„Eishockey gehört zu meinem Leben“Nationalspielerin Tanja Eisenschmid im Interview

Wenn man in Kaufbeuren und der direkten Umgebung aufwächst, kommt man am Eishockey wohl kaum vorbei. Wie kamen sie mit dem Eishockey in Kontakt?
Eigentlich durch reinen Zufall. Ich habe im Alter von dreieinhalb Jahren beim ESVK in der Eishockeyschule mit dem Schlittschuhlaufen angefangen. Damals wusste ich noch nicht, was Eishockey ist. Ich hatte einfach nur Spaß am Schlittschuhlaufen. Als es dann mit sechs Jahren darum ging, bei den Kleinstschülern zu spielen, hatte ich nicht lange überlegt. Und seit dieser Zeit gehört Eishockey zu meinem Leben. Eishockey ist einfach die geilste Sportart der Welt.
Im Regelfall ist es ja so (oder eher ausschließlich so), dass Mädchen mit den Jungs im Nachwuchs zusammenspielen, weil es nicht genügend Spielerinnen für reine Mädchenmannschaften und -ligen gibt. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil? Nehmen die Jungs das inzwischen als normal hin oder gab es auch ein paar „kleine Machos", die unfreundlich reagiert haben?
Für die Entwicklung als Spielerin ist es sicher wichtig, möglichst lange mit den Jungs zu spielen, da das Tempo einfach höher ist. Meine wichtigsten Jahre waren die fünf Jahre in der Schüler-Bundesliga. Das war möglich, weil die Mädchen eine Altersklasse runterspielen dürfen und zudem die Jahrgänge einmal nach oben geschoben wurden. Mit den Jungs gab es da eigentlich wenig Probleme. Man war im Team voll akzeptiert und ich habe auch viele Freunde bei den gegnerischen Mannschaften gehabt. Ein Problem sind für die Mädchen eher die Trainer, die uns nichts zutrauen und nichts zutrauen wollen oder das Dameneishockey insgesamt ablehnen. Ich hatte in Kaufbeuren bei den Schülern mit zwei Trainern richtig Glück, die mir das Vertrauen geschenkt haben und die mich auch eingesetzt haben.
Anders als im Frauen-Eishockey wird im Nachwuchs ja auch gecheckt. Hatten Sie den Eindruck, dass die Jungs eher mal zurückstecken, wenn sie gegen Mädchen spielen – oder anders herum, es den Mädels „zeigen" wollen. Wie stehen Sie zum „Check-Verbot" im Frauen-Eishockey?
Die Jungs sind im Großen und Ganzen fair und ich habe den Eindruck, dass ich als Mädchen genauso behandelt wurde wie die Jungs. Ich bin der Meinung, dass im Frauen-Eishockey schon gecheckt werden darf. Es sollten die gleichen Regeln gelten wie im Männer-Eishockey. In Nordamerika wird bei den Frauen auch härter gespielt als in Europa.
Haben Sie parallel zum Nachwuchs in einem Frauenteam gespielt? Wie ist die Umstellung? Was fällt beim Wechsel zu einem Frauenteam als erstes auf?
Ja, ich habe ein Jahr Jugend-Bayernliga und Frauen-Bundesliga gespielt. Das Tempo ist beim Frauen-Eishockey niedriger.
Wie kam Ihr Wechsel an die Uni von North Dakota zustande? War erst der Wunsch da, in den USA zu studieren - oder das Ziel, in Nordamerika Eishockey zu spielen.
Mein heutiger Coach, Peter Elander, hat mich auf einem IIHF-Camp in der Slowakei gesehen, mit mir Kontakt aufgenommen und mir das Angebot gemacht, nach North Dakota zu wechseln. Zunächst wollte ich nur in den USA Eishockey spielen, aber das Studium ist im College-Hockey immer dabei. Wer nicht gut ist in der Schule, darf auch nicht spielen.
Die USA und Kanada sind im Frauen-Eishockey allen anderen Teams im Regelfall weit überlegen. Warum ist das Ihrer Meinung nach so? Interessiert man sich in Europa – offenbar ja auch in den Top-Eishockey-Nationen Europas – zu wenig fürs Frauen-Eishockey?
Absolut. Das Frauen-Eishockey ist in Deutschland und auch in den meisten Ländern Europas eine absolute Randsportart. Wir Spielerinnen gehen dabei durch eine harte Schule, weil bei vielen die Akzeptanz fehlt. In den USA und Kanada gibt es viel mehr Auswahl an Eishockey-Spielerinnen und man wird dort auch entsprechend gefördert.
Wie ist die Akzeptanz von Frauen-Eishockey in den USA? Wieviele Zuschauer besuchen die Uni-Spiele?
Frauen-Eishockey ist in den USA und Kanada akzeptiert. Außerdem müssen die Colleges aufgrund der Gleichberechtigung Gelder zur Verfügung stellen. Wir haben so zwischen 800 und 1300 Zuschauer pro Spiel, hatten aber auch schon 3500 in Grand Forks oder über 5000 in Wisconsin.
Gibt es in den USA und Kanada reine Mädchen-Nachwuchsteams? Was könnte Deutschland von der Mädchen-Nachwuchsförderung in den USA lernen?
Es gibt reine Mädchen-Nachwuchsteams. Die Ausbildung der Eishockeyspieler/Innen läuft in den USA und Kanada über die Schulen. Viele Schulen haben ihre eigenen Teams und bilden die Spieler/Innen aus. Außerdem gibt es sogenannte Prep-Schools, wie Shattuk St. Mary’s, die Eishockey-Schulen mit Schulausbildung sind. In Deutschland ist es dagegen sehr schwer, Schule und Spitzensport zu verbinden.
Was wünschen Sie sich für die zukünftige Entwicklung des Frauen-Eishockeys in Deutschland? Was läuft bereits gut, was muss besser werden?
Ich wünsche mir für das Frauen-Eishockey mehr Akzeptanz beim Publikum, bei den Nachwuchstrainern und vor allem bei einigen Schulen, die dem Sport eigentlich oft sehr abwehrend gegenüberstehen. Ich finde es gut, dass bereits Mädchen ab der U15 für die Frauen-Nationalmannschaft gesichtet werden und dass regelmäßig Lehrgänge stattfinden.
Was ist in Sotschi für die deutsche Nationalmannschaft möglich?
Wir werden unser Bestes geben und wollen wie jeder, der dort teilnimmt, eine Medaille gewinnen.