. Der
finnische Schiedsrichter Tom Laaksonen schickte nicht weniger als vier Italiener und drei Franzosen
auf die Strafbank und verdonnerte zusätzlich den französischen Stürmer Xavier Daramy mit zwei
plus zehn Minuten wegen Checks von hinten zum vorzeitigen Duschen. “Wir bekamen während des
ganzen Turniers nur drei Gegentore. Das ist bemerkenswert”, war Goulet stolz auf die taktische
Disziplin seiner Mannschaft, in der mit Chitarroni, Felicetti, Busillo, Justin Peca, Roland Ramoser
sowie Goalie Jason Muzzatti sechs Akteure standen, die ehemals nicht nur ihre Spaghetti in
Deutschland verdienten. Im Hinblick auf die kommenden Olympischen Winterspiele in Turin tut dem
italienischen Eishockey der Aufstieg sicherlich gut.
Im letzten Jahr bei der WM in Prag abgestiegen, scheiterten die Franzosen nur ganz knapp am
“Unternehmen Wiederaufstieg”. Schon vor drei Jahren war Eindhoven der Schicksalsort der Gallier,
die damals den Weißrussen den Vortritt lassen mussten. “Wir haben eine junge Mannschaft, denen es
noch ein bisschen an Routine fehlte”, war Chefcoach Dave Henderson trotzdem stolz auf seine
Truppe, in welcher lediglich Torwart Fabrice L´Henry und Stürmer Olivier Coqueux
Deutschland-Erfahrung besitzen.
Den letzten Platz auf dem Treppchen eroberten sich die Gastgeber mit ihrem Chefcoach Doug
Mason mit einem 3:3 gegen die technisch versierten Esten. Die Torfolge war bemerkenswert: Für
den ersten Ausgleich benötigten die Akteure in Orange noch 3;17 Minuten. Die beiden nächsten
Konterschläge wurden schneller ausgeteilt, denn ganze zehn Sekunden konnten sich die Balten ihrer
2:1-Führung erfreuen, und 26 Sekunden dauerte es, bis die Niederländer mit ihrem Kapitän Tommie
Hartogs erneut ausglichen. Derweil freute sich der in Deutschland beliebte Coach über die
Sprechchöre, mit denen ihn die Handvoll deutscher Fans, ebenso wie Leo van den Thillart und den
Kapitän selbst, bedachte.
Estland mit seinen beiden herausragenden Stürmern Andrej Makrow und Eduard Waliulin gelang
erneut nicht der große Wurf. Vergebens rannte vor allen Dingen dieses Duo gegen den Kasten an,
der vom Niederland-Kanadier Phil Groeneveld nach dessen anfängerhaftem Fehler in der
Anfangsphase bestens gehütet wurde. Die Balten sind seit Jahren dafür bekannt, dass sie ein
technisch brillantes Eishockey spielen, aber vor lauter “Zockerei” vergessen, dass Tore entscheiden.
Litauen als Fünfter des Turniers präsentierte als einziges Team einen richtigen Star. Der 26-jährige
Dainius Zubrus wurde von Cheftrainer Dmitrij Medwedjew mit Ausnahme des Jobs zwischen den
Pfosten auf allen Positionen eingesetzt. “Wir hätten in die Medaillenränge vorstoßen können”,
ärgerte sich der Mann, der wegen des NHL-Lockouts in Russland bei Lada Togliatti unter Vertrag
stand. “Ich glaube auch nicht, dass wir in der NHL pünktlich in die neue Saison gehen werden.
Deswegen ist es denkbar, dass ich auch in der kommenden Spielzeit zumindest zu Anfang in
Russland an der Scheibe bin”, erklärte Zubrus nach dem letzten Match, das mit einem 5:0 gegen die
überforderten Rumänen endete. Der Stürmer mit der Rückennummer 26, der von den Philadelphia
Flyers vor neun Jahren gedraftet wurde und außerdem in den Trikots der Montreal Canadiens und
Washington Capitals auflief, spielte beim letzten World Cup of Hockey für Russland und absolvierte
heuer sein erstes WM-Turnier für sein Heimatland. Mit den Regularien kam der Allrounder trotzdem
nicht in Konflikt, da der World Cup nicht der Sportgerichtsbarkeit des Weltverbandes IIHF unterlag.
Dass die tapferen Rumänen das Turnier als Letzte beenden würden, war keine Überraschung. Den
Männern vom Balkan erging es in der Vorbereitung wie den zehn kleinen Negerlein. “Wir begannen
mit 20 und hatten zum Schluss nur noch 15 Spieler zur Verfügung”, erklärte Cheftrainer Daniel
Herlea in bestem Deutsch. Kein Wunder, ist der Rumäne, der ebenfalls im Besitz eines Schweizer
Reisepasses ist, schon seit zwei Jahren in Davos beschäftigt. “In unserer höchsten Liga spielen sechs
Teams, und Nachwuchs existiert praktisch überhaupt nicht”, verdeutlicht er. So lernten die
Rot-Gelben auch kulturell hinzu, denn immerhin hörten sie fünf verschiedene Nationalhymnen.
Insgesamt zeigte das Turnier, welches nach 1986 (Aufsteiger Schweiz), 1993 (Großbritannien), 1996
(Lettland) und 2002 (Weißrussland) zum fünften Mal in Eindhoven ausgetragen wurde, durchaus
sehenswertes Eishockey. Auch die Organisation klappte wie immer vorzüglich. Zu einer Lektion für
Ästheten geriet vor allem das Baltenduell Estland gegen Litauen. Selbstredend, dass ebenfalls einige
deutsche Fans aus den NRW-Städten Iserlohn, Köln und Krefeld den Weg in die schmucke, rund
1.750 Zuschauer fassende Eissporthalle fanden und vor allen Dingen die Ex-DEL-Cracks
unterstützten. Und noch etwas: Mehr als einmal wurde die Scheibe über die Bande geschossen, und
nicht immer geschah dies per Zufall. Was lernen wir daraus? Richtig: Es ist halt hin und wieder etwas
Besonderes, Deutscher zu sein.